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Frachtdiebstahl: So können Sie vorbeugen!

03.09.2013 08:00 Uhr
Frachtdiebstahl: So können Sie vorbeugen!
Die Diebe werden immer einfallsreicher
© Foto: Gregor Soller

Jedes Jahr entstehen EU-weit durch Diebstahl von LKW und/oder der Ladung Schäden von mehr als 8,5 Milliarden Euro. Neuere Tricks sind gefälschte Frachtenbörsen, Scheinkontrollen und gezieltes Aushorchen. Zu 15 % begehen die Täter bewaffnete Raubüberfälle mit Gefahr für Leib und Leben des Fahrers.

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Chemiewerk Bad Köstritz: Ein LKW fährt auf dem Hof vor, der Fahrer steigt aus. Die Papiere sind ordnungsgemäß, daraufhin wird beladen: 16 Behälter mit Bindemittel sollen in die Schweiz transportiert werden.

Wenige Tage später kommt von dort die Rückmeldung, dass die Lieferung nicht angekommen ist. Wochen danach tauchen drei der Behälter wieder auf - auf einem ehemaligen Militärgelände in Tschechien. Eine slowenische Briefkastenfirma hatte die Ladung gestohlen und dort deponiert. Dieser Fall, den Reporter des Mitteldeutschen Rundfunks recherchiert haben, ist typisch: Immer häufiger entwenden Täter komplette Ladungen - und zwar mithilfe von Frachtenbörsen. Die Methode funktioniert so: Die Kriminellen spähen interessante Ladungen aus und bewerben sich um die Fracht.

NEBEN KLASSISCHEM KLAU ZUNEHMEND TRICKDIEBSTAHL

Dabei täuschen sie mit gefälschten Dokumenten die Existenz einer Firma vor. Bekommen sie den Auftrag, werden die Ladungen unter Verwendung gefälschter Kennzeichen und Ausweisdokumente abgeholt oder durch einen anderen, real existierenden Frachtführer übernommen. Ihn dirigieren die Täter dann in ein angemietetes Zwischenlager.

Lässt sich diese neue Form des Ladungsdiebstahls verhindern? "In drei Viertel der Fälle hätte man den Betrug mit minimalem Aufwand feststellen können", meint Klaus-Dieter Baier von DESA Investigation and Risk Protection, Berlin. Er hilft Unternehmen dabei, sich gegen solche Trickdiebstähle zu schützen. "Man braucht pragmatische Prüfmechanismen", rät Baier. Das absolute Minimum: Bevor ein unbekannter Frachtführer den Auftrag erhält, sollte von ihm eine Versicherungsbestätigung angefordert und dann beim Aussteller überprüft werden. Für Fahrer wichtig zu wissen: Baier empfiehlt den Unternehmen gewisse Sicherheitschecks. Um einen Fake-Anbieter zu entlarven, rät er etwa zum Sichten und Überprüfen von Telefonnummern und von Papieren.

Solcherart Checks könnten nach dem Zufallsprinzip rotieren: An einem Tag wird Einblick in eine Telefonrechnung verlangt, am anderen in eine aktuelle Kreditkartenabrechnung des Frachtführers. Das Kopieren der Fahrzeugzulassung oder der Personaldokumente des Fahrers hat schon nachweislich Täter abgewehrt. Doch nicht nur gegen die so genannte "Komplettentwendung", auch gegen klassischen Ladungsdiebstahl kann man sich wappnen. Erster Ansatzpunkt sind die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens. Denn: An 70 Prozent aller Diebstähle sind Insider beteiligt, schätzt die TAPA (Transported Asset Protection Association). Dabei sind es meist unfreiwillige Maulwürfe, die den Dieben helfen, zum Beispiel Fahrer, die im lockeren Gespräch an der Raststätte verraten, was sie geladen haben. "Die Kommunikation mit Dritten sollte unterbleiben", betont Axel Salzmann, Leiter des Kompetenzzentrums Straßengüterverkehr und Logistik bei der Kravag-Logistic Versicherung. Alle Mitarbeiter, vom Disponenten über den Vertriebler bis zum Fahrer, müssten lernen, mit Informationen sensibel umzugehen.

Ein wichtiger neuer Risikoherd ist Social Media. Immer mehr Angestellte nutzen Plattformen wie Facebook und hinterlassen hier Statusmeldungen, die für Diebe interessant sein können, zum Beispiel "Fahre heute über Hamburg nach Moskau" oder "Bleibe heute am Autohof in Lehrte". "Kriminelle verfolgen solche Spuren", warnt Kravag-Experte Salzmann. Jedem Mitarbeiter muss klar sein, dass berufliche Informationen in öffentlich zugänglichen Medien nichts zu suchen haben, dasselbe gilt für jeden Subunternehmer.

