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Fahrbericht: Paul Heavy Mover 80.570

27.12.2012 08:00 Uhr
Fahrbericht: Paul Heavy Mover 80.570
Gigantisch: Der Heavy Mover HM 80.570 von Paul Nutzfahrzeuge.
© Foto: Gregor Soller

Von Passau in die Wüste: Mit dem Heavy Mover HM 80.570 stellte Paul Nutzfahrzeuge einen Giganten für Ölfelder auf die Räder, den der TRUCKER exklusiv bewegte.

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Spricht man in Passau vom Giganten der Donau, ist in der Regel ein bis zu neun Meter langer Stör gemeint. Nur wenige denken an ein Produkt des Herstellers Paul Nutzfahrzeuge, der in Passau aus braven Mercedes-Benz-Fahrgestellen ebenfalls "Giganten" erstehen lässt. Andreas Süß, Chefkonstrukteur Sonderfahrzeuge, hat mit Katja Obernhuber, Roland Madl und Klaus Mayer einen solchen auf die Räder gestellt.

Der "Heavy Mover"-LKW ist für den Einsatz auf Ölfeldern gedacht. Dort zieht er mittels einer 30-Tonnen-Winde das Equipment eines Bohrlochs an Bord, um es an einer anderen Förderstelle wieder abzulassen. Dazu braucht es in der Wüste Allradantrieb, viel Kraft und große Räder: Der Riese steht vorn auf Michelin-Reifen der Dimension 29,5 R 25 und hinten auf 875/65 R 29. Den Luftdruck muss man selbst regeln. Eine Reifendruckfüllanlage wäre machbar, aber sehr aufwändig und sehr teuer gewesen.

Seine ersten Runden dreht der Gigant aus Passau rund 150 Kilometer donauabwärts auf dem Magna-Steyr-Testgelände in St. Valentin bei Linz in Österreich, wo die Paul-Techniker neben der Motor-Abnahme ("Motor-Sign-off") auch letzte Komponententests fahren.

Viele davon (er-)kennt man vom Actros MP3, der dem Heavy Mover die Kabine samt Anschlusselektronik, das Powershift-Getriebe und den OM-502-V8 stiftet. Im Vorserienfahrzeug ist er auf 570 PS in Euro 3 spezifiziert. Die 2700 Nm werden über das so genannte Viab (verschleißfreies integriertes Anfahr- und Bremselement) von Voith an die Achsen geleitet, wodurch Powershift geschont wird. Diese Turbokupplung, die ohne Ölpumpe auskommt, sorgt dafür, dass das auf 80 Tonnen ausgeladene Monster auch im zweiten oder dritten Gang extrem langsam anfahren kann. Auch am Berg kann man herrlich damit spielen, wie Süß demonstriert: Im dritten Gang lässt er den Heavy Mover ganz langsam eine sanfte Teststeigung hochkriechen und regelt die Geschwindigkeit nur mit dem Gasfuß.

AUS DEM STAND AM 45-PROZENTER ANFAHREN

Dann zieht er mit Schwung eine 45 Prozent steile Rampe hoch. Beim zweiten Durchgang stoppt er mitten in der Steigung: Jetzt müssen die Bremsen 80 Tonnen halten, die dann vom Stand weg beschleunigt werden wollen - dank Viab kein Problem! Im Alltag freut man sich über sämtliche Goodies der Standard-Powershift, die durch sehr sanfte und zügige Schaltvorgänge auffällt. Das gilt auch für die Betätigung der Sperren, die wie gewohnt per Drehschalter in der Reihenfolge längs, hinten quer und vorn quer geschaltet werden. Aber schon ungesperrt verdreht das Monster seine Hinterachsen ganz furchtbar, da die Reifen sehr weich sind. "Im ersten Moment glaubt man, die letzte Achse abzuscheren, so sehr arbeitet das", erklärt Süß.

Dann steht das Motor-Sign-Off für Daimler an. Dazu schleppt der Heavy Mover einen Actros 2660 hinter sich her, in dem Kollege Klaus Mayer den Retarder Stück für Stück bis zur höchsten Stufe durchzieht.

WARUM MAN IM ACTROS NUR SCHWARZ SIEHT

Über Funk halten beide Kontakt: "Sag, wannst anfahrst", warnt Mayer, "sonst reisst mir die Stoßstange ab". Mit der höchsten Retarderstufe simulieren die Ingenieure bis zu 105 Tonnen Gesamtzuggewicht, bis zu 250 Tonnen sind erlaubt. Wichtig ist, so Süß, den Motor auf Volllast zu bringen, ohne dass dann Komponenten überhitzen.

Die Premiere lief laut Klaus Mayer "wunderbar". Dank massigem Kühlturm geht der V8 im richtigen Temperaturbereich auf "Beharrung" und zieht den 2660 hinterher, als wäre es ein Spielzeugmodell. Der Heavy Mover scheint dessen Retarder vollständig zu ignorieren. In diesem sieht Mayer schwarz: Vor seiner Windschutzscheibe drehen sich die Monsterreifen und zerren den Top-Actros davon wie nichts.

Bei Lenkung und Bremsen will Paul die ECE-Normen bieten, auch wenn der Gigant nie eine Straßenzulassung bekommen wird. Die Achsen fertigt ein Hersteller nach Paul-Vorgaben, verzögert wird über riesige Trommeln mit je zwei Zangen pro Seite. Die Bremsen stammen samt Elektronik von Wabco und lassen sich ebenso gut dosieren wie die Lenkung, wenngleich das Monster wegen der nicht wirklich ausgewuchteten Riesenreifen über die Teststrecke torkelt wie ein betrunkener Drache. Schon bei 40 km/h sorgt ein Pneu für ordentliches Schaukeln, bis zu 65 km/h Höchsttempo sind drin. "Auf weichem Untergrund oder in der Wüste dürfte sich das dann relativieren", erklärt Süß lächelnd und fordert auf, einmal den Retarder durchzuziehen. Dank Turbokupplung kann man bis zum Stillstand abbremsen, ohne den Heavy Mover abzuwürgen - und dann im dritten Gang wieder anfahren, im Zeitlupentempo.

Erstaunlich ist, dass man bald die Abmessungen vergisst, so sehr fühlt und hört sich der Gigant dann doch nach Actros an. Man sitzt auf rund 2,5 Meter Höhe und das Auto ist 3,5 Meter breit! Das fällt letztlich erst bei der 4,6 Meter hohen Eisenbahnunterführung im Gelände auf, die gut 3,6 Meter breit ist: Da passt der Heavy Mover gerade noch so durch.

Der Riese hat nach einem harten Arbeitstag Durst: Vorsichtig zirkelt Süß an die Tankstelle und "füttert" den Giganten der Donau erst mal mit 1000 Liter Diesel.

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