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Asphaltmulde von Ressenig: Ein heißes Mädchen

19.01.2015 08:00 Uhr
Asphaltmulde von Ressenig: Ein heißes Mädchen
Die Klappdeckel sind per Kran abnehmbar
© Foto: Gregor Soller

Ressenig bietet eine Asphaltmulde als Dreiseitenkipper an.

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Vor allem im Alpenraum dient der Dreiseitenkipper gern als "Mädchen" für alles: Nicht selten müssen in den Tälern heute Sand, morgen Palettenware und übermorgen Asphalt gefahren werden.

Entsprechend entschied man beim Fahrzeugbauer Ressenig, keine Halfpipe oder Kastenmulde zu isolieren, sondern einen Dreiseitenkipper. Das erste Auto mit dem neuen Typen "ki3s3l" verließ jetzt die Villacher Hallen und geht in Österreich und Deutschland auf Tour, aufgebaut auf einem Mercedes-Benz Arocs 3345 mit 3300 Millimeter Radstand.

Darauf sitzt der Ressenig-Kipper mit isolierten 60-Millimeter-Wänden und -Boden. Das erste Fahrzeug hat die Temperatursensoren "nach Vorschrift", zwei seitlich und einen zentral im Kipperboden angebracht, was laut Ressenig-Verkäufer Franz Bramer ein kleines Problem mit sich bringt: Da Asphalt sehr schwer wiegt, wird die Mulde in der Regel nur im unteren Bereich gefüllt. Damit messen die Sensoren teils die erhitzte Bordwand, nicht aber das Material selbst. Da diese Punkte gesetzlich vorgegeben sind, überlegen die Kärntner, wie man die Messpunkte bei künftigen Ausführungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten noch optimieren könnte.

DIE DATEN GEHEN VIA FUNK IN DIE KABINE

Bereits geschehen ist das bei der Datenübertragung, die ausschließlich per Funk erfolgt. "Die Werte via CAN-Bus zu übertragen und die Datenleitung aufwändig zu verkabeln enthielt uns zu viele Fehlerquellen", erklärt Bramer den Entschluss. Die Temperaturfühler enthalten langlebige Energiespeicher ähnlich den Reifendrucksensoren und werden durch die Erwärmung der Mulde mit Energie versorgt. Die Daten werden direkt in die Kabine kommuniziert, wo der aktuelle "Empfänger-Klotz" samt Drucker mit Screen einem kompakteren Gerät ähnlich einem Navi weichen wird, wie Bramer verspricht. Wie Schmitz Cargobull hat Ressenig das Ziel, dass der Fahrer das Auto im Prinzip nicht mehr verlassen muss, was bei der hoch sitzenden Arocs-Kabine auch nur bedingt Spaß macht ...

Zeit, den Motor zu starten, mangels heißem Mischgut ersatzweise Schotter aufzulegen und eine Runde zu fahren. Dazu muss man die beiden roten Deckel per Knopfdruck komplett öffnen, was für beide Seiten rund 30 Sekunden in Anspruch nimmt. Dabei achtete Ressenig darauf, dass beide Deckel so eng wie möglich am Fahrzeug anliegen. So sollten auch enge innerstädtische Baustellen ihren Schrecken verlieren.

Der 3345 erkennt schnell, dass er nach der Beladung mit 26 statt gut 13 Tonnen unterwegs ist. Das hält ihn aber nicht davon ab, nach Möglichkeit vom Dritten in den Siebten zu springen, dann in den Neunten, bevor es Stufe für Stufe nach oben geht. Das erledigt Powershift so geschmeidig und intelligent, dass selbst bekennende und seit zig Jahren fahrende "Handschalter" wie Bramers Vater die automatisierte Schaltung schätzen, zumal man bei Bedarf weiterhin manuell fahren kann.

Schade nur, dass die Lenkung derartig indirekt übersetzt ist, dass man in den engen Dörfern und Gruben der Radstädter Tauern extrem viel kurbeln muss. Der nicht gerade leise 3345 federt auch unbeladen ordentlich und punktet mit exakt zu dosierenden Bremsen.

Das Gewichtsthema bekommt Daimler langsam in den Griff - mit 9755 Kilogramm liegt das schwere 33er-Arocs 6x4-Fahrgestell nicht mehr so dramatisch über dem Wettbewerb wie einst. Das bestätigt auch Manfred Winter, Inhaber der Winter-Schottergrube in Radstadt. "Unser letzter Arocs, den wir praktisch baugleich wie ein Kollege seinen MAN bestellten, war kaum schwerer als dessen TGS", gibt der Praktiker zu Protokoll.

DER KIPPAUFBAU VERTRÄGT BIS ZU 220 GRAD CELSIUS

Zum Abkippen muss man den Knopf für das Öffnen der Heckklappe auf der Mittelkonsole drücken, bevor man am Kipperventilhebel zieht. Leider bietet auch der Arocs mit der schmalen 2,3-Meter-Kabine mittlerweile vergleichsweise wenig Platz zwischen Sitz und Tür. Durch die leicht schräge Montage möchte man laut Bramer verhindern, dass man sich beim Ein- und Aussteigen am Kipperventil verfängt.

