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Autonomer Bau-Lkw: Fahrer nur als Notfallebene

28.07.2016 08:00 Uhr
Autonomer Bau-Lkw: Fahrer nur als Notfallebene
Der Bau-Lkw von Scania fährt voll autonom
© Foto: Jan Burgdorf

Wo lassen sich autonome Lkw schon heute einsetzen? Auf abgesperrten Geländen von Baustellen oder Tagebauminen. Scania hat dafür die passende Technik entwickelt.

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Routiniert steuert der schwarze 6x4-Kipper den Ladeplatz an und rangiert souverän rückwärts in die Nähe des Radladers. Der beginnt umgehend, die Kippbrücke des Dreiachsers zu füllen. Eine Szene, wie sie sich täglich Tausende Male auf europäischen Baustellen, in Tagebauminen oder Kiesgruben abspielt. Und trotzdem ist dieser Fall etwas Besonderes, denn der Scania R 580 ist ohne Fahrer, also autonom unterwegs.

GROSSBAUSTELLEN UND MINEN ALS EINSATZGEBIET

Warum der Fokus auf den Kipper? Weil der Einsatz von autonom gesteuerten Fahrzeugen in Minen oder auf großen Baustellen im Vergleich zum normalen Straßenverkehr viel einfacher realisierbar ist. Denn die Anzahl von Eventualitäten, die der Steuerungs-Algorithmus berücksichtigen muss, ist deutlich niedriger und die Haftungsfrage im Falles eines - angeblich unwahrscheinlichen - (Un)Falles lässt sich auf abgesperrtem Terrain auch leichter klären.

Noch sitzt beim Scania-Prototypen allerdings ein Kollege am Steuer, der aber nur im Notfall eingreift, falls sich einer der neu entwickelten Sensoren mal verrechnen sollte ...

Und davon hat der Kipper einige an Bord. Herzstück ist das zentrale Automatisierungssteuergerät: Es sammelt die Informationen aller Sensoren, errechnet daraus ein umfassendes Umgebungsbild und schickt entsprechende Befehle an Motor, Bremse, Retarder, Getriebe und die elektrohydraulische Lenkung (EAS).

Den Bereich vor dem Fahrzeug erfasst eine, im unteren Bereich der Windschutzscheibe platzierte Multilinsen-Kamera. Sie ist in der Lage, stereoskopisch, also räumlich, zu "sehen" und erkennt so Bodenbeschaffenheit, Fahrbahnmarkierungen, Personen und Fahrzeuge, ähnlich wie das menschliche Auge. Zusätzlich unterstützen dies ein Kurz- und ein Langstreckenradar. Ersteres tastet den 360-Grad-Nahbereich rund um das Fahrzeugs ab und schlägt bei Hindernissen Alarm. Dagegen erfasst das Langstreckenradar einen Bereich von bis zu 200 Metern vor dem Fahrzeug, auch bei schneller Fahrt.

AUFTRÄGE PER WLAN AUS DEM KONTROLLZENTRUM

Über das Tempo des Kippers informieren seitlich angebrachte Trägheitssensoren, die ununterbrochen Drehung und Beschleunigung des Fahrzeugs messen, das Steuergerät. Unterstützend befinden sich an allen Achsen Lenkeinschlag und Geschwindigkeit überwachende Raddrehzahlsensoren.

Wo sich der autonome Kipper aktuell befindet, erkennt der Computer dank der GPS-Antenne auf der Highline-Kabine. Über die plant er auch seine Route zur nächsten Auf- oder Abladestelle. Die Transportaufträge kommen per mobiler Datenverbindung aus dem Kontrollzentrum, in dem übrigens auch in Zukunft noch der Mensch die Fäden in der Hand halten wird.

Doch kann die ganze Technik wirklich schon mit einem Fahrer aus Fleisch und Blut mithalten? Wir stellten den Kollegen Computer auf die Probe und vertrauten uns dem autonomen Kipper für eine ausgedehnte Testrunde an.

Tatsächlich hat das zentrale Steuergerät den 26-Tonner souverän im Griff. Umsichtig steuert es den Kipper vom Ladeplatz und beschleunigt auf der anschließenden Kiesstraße selbstbewusst auf 60 km/h. Hindernisse werden problemlos umkurvt und bergab wird selbstverständlich der Retarder aktiviert. Einen einzigen Aussetzer, den wir dem Computer auf der Testrunde ankreiden mussten, als er sich im Gefälle kurzzeitig nicht zwischen Gas und Bremse entscheiden konnte, wollen die Scania-Ingenieure innerhalb der nächsten Wochen abstellen.

Und sie leiten parallel den nächsten Schritt ein: Bald sollen erste Prototypen eines Modulkonzeptes rollen. Mit vier Achsen, großer Kippmulde - aber ohne Kabine!

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