AM BESTEN IMMER DEN FORDERUNGEN NACHGEBEN

Auf der Straße muss die Prävention weitergehen. Es gelten die üblichen Vorsichtsmaßnahmen: Vollgetankt starten, unnötige Stopps vermeiden, keine Anhalter mitnehmen, das Fahrzeug immer abschließen und den Schlüssel abziehen. Steht eine Fahrt ins Ausland an, sollte vorab ermittelt werden, wo Kriminalitätsschwerpunkte liegen. Entsprechende Risikokarten bietet zum Beispiel die TAPA im Internet an: www.tapaemea.com. Kommt es dennoch zu einem Diebstahl, geraten Fahrer oft in die Schusslinie. "Drei Drittel der Täter sind gewaltbereit", schätzt Alex Kotsiwos von der Schutz- und Aktionsgesellschaft für die Entwicklung von Sicherheitskonzepten in der Spedition (SAFE), Willich. Die Organisation, eine Initiative des DSLV, berät und zertifiziert Speditionen in Sicherheitsfragen. Die Methoden der Diebe reichen von der Betäubungsgas-Attacke über das vorgehaltene Schrotgewehr bis hin zur fingierter Polizeikontrolle, bei der sich die Diebe als Zivilbeamte ausgeben oder falsche Uniformen tragen.

Auf kritische Situationen sollte man als Fahrer vorbereitet sein. "Wichtig ist, zu deeskalieren", betont Kotsiwos. Sprich: den Forderungen der Täter nachgeben. Bemerkt er in der Kabine, dass ein Überfall im Gange ist, sollte er nicht aussteigen, sondern direkt die Polizei oder eine Alarmzentrale benachrichtigen. "Das Leben geht immer vor", beschwört Kotsiwos. Eine zusätzliche Versicherung gegen Ladungsdiebstahl abzuschließen, ist für die Firma im Normalfall nicht möglich. Der Versender schützt sich durch eine Warentransportversicherung, die im Schadensfall Rückgriff auf die Haftungsversicherung des Spediteurs nimmt. Sie kommt - bis zum Höchstbetrag - für den Schaden auf. "Auch wenn der Frachtführer grob fahrlässig gehandelt hat", erklärt Hans Kuckels, Prokurist für Verkehr und Logistik bei der Schunck Group, einem Versicherungsmakler.

Selbst wenn der Spediteur einen externen Frachtführer beauftragt hat und dieser mit der Ladung verschwindet, kommt die Versicherung dafür auf. Nur, wenn ein Betrieb häufiger beraubt wird, kann es sein, dass die Versicherung Präventionsmaßnahmen vorschreibt, die dann umgesetzt werden müssen. "Sonst kann dem Kunden der Versicherungsschutz versagt werden", warnt Kuckels.

VIEL TECHNIK GARANTIERT NOCH KEINE SICHERHEIT

Finanzielle Folgen hat ein Diebstahl auf jeden Fall, denn üblicherweise zahlt die Spedition eine Selbstbeteiligung von 15 Prozent an der Schadenssumme, die allerdings in den meisten Fällen begrenzt ist (zum Beispiel auf maximal 2500 Euro). Sollte eine Versicherungspolice neu ausgehandelt werden, rät Jurist Kuckels zur Vorsicht: "Manchmal werden Obliegenheiten reingeschrieben, die in der Realität nicht oder nur schwer einzuhalten sind." Beispiel für so eine Klausel: "Fahrzeuge dürfen ausschließlich auf bewachten Parkplätzen abgestellt werden." Diese Forderung dürfte angesichts der geringen Anzahl dieser Plätze in Deutschland unmöglich zu erfüllen sein.

Technische Vorkehrungen gegen Diebstahl gibt es natürlich reichlich: Verstärkte Planen und der Einsatz von Kofferfahrzeugen schrecken Planenschlitzer ab, Alarmanlage und GPS-Verfolgung sichern den Auflieger. Experten warnen allerdings davor, sich zu sehr auf die Technik zu verlassen. "Hier wird nur ein subjektives Sicherheitsgefühl erzeugt", meint Desa-Experte Baier.

Dass die beste Technik nichts bringt, wenn es beim Faktor Mensch hapert, zeigt ein Fall aus seiner Praxis: Ein alarmgesicherter LKW steht nachts auf einem Autobahnparkplatz. Die Täter lösen kurzzeitig die Kupplungsstecker des GPS-Alarmsystems und ziehen sich sofort wieder zurück. Der Fahrer, geweckt vom Alarm, inspiziert die Bordwand am Hänger und meldet der Zentrale "Ladetür verschlossen". Die Täter warten noch einige Zeit ab, dann brechen sie die Tür auf. Doch diesmal reagieren weder Fahrer noch Zentrale - weil alle annehmen, dass es sich wieder um einen Fehlalarm handelt. Fazit: Nicht bessere Technik, sondern eine bessere Organisation in der Firma verhindert Ladungsdiebstahl. "Man muss Sicherheit als Teil des Logistikprozesses verstehen", fasst Insider Baier zusammen.

