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Reaktionen zur Ausweitung der LKW-Maut

14.06.2010 10:58 Uhr
Reaktionen zur Ausweitung der LKW-Maut
Protest, Empörung, Verständnis, Lob - die Ausweitung der LKW-Maut sorgt für unterschiedliche Reaktionen (Foto: ddp/Danny Gohlke)

Die jüngsten Mautpläne der Bundesregierung sorgen bei mittelständischen Verkehrsunternehmen für Empörung.

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Hannover. Die jüngsten Mautpläne der Bundesregierung sorgen bei mittelständischen Verkehrsunternehmen für Empörung. Eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen hätte Ausweichverkehr durch die Ortschaften zur Folge und wäre damit angesichts der Debatten um Feinstaub und Lärm ökologisch eine Rolle rückwärts, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN), Bernward Franzky, am Donnerstag in Hannover. Zudem wären die wirtschaftlichen Folgen für das Transportgewerbe fatal.

Zahlreiche Insolvenzen und abgemeldete Fahrzeuge belegten, dass es in der Vergangenheit nicht gelungen sei, die erhöhten Kosten an die Auftraggeber weiterzugeben. Bei den Unternehmen sei aber die Wirtschaftskrise schon an die Substanz gegangen. Franzky: "Die Koalition hat zugesagt, die Maut in dieser Legislaturperiode nicht zu erhöhen." Jedes Drehen an der Mautschraube gefährde tausende Unternehmen. Trotz Krise und 15 Prozent Umsatzverlusten hätten die Unternehmen im vergangenen Jahr über 4,41 Milliarden Euro Maut gezahlt, fast eine Milliarde mehr als 2008. Der GVN vertritt rund 3400 Unternehmen mit mehr als 80.000 Beschäftigten.

BGL-Präsident Grewer: Grausamkeiten gegen den LKW

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) vermutet, dass die Ausweitung der LKW-Maut den Einnahmeausfall gegenfinanzieren soll, der durch die doch nicht realisierte Mauterhöhung für Fahrzeuge der Euro-3-Schadstoffklasse Anfang 2011 entsteht. Der Verband schätzt die dadurch ausfallenden Einnahmen auf 100 Millionen Euro. Dabei seien Experten der Meinung, dass ein Großteil der erhofften Mautmehreinnahmen für die Mauterhebung und Kontrolltechniken auf den zusätzlichen mautpflichtigen Strecken wieder ausgegeben werden müssen, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Verbands.

"Es wird Zeit, den Ankündigungen der neuen Bundesregierung Taten folgen zu lassen. Die Fortsetzungen von Grausamkeiten gegen den LKW unter 'neuen Vorzeichen' und das Fahren der Infrastruktur auf Verschleiß sind alles andere als der versprochene Politikwechsel", sagte BGL-Präsident Hermann Grewer.  Ein "weiter so" verspiele den Kredit und beschädige ein weiteres Mal die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung im mittelständischen Verkehrsgewerbe.

Auch der Verband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung Schleswig-Holstein ist laut Mitteilung "erschüttert" von den jüngsten Maut-Plänen. "Wir unterliegen einem sehr hohen Kostendruch gerade aus den Osteuropäischen Ländern, in denen die Lohnkosten erheblich niedriger sind als  bei uns. Wollen wir überleben müssen wir jede Gelegenheit nutzen Kosten einzusparen", argumentierte der Verbandsvorsitzende Peter Boyens. Wenn die Bundesstraßen bemautet werden, werde ein Teil der LKW wieder auf die Autobahnen  zurückkehren, wodurch sich die Stausituation dort noch weiter verschärft. Ein anderer Teil wird Landstraßen und auch durch Ortschaften fahren müssen um dem Kostendruck standzuhalten.

BWVL: Mauterweiterung ist ein fiskalischer Winkelzug

Als einen fiskalischen Winkelzug hat der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V. (BWVL), Christian Labrot, die Absichten des Verkehrsressorts von Minister Ramsauer bezeichnet. Solche Vorhaben stünden dem Vertrauen der Straßengüterverkehrswirtschaft in eine verlässliche Verkehrspolitik von Schwarz-Gelb entgegen und beschädigten den konstruktiven Dialog der letzten Wochen, auch im Hinblick auf einen richtungsweisenden "Reload" des Masterplans Logistik. Es zeichne sich ein klarer Verstoß gegen das Mautmoratorium ab, wenn zwar die Mauterhöhung für Euro-3-LKW zum kommenden Jahr ausgesetzt bleibe, jedoch durch die Hintertür die dadurch kalkulierten Einnahmeausfälle an anderer Stelle wieder herausgeholt werden müssten. Man sei davon ausgegangen, zeigte sich Labrot enttäuscht, dass solche durch den Schwerlastverkehr finanzierten Haushaltssanierungen endgültig der Vergangenheit angehörten.

Der Bundesverband der Transportunternehmen (BVT) hat Verkehrsminister Peter Ramsauer als „Umfaller" bezeichnet. Mit der Einführung einer LKW-Maut auf vierstreifigen Bundesstraßen erhöhe der Staat sein Aufkommen, heißt es in einer Mitteilung. Dies widerspreche eindeutig dem Versprechen des Koalitionsvertrags und den nach seiner Unterzeichnung erfolgten Erklärungen eines vierjährigen Maut-Moratoriums. „Diese Mautlüge werden wir nicht widerspruchslos hinnehmen", kündigt die Vorsitzende des Verbandes, die Transportunternehmerin Dagmar Wäscher an. 

