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Chefs müssen Pausen anordnen

31.10.2016 08:00 Uhr
Chefs müssen Pausen anordnen
Kurzes Nickerchen: Fahrer und Dispo sind gleichermaßen in der Pflicht, Pausenregelungen einzuhalten
© Foto: Picture Alliance/Hans-Joachim Rech

Arbeitgeber müssen Pausenregelungen für ihre Belegschaft festlegen und dafür sorgen, dass Mitarbeiter diese auch nehmen. Neun Fragen und Antworten zum Thema "Pause machen".

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Die Arbeitszeiten von Berufskraftfahrern werden streng überwacht. Der digitale Tachograf zeichnet sie auf, Polizei und Beamte des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) müssen nur den Speicherchip auf der Fahrerkarte auslesen, um Verstöße festzustellen.

Sie werden meist fündig. Für das Jahr 2015 listet die Kontrollstatistik 35.000 Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten auf (s.o.). Rund 9500 Fahrer hatten die Zeiten nicht eingehalten. Empfindliche Bußgelder treffen sie - und auch Spediteure und Transportunternehmer. Um diesen Strafen zu entgehen, sollten alle Betroffenen sich beim Thema "Pause machen" gut auskennen. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Lieber früher Feierabend statt Pause?

Das ist nicht zulässig. Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine 30-minütige Pause, wenn sie länger als sechs Stunden arbeiten. Sind sie mehr als neun Stunden am Tag beschäftigt, sieht der Gesetzgeber 45 Minuten für ihre Erholung vor. Diese Arbeitsunterbrechungen lassen sich aufteilen, allerdings müssen Kurzpausen mindestens 15 Minuten betragen. Eine Ausnahme macht das Gesetz für Verkehrsbetriebe: Ruhepausen können auf "Kurzpausen von angemessener Dauer" aufgeteilt werden, die auch unter der 15-Minuten-Grenze liegen dürfen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein entsprechender Tarifvertrag oder eine auf einem Tarifvertrag beruhende Betriebsvereinbarung besteht. Trotzdem ist es arbeitsrechtlich nicht zulässig, dass Beschäftigte keine Pause machen und dann früher gehen. Ruhepausen sind Unterbrechungen der Arbeitszeit, die der Erholung dienen sollen. Daher dürfen sie weder am Anfang noch am Ende der Arbeitszeit liegen.

Gelten Besonderheiten für Lkw-Fahrer?

Bei einer Tagesfahrzeit von neun Stunden, die zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden kann, müssen sie nach spätestens 4,5 Stunden eine Lenkzeitunterbrechung von mindestens 45 Minuten einlegen. Diese Unterbrechung darf in zwei Zeitblöcke aufgeteilt werden, in zunächst eine 15-minütige und später eine 30-minütige Pause, während der keine anderen Arbeiten erledigt werden dürfen. Wartezeiten - bei der Grenzabfertigung oder beim Be-/Entladen des Lkw - zählen als Fahrtunterbrechung, wenn die voraussichtliche Dauer vorher bekannt ist.

Gleiches gilt für Pausenzeiten auf dem Beifahrersitz oder in der Schlafkabine, während der Kollege den Lkw steuert, sowie für begleitende Fahrten auf der Fähre oder im Zug. Erledigt der Fahrer vor der Tour andere Arbeiten, muss er darauf achten, dass er nach spätestens sechs Stunden Arbeitszeit - nicht Lenkzeit! - die erste Pause einlegt.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?

Der Chef ist verpflichtet, die Erholungspausen anzuordnen, ihre Einhaltung zu überwachen und notfalls dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter Pause machen. Es empfiehlt sich, eine klare und verbindliche Pausenregelung zu treffen. "Jeder Arbeitnehmer muss vor Arbeitsantritt wissen, wann er die Ruhepause nehmen kann", sagt der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck (BAG-Urteil, 13.10.2009, Az.: 9 AZR 139/08). Das gilt auch für Lkw-Fahrer: Der Disponent muss die Tour so planen, dass der Fahrer die Lenk-und Ruhezeiten einhalten kann. "Den Weg sollte er schriftlich dokumentieren und die Pausenzeiten mit dem Fahrer absprechen", empfiehlt der Partner der Rechtsanwaltskanzlei Bredereck Willkomm. Regelmäßige Belehrungen der Mitarbeiter hätten sich bewährt. Dispo und Fahrer sollten klären, wie sich Fahrer bei nicht vorhersehbaren Verzögerungen wie Staus verhalten sollen und wie sie in solchen Fällen die Lenk- und Ruhezeiten einhalten können.

Dürfen Chefs längere Pausen anordnen?

Die per Gesetz geregelten Pausenzeiten stellen ein Mindestmaß dar. Arbeitgeber können kraft ihres Weisungsrechts auch längere Pausen vorsehen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG-Urteil, 16.12.2009, Az.: 5 AZR 157/09). Dabei müssen sie die Interessen des Arbeitnehmers sowie des Betriebs im Blick haben und gegeneinander abwägen.

Und wenn Mitarbeiter nicht pausieren (können)?