Constantin Gillies

TIPPS FÜR FAHRER | LKA Niedersachsen: Empfohlene Verhaltensweisen zur Prävention

Während der Fahrt

Zum Teil erfolgen Angriffe während der Fahrt. Durch vorab professionell geplante Situationen versuchen die Täter, den LKW zum Anhalten zu bringen, um das Fahrzeug zu übernehmen. Beugen Sie vor:

  • Seien Sie gewarnt, wenn andere Verkehrsteilnehmer in auffälliger Weise auf vermeintliche Fahrzeugmängel hinweisen. Informieren Sie die Leitstelle und warten Sie weitere Anweisungen ab. Sofern Sie das Fahrzeug dann verlassen, aktivieren Sie zuvor alle Diebstahlsicherungssysteme.
  • Vorsicht ist auch bei angewiesenen Stopps durch vermeintliche Beamte geboten. Prüfen Sie deren Dienstausweise. Auch Nachfragen bei den Dienststellen müssen von den kontrollierenden Beamten geduldet werden.
  • Sprechen Sie in der Öffentlichkeit, in Internetforen, auf Facebook oder via CB-Funk nicht über Transportdetails wie Ladung, geplanten Streckenverlauf oder Ihren derzeitigen Standort.
  • Vermeiden Sie kurzfristige Routinestopps, um z.B. Zigaretten oder Zeitungen zu kaufen. Erledigen Sie diese Dinge bereits bevor die Fahrt beginnt.

In Pausen, Wartezeiten

Die meisten Übergriffe finden statt, wenn der LKW steht. Leicht zugängliche und schlecht beleuchtete Parkplätze machen es den Tätern leichter, gerade wenn auf dem Platz wenig Betrieb ist. Fahren Sie darum möglichst nur sichere Parkplätze an.

  • Wertgegenstände nicht sichtbar im Fahrerhaus liegen lassen.
  • Nach jedem Stopp das Fahrzeug auf Sicherheitsmängel, wie defekte Schlösser und Riegel, überprüfen und festgestellte Mängel notieren, wenn möglich sofort beheben, in jedem Fall aber Ihrem Disponenten melden.
  • Die Fenster und den LKW nicht nur bei der Nachtruhe, sondern auch bei kurzer Abwesenheit verschließen und den Schlüssel bei sich behalten.
  • Keine fremden Personen ohne Erlaubnis ins Fahrzeug lassen.
  • Falls möglich, generell gesicherte Parkplätze anfahren, wo Fahrzeuge dokumentiert werden, Stellund Fahrflächen eingezäunt und beleuchtet sind und mit Videokameras und von Sicherheitskräften kontrolliert werden.

Nach der Ankunft

  • Denken Sie immer an das "Vier-Augen-Prinzip": Bei der Ablieferung der Transportgüter wird die Empfangsquittung von Ihnen und dem Warenempfänger unterzeichnet. Nehmen Sie zwecks Überprüfung des Lieferscheins und des Transportauftrags Kontakt mit Ihrer Leitstelle auf.

PRIVATE ERMITTLUNG |"Jeder dritte Fall von Frachtklau lässt sich aufklären"

Joachim Kochsiek, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, Partner beim Projekt SefLog. Es erforscht, wie Logistik gegen terroristische und kriminelle Attacken besser geschützt werden kann.

Welche Stellen der Transportkette sind besonders anfällig für kriminelle Angriffe?

Joachim Kochsiek: Unsere Analysen haben ergeben, dass es immer dann kritisch wird, wenn ein Transportmittel steht: Während des Wartens auf Beund Entladung und natürlich während der Ruhezeiten von LKW-Fahrern. Deshalb würde es schon helfen, wenn es mehr bewachte Parkplätze gäbe und diese genutzt würden. Allerdings ist die Zahlungsbereitschaft dafür in der Transportbranche noch extrem gering.

Welche technischen Präventionsmaß nahmen halten Sie für geeignet?

Stahlaufbauten und die Verwendung von High-Security-Seals (Stahlbolzensiegel) können sinnvoll sein. Das garantiert natürlich keine totale Sicherheit, aber schreckt zumindest ab und erhöht den Widerstand gegen Aufbrechen. Auch Alarmsysteme, Videoüberwachung und Telematik sollten eingesetzt werden. Entscheidend ist jedoch, dass die passende Organisation vorhanden ist. Die beste Alarmanlage am Fahrzeug nutzt nichts, wenn die Zentrale nicht schnell genug reagiert. Kameraüberwachung ist sinnlos, wenn niemand in Echtzeit hinsieht.

Nicht alle Transportdienstleister können sich teure Sicherheitstechnik leisten ...

Ich denke, es ist schon viel gewonnen, wenn eine Sicherheitskultur geschaffen wird. Ein Beispiel: An einem Umschlagterminal sehen die Mitarbeiter bestimmte Fahrer, die Ladungen abholen, sehr häufig. Sie immer wieder aufs Neue zu überprüfen, fällt dann natürlich schwer. Doch genau dafür sollten die Mitarbeiter sensibilisiert werden. Hier sollten die Vorgesetzten nicht nachlassen - und auch nicht mit Lob sparen.

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