Mit großem Unverständnis reagierte auch der Verein Bremer Spediteure auf die Ankündigung des Bundesverkehrsministers. "Dies ist ein klarer Wortbruch der Bundesregierung", kommentierte Simon Reimer, Vorsitzender des Speditionsverbandes dieses Vorhaben. Aber auch inhaltlich könne der Verein die Mautausdehnung auf Bundesstraßen nicht nachvollziehen. Ausweichverkehre auf Bundesstraßen seien marginal. Die LKW-Fahrer hätten aufgrund strikter Terminvorgaben und streng überwachter Lenkzeiten gar nicht die Möglichkeit, zeitliche Umwege abseits der Autobahnen zu suchen. Betroffen von der Maut auf Bundesstraßen sei deshalb vor allem der regionale Verkehr. Diese könne man schließlich nur mit dem LKW durchführen.

"Die von der Bundesregierung geplante Erweiterung der LKW-Maut schadet der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland", sagte Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), Frankfurt. Vor dem Hintergrund der zarten Aufschwungseuphorie sei es kontraproduktiv, die Mautpauschale auf vierstreifige Bundesstraßen auszuweiten. Spediteure sehen bereits tausende von Arbeitsplätzen bedroht. "Verlader und Transporteure sind bei allem Verständnis für die Sparpläne der Bundesregierung nicht bereit, weitere Kostensteigerungen zu tragen", betonte Hildebrandt. Zudem sei zu befürchten, dass ein Großteil der Mehreinnahmen für die Mauterhebung und Kontrolltechniken auf den zusätzlichen mautpflichtigen Strecken wieder ausgegeben werden müssten und nicht Infrastrukturinvestitionen zugute kommen.

Die Pläne sind auch bei Spediteuren in Mecklenburg-Vorpommern und bei Verkehrsminister Volker Schlotmann (SPD) auf Kritik gestoßen. Schlotmann sagte dem Sender NDR 1 Radio MV am Donnerstag, er sei davon nicht begeistert. Diese Maut bringe nicht die nötige "Steuerungsfunktion" gegen starken LKW-Lärm etwa auf den belasteten Bundesstraßen 5 und 104. Von der Maut seien auch die Schweriner Umgehungsstraße, der Rügenzubringer zwischen der A 20 und der Insel und die Strecke zwischen Rostock West und Warnemünde betroffen. Dort gebe es mit Lärm jedoch wenig Probleme.

Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) sieht die von der Bundesregierung geplante Ausdehnung der LKW-Maut skeptisch. Es sei nicht sinnvoll, eine solche Maut "pauschal über das Land zu ziehen", sagte Vogelsänger am Donnerstag in Potsdam. Vielmehr müssten regionale Besonderheiten mitberücksichtigt werden. In Brandenburg etwa gebe es nur drei größere Bundesstraßen-Teilstücke von über 20 Kilometern Länge. Der Großteil der Abschnitte sei kürzer und eine Mauterhebung dort vermutlich unwirtschaftlich und möglicherweise auch rechtlich schwer durchzusetzen

Bei den Fuhrunternehmen in Sachsen-Anhalt trifft das Vorhaben Ramsauers auf Widerstand. Der Landesverband des Verkehrsgewerbes Sachsen-Anhalt hat für die Ausweitung der Lastwagen-Maut kein Verständnis, wie Radio Brocken meldete. Demnach gibt es Befürchtungen, dass die Preise von Gütern steigen werden, weil die Spediteure die Kosten umlegen. Es gebe keinen finanziellen Spielraum mehr.

Es gibt auch Befürworter der Maut-Erweiterung

Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) hat sich hingegen für eine Lastwagen-Maut auf vierspurigen Bundesstraßen ausgesprochen. "Das ist ein Schritt, den man gehen sollte", sagte Daehre am Donnerstag. Er betonte, dass die Einnahmen aus einer neuen Maut in den Ausbau der Infrastruktur - zum Beispiel von Ortsumgehungen - fließen müssten. Außerdem seien Regelungen nötig, damit Lastwagen nicht durch Ortschaften fahren, um die Bundesstraßen-Maut zu umgehen. "Das muss verboten werden."

Den Grünen in Sachsen-Anhalt geht das Vorhaben jedoch nicht weit genug. "Die Lkw-Maut muss zukünftig auf allen Straßen erhoben werden", teilte der verkehrspolitische Sprecher Sebastian Striegel mit. Dann werde sich der Verkehr auch nicht auf andere Straßen verlagern.

Auch die Allianz pro Schiene begrüßt die Entscheidung des Verkehrsministers. "Jeder Güterzug zahlt auf jedem Streckenkilometer ganz selbstverständlich Schienenmaut. Die Ausweitung der LKW-Maut auf Bundesstraßen ist deshalb ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Dirk Flege, Geschäftsführer des Bündnisses. Er forderte, dass die Einnahmen aus der Maut wie bisher für Investitionen in die Infrastruktur aller Verkehrsträger eingesetzt werden müssten. (tk/ab)

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