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Jobreport: Selbstständiger Autotransporter

11.02.2013 08:00 Uhr
Jobreport: Selbstständiger Autotransporter
Der Traum von der Selbstständigkeit ist für Johann Korn seit zehn Jahren wahr.
© Foto: Jan Burgdorf

Seit 2003 fährt Johann Korn auf eigene Rechnung. Und hat den Schritt nie bereut.

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Die Selbstständigkeit ergab sich für Johann Korn eher zufällig. "Ich bin damals zu meinem Chef gegangen und habe gefragt, wie ich mehr Geld verdienen könnte", erinnert sich der sympathische Oberbayer an seine Anfangszeit, die mittlerweile zehn Jahre her ist. "Kauf dir halt einen eigenen Zug", lautete die knappe Antwort seines damaligen Arbeitgebers. Ob das wirklich ernst gemeint war, darüber ist sich Johann bis heute zwar nicht ganz im Klaren, trotzdem machte er nach reiflicher Überlegung Nägel mit Köpfen.

Dass er in der Autotransportbranche bleiben wollte, stand für den damals 28-Jährigen aber fest. Schließlich war er schon seit über fünf Jahren als Fahrer für den ADAC-Auslandsdienst unterwegs, konnte also umfangreiche Expertise vorweisen und kannte vor allem bereits potenzielle Firmen, die dem Jungunternehmer Touren geben würden. Zusätzlich war Johann klar, dass er mit einem normalen Curtainsider-Zug gegen die zahlreichen "Billiganbieter" der Branche keine Chance haben würde. "Du musst als Selbstfahrer eine Nische finden, in der gute Arbeit, Qualität und ein sauberes Erscheinungsbild mehr zählen als Dumpingpreise!"

START MIT EINEM GEBRAUCHTEN SCANIA

Ebenso schnell hatte Johann entschieden, dass er in jedem Fall mit einem gebrauchten Fahrzeug starten wollte. "Da am Anfang nicht abzusehen war, wie sich die Sache entwickeln würde, wollte ich möglichst wenig Schulden anhäufen", erinnert er sich. "Viele meinen, sich gleich ihren Traum-Truck, am besten mit mindestens 600 PS, leisten zu müssen, aber den gilt es eben auch bezahlen zu können!" Johann blieb bewusst bescheiden und kaufte schließlich einen sieben Jahre alten 113er-Scania mit Kässbohrer-Aufbau. Mehr als eine Dreiviertel-Million Tachowellen-Umdrehungen hatte der 350 PS starke Schwede mit flacher P-Kabine bereits hinter sich. Gewiss kein Traumauto, aber es belastete die Kasse des Jungunternehmers nur mit 30.000 Euro. "Trotz der hohen Kilometer-Leistung lief der Truck ohne größere Probleme und ich blieb von teuren Reparaturen verschont. So konnte ich den Kredit schnell abzahlen und fuhr bereits nach einem halben Jahr in der Gewinnzone."

NICHT ZU LANGE ALS SUBUNTERNEHMER!

Was sicher auch damit zusammenhing, dass Johann am Anfang zwar als Subunternehmer fuhr, sich aber schon in seiner Zeit als angestellter Fahrer eine gute Beziehung zu wichtigen Auftraggebern aufgebaut hatte und zusätzlich mehrere Kunden von einem in den Ruhestand gehenden Selbstfahrer übernahm. "Wenn du nur als Subunternehmer fährst, verdienst du auf Dauer zu wenig", warnt der 39-Jährige. Seine Auftraggeber zahlen dagegen fair und vor allem pünktlich: "Gerade das ist wichtig, sonst fressen dich die laufenden Kosten schnell auf." Zu denen gehört für Johann neben Diesel- und Reparaturrechnungen übrigens vor allem auch eine vernünftige Renten- und Krankenversicherung sowie eine umfangreiche Frachtversicherung.

Ebenso großen Wert legt der erfolgreiche Selbstfahrer auf einen ansprechenden und gepflegten Internetauftritt. Für ihn kein Problem, schließlich absolvierte er vor seiner Trucker-Karriere eine Ausbildung zum Informatik-Kaufmann. Wodurch er auch alle nötigen Tricks und Kniffe kennt, um bei der Google-Suche immer möglichst weit oben zu landen. "Wer bei Suchmaschinen die Stichworte "Autotransporte + Italien" eingibt, landet fast zwangsläufig bei mir", lacht Johann, nicht ohne Stolz. Was aber weniger mit persönlichem Ehrgeiz zu tun hat als vielmehr damit, dass viele seiner Aufträge tatsächlich über seine Internet-Seite zustande kommen.

