Kollidiert er - etwa beim Ausparken - mit einem anderen Fahrzeug, das still steht, dann spricht der allgemeine Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar. Der Rückwärtsfahrende habe den Unfall zumindest (mit-)verursacht.
In der Rechtspraxis heißt dies: Künftig können bei Gerichten die Grundsätze des Anscheinsbeweises zur Anwendung kommen. Es kann nicht mehr automatisch von einer beiderseitigen Verletzung der Sorgfaltspflicht von 50 zu 50 ausgegangen werden, wie das oft der Fall ist.
Die Klägerin (Geschädigte) war hinter einer anderen Fahrerin auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums hergefahren. Diese versuchte einzuparken, während die Klägerin hinter ihr stand und wartete. Doch die Frau kam nicht gut in die Parklücke hinein und stieß nochmals zurück - dabei kollidierten die beiden Fahrzeuge. Die Rückwärtsfahrende wollte aber nur 60 % des Schadens ersetzen. Dagegen wehrte sich die Geschädigte, sie habe ja nicht zurücksetzen können, weil hinter ihr weitere Fahrzeuge warteten und habe auch nicht hupen können. Die vorinstanzlichen Gerichte hatten der einparkenden Frau Recht gegeben. Sie müssen nun neu entscheiden.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 26.1.2016
Aktenzeichen VI ZR 179/15