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Fahrbericht Scania Dumper: Variabler Einsatz

31.07.2017 08:00 Uhr
Fahrbericht Scania Dumper: Variabler Einsatz
Der P450 kann Baustellenverkehr ebenso gut wie Straße. Der Umbau geht bei Bedarf schnell
© Foto: Gregor Soller/TRUCKER

Dass Scania mit einem straßenzulassungsfähigen "Standard-Lkw" einen Dumper ersetzen kann, beweist ein P450 CB10x4*6 bei der Arbeit im Schotterwerk.

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Aufmerksame Besucher der letztjährigen IAA kennen dieses Fahrzeug: ein P450, der im Meiller-Pavillon ausgestellt war. Wir haben den Scania an seinem heutigen Standort, dem Schotterwerk Mayer in Mötzingen, unter die Lupe genommen.

Hauptvorteil des Scania mit fünfter Zwölf-Tonnen-Lenkachse von BPW gegenüber einem Dumper sind die Kosten. Hans-Martin Kübler, Geschäftsführer des Schotterwerkes, bezahlte für den Lkw nur gut die Hälfte des Preises eines Dumpers. Zudem sind die Verschleiß- und Ersatzteile viel günstiger. Alle Komponenten stammen aus der Serienfertigung von Scania, BPW und Meiller. Die Karlsruher Martin Knirsch Kraftfahrzeuge GmbH hat das Fahrzeug als "Serienmodell" in den Teilelisten.

NICHT GANZ SO HART, DAFÜR ABER MEHR VOLUMEN

In ganz hartem Gelände kann der Scania mit den ultrasoliden Baumaschinen nicht mithalten. Dafür schafft er mit 24 Kubikmetern pro Umlauf deutlich mehr Material weg. Laut Hans-Martin Kübler passen Nutzlast und Volumen für die Transportaufgaben im Schotterwerk sehr gut zusammen. Die üblichen 20.000 Betriebsstunden wird der P450 wohl nicht erreichen; Kübler plant mit rund 17.000, was in Ordnung wäre. In der Grubenlogistik setzt er bis zu 64 Tonnen pro Umlauf an.

Ein weiterer Vorteil des Scania ist die mögliche Straßenzulassung. Ersetzt man die hinteren Zwillingsreifen (die für 2,7 Meter Überbreite sorgen, für 64 Tonnen Nutzlast aber nötig sind) mit Einzelbereifung, kann man mit dem dann 2,55 Meter schmalen Greif auch auf öffentliches Terrain. Zu zweit ist der Umbau in einer guten halben Stunde erledigt, wie Händler Andreas Knirsch am Ende der Testfahrt in der Grube demonstriert.

Zum Start der Tour steigt der Fahrer auf das riesige "FOPS"-Schutzdach über der Meiller-24-Kubik-Heavy Classic H550-Kippmulde, das die P-Kabine schützt. Von dort aus gibt er dem Radladerfahrer Anweisung, trotz mittlerweile voller Mulde noch ein Schäufelchen draufzupacken. Dann geht es auf die Waage, die allerdings bei 60 Tonnen aussteigt ...

Vorder- und Hinterachsen werden separat gewogen, 70 Tonnen addieren sich mit den Achslasten. Doch die fast zehn Prozent Überladung muss der 10x4*6 abkönnen, lacht Knirsch. Dann führt der Weg in die "Hölle": hinab in den rund 100 Meter tiefer liegenden Grund des Schotterwerkes Mayer. Die Trommelbremsen unterstützen die Scania-Motorbremse wirkungsvoll.

Auf einen Retarder hat Knirsch, der das Fahrzeug konfigurierte, weder aus Gewichts- noch aus Kostengründen verzichtet. Vielmehr liegt die Eingangsdrehzahl am Retarder in der Grube zu niedrig. Und so tastet sich das Monster die stellenweise bis zu 16 Prozent steile Rampe talwärts - zweiter Gang gesperrt, den linken Fuß immer fest auf dem anachronistischen Motorbremsknopf, während der rechte beibremst.

DIE MOTORBREMSE IST EIN WENIG UNTERDIMENSIONIERT

Bei der schieren Masse im Gefälle reichen die 256 Brems-kW der Scania-Motorbremse trotz hoher Drehzahlen nicht aus und bedürfen der Hilfe der Betriebsbremse. Der Automatikmodus ist auch tabu, denn da würde die Opticruise-Schaltung einfach in einen höheren Gang schalten und der "P" dann fast ungebremst bergab fahren. Knirsch hat den "Worst Case" natürlich geprüft und der Scania schafft auch das steilste Stück beim Kunden problemlos. Unten wird gewendet. Trotz BPW-Nachlauflenkachse braucht der Riese Platz.

Wer glaubt, im Stand noch lenken zu können, irrt! Also immer schön im Rollen bleiben und mit möglichst viel Schwung in den Berg. Dort heißt es dann: zweiter Gang und Vollgas! Der D13-Sechszylinder gibt alles und benötigt dafür laut Bordrechner 830 Liter Diesel auf 100 Kilometer! Aber er kämpft sich zurück aufs Plateau. Dann wird abgekippt, was aufgrund der schieren Größe und des Gewichtes der Mulde gut 50 Sekunden dauert.

Der Hebel des Kippventils kann über einen Rastpunkt auf Dauerstellung gebracht werden, der Fahrer muss ihn also nicht ständig festhalten, sondern kann sich aufs Vorziehen konzentrieren.

Für das Absenken braucht die massive Brücke keine zwanzig Sekunden. Ist er leer, wird der rund 20 Tonnen schwere P450 zum "Frauenauto", wie Scania-Mann Knirsch lachend anmerkt. Will heißen: präzise Lenkung samt ordentlicher Federung - und trotz seiner riesigen Abmessungen fährt sich der Fünfachser fast so kompakt wie ein 8x4. Opticruise findet immer die passenden Gänge und überzeugt vor allem beim Anfahren durch schnelle Schaltvorgänge.

LEER FEHLT ES DEM P450 EIN WENIG AN TRAKTION

Leer schicken wir den Scania erneut in die Grube. Diesmal genügt die Motorbremse. Beim Wenden schiebt er auf dem weichen Untergrund über die Vorderräder. Dann geht's in den 16-Prozenter, dessen schlammiger Untergrund Traktionsprobleme verursacht. Die zusätzliche Hinterachse entlastet die Antriebsräder relativ stark, entsprechend langsam und mit scharrenden Hufen kriecht der Minenarbeiter jetzt bergan. Ohne Fracht sollte der Fahrer die Bodenbeschaffenheiten in der Grube gut kennen! Dass der Scania deshalb nicht jeden Winkel der Grube anfahren wird, kann Hans-Martin Kübler angesichts des Preis- und Volumenvorteils leicht verschmerzen. Gregor Soller

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