Dieser "Akquiseweg", vor allem aber auch Johanns guter Ruf, brachte auch die geballte 12-Zylinder-Ladung ein, die heute auf den Laderampen seines dunkelblauen Scania R 420 steht. Satte 1950 Pferdestärken bringt das Sportwagen-Ensemble, bestehend aus einem Ferrari BB 512i, einem Lamborghini Espada, drei Ferrari 400i sowie einem BMW 850i zusammen. Gesamtwert der Ladung: Über 250.000 Euro!

Eine ganze Woche brauchte Johann, um die legendären Boliden in Italien einzusammeln und zu ihrem neuen Besitzer nach Niedersachsen zu bringen. Für Johann, der normalerweise meist Neuwagen-Komplettladungen aus dem süddeutschen Raum nach Italien oder retour transportiert, eine willkommene Abwechslung: "Du musst mit den tiefer gelegten Sportwagen allerdings höllisch aufpassen, dass du beim Auf- und Abladen nirgendwo aufsetzt!" Zumal der stolze Eigentümer der teuren Fracht die nun anstehende Abladeaktion mit Argusaugen überwachen wird.

Der darf das Steuer des Ferrari BB aber sowieso selbst übernehmen, denn Johann muss mit Hilfe der Hydraulik dem 100.000 Euro teuren Italo-Klassiker einen möglichst ebenen Weg vom Kässbohrer-Aufbau gestalten. Trotzdem wird es an einigen Stellen gefährlich knapp, nur wenige Millimeter Luft bleiben zwischen den empfindlichen Kunststoffspoilern und den Stahlrampen. Trotz des infernalischen Gebrülls, mit dem der grimmig röhrende Zwölfzylinder die Umgebung versorgt, atmen Besitzer und Transporteur hörbar aus, als der BB kratzerfrei seine endgültige Parkposition erreicht.

Deutlich mehr Bodenfreiheit bieten die 400er-Ferraris, weshalb sich der autobegeisterte Johann das Fahren hier auch nicht nehmen lässt und wenigstens für einen kurzen Moment den bissigen Sound der 340 PS starken 12-Zylinder-Motoren genießen kann. "Ich bin froh, dass die Autos jetzt unbeschädigt am Bestimmungsort sind", erklärt der Transportprofi sichtlich erleichtert, während er wieder in seinen Topline-Scania steigt. Zu dem kam er übrigens ebenfalls eher zufällig. Denn eigentlich hatte er seinen jetzigen Truck auch wieder mit flacher P-Kabine bestellt. "Da Scania 2006 aber keine Lösung für Euro 5 mit Abgasrückführung für das P-Fahrerhaus bieten konnte, musste ich zur Topline-Kabine mit SCR greifen" erinnert er sich. Also wurde umdisponiert, der Kässbohrer-Aufbau an die höhere Kabine angepasst.

Zusätzlich orderte Johann für den Motorwagen noch eine liftbare Vorlaufachse von Estepe. Schließlich wusste er aus Erfahrung, dass bei dieser Zugkombination beladen schnell 13 Tonnen auf der Antriebsachse lasten, was vor allem in Österreich streng geahndet wird. Dadurch kostete Johanns erster fabrikneuer LKW zwar deutlich mehr als geplant, dafür weiß er den Komfort des größeren Fahrerhauses aber mittlerweile sehr zu schätzen.

EINE WOCHE URLAUB IM JAHR MUSS GENÜGEN

Und das entschädigt schließlich ein wenig dafür, dass er sich höchstens eine Woche Urlaub pro Jahr gönnt. In dieser Zeit lässt er seinen Zug übrigens stehen, denn Aushilfsfahrer, die mit seinem Fahrzeug so umgehen, wie Johann sich das wünscht und obendrein die anspruchsvolle Hydraulik des Aufbaus beherrschen, sind kaum zu finden.

Ebenfalls nicht unterschätzen sollte man "Nebentätigkeiten" wie Buchhaltung oder Rechnungen schreiben, die in einem Ein-Mann-Unternehmen anfallen, wofür Johann nicht selten nur das Wochenende bleibt. Trotz dieser Mehrbelastungen: Den Schritt in die Selbstständigkeit hat er nie bereut. "Für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt." Und fügt grinsend hinzu: "Außerdem bin ja meistens sowieso dort unterwegs, wo andere Urlaub machen."

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