Nach dem Abladen bleibt noch etwas Zeit, sich das "heiße Mädchen für alles" genauer anzusehen: Wie bei den meisten Kippern üblich, nutzt Ressenig bei den Führungen eine Kombination aus Kugel hinten und Gabel vorn.

Die Bordwände ohne Bordmatic lassen sich dank geschickt ausgeklügelter Federkräfte leicht händeln. Dabei laufen die Bordwände sauber und exakt, wobei Ressenig die abgeklappte Wand im unteren Bereich nicht ganz ans Fahrgestell anlegt: Sollte ein Radlader einmal zu nah kommen, bleibt so etwas "Restfederweg" zum Fahrgestell. Die Aufstiegsstufen auf der Fahrerseite der Bordwand legten die Kärntner so aus, dass man sie bei offener und geschlossener Bordwand erklimmen kann.

Die Griffe zum Entriegeln der Bordwand lassen sich gut bedienen. Vorn muss man im unteren Bereich aber auf das Blech der Stirnwand achten. Hinten hat man durchgängig "freie Hand", allerdings lässt sich der Hebel nicht ganz nach unten umlegen. Sollte trotzdem einmal etwas zu Bruch gehen, ist das in dem Fall nicht weiter tragisch, da Ressenig das komplette "Hebelwerk" in Einzelteilen konstruiert und verschraubt hat und ein riesiges Ersatzteillager vorhält.

VIELE DETAILS STAMMEN AUS DER TÄGLICHEN PRAXIS

Ebenfalls aus der Praxis kommen die aufgeschobenen Edelstahlkotflügel, die von einer Zugfeder in Position gehalten und seitlich abgezogen werden können. "Vor allem auf länger dauernden Arbeiten auf morastigem Untergrund nehmen die Fahrer die Kotflügel gern ab", kennt Bramer die Praxis. Auch Details wie der abziehbare Deckel des Schneekettenkastens verrät die Kenntnis der Praxis: Entsprechend einfach lässt sich der Deckel abnehmen und aufschieben.

Den Heckunterfahrschutz kann man auch von der Kabine aus steuern. Aussteigen muss man nur, wenn man die Schmutzlappen auch noch nach oben klappen möchte. Mitgedacht wurde auch bei der Wartung des Kippaufbaus: Neben einer üppigen Ausstattung mit Hydraulikölfiltern gibt es auch einen Absperrhahn, der den Wechsel der Hydraulikflüssigkeit erleichtert. Die an der Stirnwand laufenden Leitungen fertigt Ressenig aus Rohrmaterial und auch die unter der Brücke verlegten Stränge laufen soweit möglich gut geschützt in Rohren. So hinterlässt das "Mädchen für alles" einen patenten Eindruck, wenngleich es fahrzeugbautechnisch eigentlich als "Spezialistin" gesehen werden müsste - Spezialistin für heiße und kalte Ware!

GS

HINTERGRUND RESSENIG FAHRZEUGBAU / Zwischen Schmiede und High-Tech: Warum mitten in Kärnten ein Bohrturm steht

Ressenig Fahrzeugbau begann im Jahr 1900 als Schmiede an einer Villacher "Durchgangsstraße". Zu Reparaturen kamen bald kleinere Aufträge im Fahrzeugbau - die immer größer wurden. Im Laufe der Jahre verlegten sich die Kärntner schwerpunktmäßig auf die Fertigung von Kippern, Tiefladern und Holzfahrzeugen. Nachdem das Hauptwerk in Villach an seine Grundstücksgrenzen kam, erweiterte Ressenig die Fertigung um einen zweiten Standort im steiermärkischen Kobenz nahe dem Red-Bull-Ring und weitere Hallen in Villach. Dort kann Ressenig auch gepanzerte Fahrzeuge aufbauen. Außerdem nahm man ein hochmodernes Stahlbearbeitungszentrum für Drittkunden in Betrieb. Das wurde erst kürzlich um einen Hochleistungs-Fräs- respektive Bohrturm erweitert. Mittlerweile beschäftigt Ressenig rund 120 Mitarbeiter auf gut 10.000 Quadratmetern Fläche. So modern das Bearbeitungszentrum ist, so konservativ agiert das Unternehmen: Investiert wird nur, was bezahlt werden kann und mit vielen Kunden ist man per du. Außerdem halten die Österreicher ein vergleichsweise großes Ersatzteillager vor, um im Falle eines Falles sofort reagieren zu können. Ausgebaut wird aktuell auch das Service- und Verkaufsnetzwerk. Neben den angrenzenden Staaten Italien und Slowenien expandieren die Kärntner jetzt auch nach Deutschland.

GS

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