Dann ist der Chef in der Verantwortung. "Verstöße wirken ausschließlich zulasten des Arbeitgebers", weiß Arbeitsrechtler Marc Stenzel. Der Chef begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn er Ruhepausen nicht oder nicht mit der vorgeschriebenen Mindestdauer gewährt. Ihm droht eine Geldbuße von bis zu 15.000 Euro. "Wird dadurch die Gesundheit oder die Arbeitskraft des Arbeitnehmers gefährdet oder liegen beharrliche und wiederholte Verstöße vor, handelt es sich um eine Straftat", stellt der Partner der Duisburger Rechtsanwaltskanzlei Speker Nierhaus Stenzel klar. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Unternehmer bis zu einem Jahr Gefängnis oder eine saftige Geldstrafe.

Halten Lkw-Fahrer die Lenk- und Ruhezeiten nicht ein, verhängen Polizei und BAG gegen sie und gegen den verantwortlichen Spediteur ein Bußgeld. Bei wiederholten Verstößen oder vorsätzlichem Handeln drohen Geld- oder Freiheitsstrafen. Die EG-Verordnung nimmt ausdrücklich alle Beteiligten der Logistikkette - Unternehmen, Verlader, Spediteure und Transporteure - in die Pflicht: Sie müssen sicherstellen, dass die vertraglich vereinbarten Beförderungszeitpläne eine Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten ermöglichen.

Wie sichern sich Arbeitgeber ab?

Es gibt keine gesetzliche Pflicht, Pausenzeiten zu dokumentieren. Doch jeder Arbeitgeber sollte eine klare Pausenregelung treffen. Oft werden Pausenzeiten im Rahmen einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat verbindlich festgelegt. Dies ist sinnvoll, denn bei Rechtsstreitigkeiten müssen Chefs beweisen können, dass sie ihren Mitarbeitern die vorgeschriebenen Ruhepausen gewährt haben. Es empfiehlt sich, die Einhaltung der Pausenzeiten zumindest stichprobenartig in regelmäßigen Abständen zu überwachen und dies auch zu dokumentieren. "Dies kann grundsätzlich auch in Dienstbesprechungen mit dem jeweiligen Vorgesetzten geschehen, über die ein Protokoll geführt wird", sagt Arbeitsrechtler Bredereck.

In Speditionen ist meist der Disponent per Arbeitsvertrag verpflichtet, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten regelmäßig, das heißt mindestens wöchentlich, zu überprüfen, indem er die Fahrerkontrollsysteme ausliest. Bei Unregelmäßigkeiten sollten die Fahrer belehrt und bei wiederholten Verstößen ermahnt oder auch abgemahnt werden. Die Kontrollen sollte der Disponent für den Ernstfall schriftlich dokumentieren.

Was ist eine gesetzeskonforme Pause?

Laut Bundesarbeitsgericht sind Pausen im Voraus zeitlich festgelegte Unterbrechungen der Arbeitszeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat. Die Arbeitsrichter legten klar fest, dass es sich nur dann um eine Ruhepause handelt, wenn der Beschäftigte von jeder Arbeitsverpflichtung und jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist (BAG-Urteil, 13.10.2009, Az.: 9 AZR 139/08). Eine Arbeitsunterbrechung, bei deren Beginn der Arbeitnehmer nicht weiß, wie lange sie dauern wird, ist keine Pause (BAG-Urteil, 29.10.2002, Az.: 1 AZR 603/01), denn er kann nicht frei über seine Zeit verfügen.

Werden Pausenzeiten bezahlt?

Ruhepausen sind keine Arbeitszeit und deshalb nicht vom Arbeitgeber zu bezahlen. Ausnahme: In Arbeits- oder Tarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen ist geregelt, dass Pausenzeiten vergütet werden. Hat der Arbeitgeber keine klare Anweisung zur Lage und Dauer der Pausen getroffen, muss er im Streitfall beweisen, dass der Mitarbeiter Pausen genommen hat. "Kann er das nicht, muss er die Pausenzeiten unter Umständen als Arbeitszeit vergüten", sagt Arbeitsrechtler Bredereck.

Laut einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln müssen Arbeitgeber zahlen, wenn sie nicht spätestens zu Beginn einer Pause dem Beschäftigten mitteilen, wie lange sie ausfallen soll. Stehe die Dauer der Pause nicht im Voraus fest, könne sich der Mitarbeiter nicht erholen. Es handle sich somit nicht um eine echte Ruhepause. Die Zeit müsse vergütet werden, urteilten die Richter (3.8.2012, Az.: 5 Sa 252/12).

Wie sieht es mit Raucherpausen aus?

Das Gesetz kennt keine Raucherpausen. Sie stellen keine zulässige Arbeitsunterbrechung dar. Vielmehr kann der Arbeitgeber das Rauchen außerhalb der Pausenzeiten verbieten. Oft gestatten Chefs eine kurze Raucherpause. Derartige, zusätzlich gewährte Pausen sind nur zu vergüten, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurden. Sigrun an der Heiden

Ausführliche Informationen zum Thema gibt es für Fuhrparkunternehmer und Fahrer in der "Fahreranweisung Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr". Die zwölfseitige DIN-A4-Broschüre für die gezielte Schulung von Fahrpersonal ist ab 3,25 Euro (ohne MwSt.) erhältlich unter dem Link www.heinrich-vogel-shop.de.

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