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Handy am Steuer: Was ist erlaubt, was nicht?

02.05.2015 08:00 Uhr
Handy am Steuer: Was ist erlaubt, was nicht?
Was man während der Fahrt am Handy machen darf und was nicht, ist vielmals nicht ganz klar
© Foto: Fotolia

Darf man das Handy als Navi benutzen? Einen Anruf wegdrücken? Auf die Uhr schauen? Auf dem Standstreifen telefonieren? Die Rechtslage zur Handynutzung am Steuer ist nicht immer logisch.

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Die Antwort auf alle oben gestellten Fragen lautet schlicht und ergreifend: "Nein"! Und schon da zeigt sich: Nicht immer lässt sich mit klarem Menschenverstand ableiten, was erlaubt und was verboten ist.

So macht es beispielsweise für die Gefährdung im Straßen verkehr keinen Unterschied, ob man auf eine Armbanduhr schaut oder auf sein Handy - letzteres verstoße aber gegen das Verbot von Mobiltelefonen in Paragraph 23 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung, befand das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken (Aktenzeichen 1 Ss 1/14). Die Meinungen der Juristen gehen dabei allerdings auseinander, da der Blick auf die Armbanduhr eindeutig okay wäre. Das Prob lem: Das Handyverbot wurde zu einer Zeit erlassen, als man mit Mobiltelefonen nur eines konnte, nämlich telefonieren. Inzwischen sind die Funktionen der Smartphones rasant gewachsen - und mit ihnen die Zahl der juristischen Streitfälle zur Nutzung am Steuer.

TELEFONIEREN ERLAUBT, ANFASSEN VERBOTEN

Im besagten Paragraphen 23 heißt es: "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist." Das heißt, man darf telefonieren, sofern man dafür eine Freisprecheinrichtung benutzt, egal ob Headset oder fest installierte Lösung. Theoretisch wäre es auch okay, über die Lautsprecherfunktion des Handys zu telefonieren, jedoch darf man das Telefon dafür nicht in die Hand nehmen. Schon das Halten reicht für eine Ordnungswidrigkeit. Und die Bedienung des Telefons muss abgeschlossen sein, wenn man den Motor startet. Eine Nummer suchen geht danach rechtlich korrekt nur noch mit Sprachsteuerung oder über die Bedienung am Lenkrad.

Eine merkwürdige Situation ergibt sich dabei durch die in Pkw immer verbreitetere Start-Stopp-Automatik: Ist der Motor an der Ampel aus, darf der Fahrer zum Handy greifen. Dem Richter ist es egal, ob der Motor manuell ausgeschaltet wurde oder automatisch. (OLG Hamm, Aktenzeichen 1 RBs 1/14). Anders verhält es sich, wenn man auf dem Standstreifen einer Autobahn oder Bundesstraße anhält, um einen Anruf entgegenzunehmen. Dann ist zwar der Motor aus, dafür verstößt man gegen Paragraph 18 Absatz 8 der StVO, der das Halten auf einem Standstreifen verbietet. "Der Seitenstreifen ist nur für den Fall einer Panne gedacht", erläuterten die Richter in einem entsprechenden Fall am Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen IV-2 Ss OWi 84/04).

HANDY WEITERREICHEN OHNE BLICK AUFS DISPLAY

Was also tun, wenn das Handy klingelt, während man am Steuer sitzt und keine Freisprecheinrichtung im Fahrzeug hat? Anruf wegdrücken klingt nach einer guten Lösung - manche Telefone bieten sogar die Option, einen Anruf mit dem Hinweis "Ich fahre gerade" abzuweisen. Der Haken: Auch das ist nach Meinung des Oberlandesgerichts Köln eine Nutzung des Handys und damit verboten (Aktenzeichen III-1 RBs 39/12). Die Alternative: Man reicht das klingelnde Telefon seinem Beifahrer. Das ist okay, so lange der Fahrer dabei nicht aufs Display schaut. Nur das Suchen, Herausholen und Weitergeben ist keine Nutzung (OLG Köln, Aktenzeichen III-1 RBs 284/14).

Attraktiv sind die vielen Zusatzfunktionen, die ein Smartphone bietet. So mag sich manch einer das eingebaute Navigationsgerät sparen, da er ohnehin immer das Handy dabei hat. Aber auch hier gilt: Die Bedienung muss abgeschlossen sein, bevor das Fahrzeug startet, denn die gesetzlichen Vorgaben schließen neben dem Telefonieren auch "sämtliche Bedienfunktionen" ein, urteilte der Richter am Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen III-5 RBs 11/13).

Gleiches gilt auch für die Nutzung anderer Funktionen der Smartphones wie beispielsweise der Wiedergabe von Musik. Das Handy darf als mobile Jukebox dienen, die DJ-Tätigkeiten müssen sich aber auf die Zeiten mit stehendem Motor beschränken. Man dürfte dann sogar mit Kopfhörern den Klängen lauschen - solange die Musik nicht so laut ist, dass sie die Verkehrstüchtigkeit des Fahrers beeinträchtigt. Hupen oder Polizeisirenen müssen immer hörbar bleiben. Keinen Konflikt mit Paragraf 23 Absatz 1a, aber mit dem folgenden Absatz riskiert, wer einen Blitzer-Warner als App auf seinem Handy installiert. "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören", heißt es in Absatz 1b. Als "betriebsbereit" gilt bereits, wenn eine entsprechende App installiert ist.

BEI HANDY-NUTZUNG IST DAS UNFALLRISIKO 20 MAL HÖHER

Rechtlich ungeklärt ist bisher, wie es sich verhält, wenn der Beifahrer eine solche App nutzt und den Fahrer mündlich warnt. Was zum selben Ergebnis führt, stellt für die Juristen eine knifflige Frage dar. In einigen anderen europäischen Ländern wie Österreich, Nieder lande, Dänemark und Italien sind Blitzerwarner erlaubt. In der Schweiz sind sie absolut verboten - entsprechende Geräte dürfen eingezogen und vernichtet werden. Zudem droht ein saftiges Bußgeld.

Die Liste der Urteile zur Handynutzung am Steuer ist lang und wächst mit dem Funktionsumfang der Telefone immer weiter. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte die Finger ganz vom Telefon lassen, wenn er fährt. Das erhöht nicht nur die rechtliche Sicherheit, sondern vor allem senkt es die Unfallgefahr. Schon bei "Alltagshandlungen" wie Essen, Trinken oder Rauchen am Steuer steigt das Unfallrisiko um das 1,5-fache, so der Deutsche Verkehrssicherheitsrat. Beim Telefonieren mit Freisprecheinrichtung erhöht es sich um das Zwei- bis Achtfache. Und wird das Mobiltelefon anderweitig genutzt, schnellt die Unfallgefahr laut Auto Club Europa (ACE) um das 20-fache in die Höhe.

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