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Stress am Containerterminal Hamburg

11.04.2014 08:00 Uhr
Stress am Containerterminal Hamburg
Am Burchardkai kommt es zu erheblichen Rückstaus
© Foto: Björn Helmke

Container-Trucker in Hamburg durchleben eine schwere Zeit. Probleme an Terminals werden durch Baustellenchaos rund um den Hafen verschärft.

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Am Hamburger Hafen kocht die Stimmung. Sigward Glomb hat auf Facebook die Seite "Hafen Hamburg - Verkehr und Abfertigungssituation" ins Leben gerufen. Außerdem gibt es eine App (siehe Kasten), die die gleichen Informationen liefert. LKW-Fahrer und Unternehmer stellen Fotos, Informationen und Rundschreiben auf die Seite, die sich mit der Situation an den Terminals befassen.

Mehrfach in der Woche berichten genervte LKW-Fahrer von Staus und stundenlangen Wartezeiten. Über die Gründe wissen die Fahrer meist wenig. Sie schimpfen über Abfertigungsstopps wegen Betriebsversammlungen, frühe Schließungszeiten beim Veterinär, angeblich unmotivierte Terminalmitarbeiter und Personalengpässe.

Die Ursachen liegen anderswo: Immer mehr Großschiffe laufen den Hamburger Hafen an. "Durch die steigenden Umschlagmengen pro Großcontainerschiff haben sich 2013 und in den ersten Monaten 2014 verstärkt schwankende Auslastungen bemerkbar gemacht", steht auf der Website des Hafen Hamburg. Das lässt sich belegen: Mehr als 400 Großschiffe mit einer Kapazität von 10.000 und mehr TEU kamen 2013 nach Hamburg - 60 mehr als im Vorjahr. Während der Abfertigung der Riesen herrscht an den Terminals Stress. Das Schiff soll möglichst schnell ent- und beladen werden, um teure Liegezeiten zu sparen. Gleichzeitig wollen die Kunden rasch an die Container - an den Terminals können Staus entstehen.

VERSPÄTETE SCHIFFE STÖREN DIE ABLÄUFE

Das ist Tagesgeschäft. Doch seit Anfang dieses Jahres haben mehrere Unwetter die Fahrpläne der großen Containerlinien durcheinandergebracht. Schiffe laufen mit mehrtägiger Verspätung in Hamburg und den anderen europäischen Häfen ein. "Dadurch haben sich große Mengen an Exportcontainern aufgebaut", sagt HHLA-Sprecher Karl Olaf Petters, denn Speditionen und Verlader lassen die Exportcontainer an die Terminals bringen, obwohl die Schiffe Verspätung haben. Die durchschnittliche Verweildauer eines Containers ist am Burchardkai von vier auf sechseinhalb Tage gestiegen. Das Container-Terminal Altenwerder meldete am 18. März eine Verweildauer von zehn bis zwölf Tagen.

Umschlag- und Lagerflächen sind zu fast 100 Prozent ausgelastet, optimal wären 75 bis 80 Prozent. Die Container können nicht mehr bestmöglich gestapelt werden. Das führt zu längeren Fahrwegen der Van Carrier und zu einer erhöhten Umstapelrate, schreibt Jens Hansen, Geschäftsführer des HHLA-Terminals Burchardkai an die Kunden. Zusätzliche Personalkapazitäten seien bereits aufgezehrt.

Diese Situation wird verschärft durch Baumaßnahmen. Südlich des Hafens ist die A7 auf Höhe von Heimfeld seit Monaten auf zwei Spuren verengt, weil an der Anbindung für die A26 gebaut wird. Seit März wird die Asphaltdecke im Elbtunnel saniert, und von April bis November laufen Sanierungsarbeiten an der Köhlbrandbrücke. "Baustellenkoordination können die Behörden in Hamburg nicht", schimpft ein Betroffener.

CONTAINERTRUCKER SOLLEN ZULAGEN BEKOMMEN

Für die Containertrucker, die auf exakte geplante Rundläufe angewiesen sind, ist das der GAU. Die Margen sind gering. Lange Wartezeiten verträgt die Kalkulation nicht. "Wir haben Verständnis für den Ärger der Trucker. Sie sind das letzte Glied in der Kette", sagt HHLA-Sprecher Petters. Verständnis haben auch die Kunden. Glomb berichtet von wachsender Bereitschaft, den Containertruckern mit Zuschlägen zu helfen. Viele Verlader seien besorgt, dass niemand in den Hafen fahren will.

Wolfgang Weber, Geschäftsführer der EKB Container Logistik, gruselt es davor, dass sich durch die Ausbau- und Sanierungsarbeiten an der A7 die Situation weiter aufschaukelt. "Der Hafen Hamburg könnte in diesem Fall erheblich an Bedeutung verlieren", warnt der Unternehmer.

Glomb bekommt auf seiner Facebookseite Gegenwind von verärgerten Terminalmitarbeitern, die "Stimmungsmache" des in Bremerhaven ansässigen Spediteurs gegen Hamburg vermuten. Glomb weist das weit von sich. "Uns geht es nicht darum, den Hafen schlecht zu machen. Wir leben zum großen Teil von Verkehren im, zum und vom Hafen Hamburg. Aber wir und andere Betreiber von LKW können nur davon leben, wenn es einigermaßen läuft", betont er.

Im Brennpunkt der Kritik steht neben dem Burchardkai auch das HHLA-Terminal Tollerort, wohin einige Schiffe zur Entlastung umgeleitet wurden. Auch das Terminal in Altenwerder taucht auf Facebook auf, ebenso wie Eurogate. Herbe Kritik der Trucker muss das private Leercontainerdepot Progeco einstecken, vor dem es immer wieder zu Staus kommt.

Die Terminalbetreiber wagen keine Prognose, wann sich die Situation normalisiert. Sie müssen einen Teufelskreis durchbrechen: Die Schiffsverspätungen haben zur Exportcontainerflut geführt. Die Containerflut senkt die Umschlaggeschwindigkeit an den Terminals und führt damit wiederum zu weiteren Verzögerungen.

DAMPF MACHEN UND FAHRPLÄNE AUFHOLEN

Im Moment suchen alle Beteiligten nach einem Ausweg. Burchardkai-Geschäftsführer Hansen appelliert an die Kunden, die Exportcontainer erst kurz vor Schiffsankunft anzuliefern. Das hält auch Hans Stapelfeldt, Geschäftsführer des Hamburger Containerspezialisten Stapelfeldt Transport, für sinnvoll. Allerdings müssten dann die Ladeschlüsse bei verspäteten Schiffen auch offiziell verlängert werden. "Es darf nicht passieren, dass wir den Exportcontainer für ein verspätetes Schiff später anliefern und dies als Anlass genommen wird, diesen Container nicht mehr mitzunehmen", sagt Stapelfeldt.

Nach Stapelfeldts Meinung sind auch die Reeder gefordert, beispielsweise durch Erhöhen der Schiffsgeschwindigkeit, die Fahrpläne wieder zu halten. Die Terminals müssten sich fragen, ob genügend Personal zu Verfügung stehe. Der Verein Hamburger Spediteure schreibt an Reedereien und Terminals: "Die Spediteure wollen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und nicht Problemlöser für Dritte spielen."

GEMEINSAM TRAGBARE LÖSUNGEN SUCHEN

Von den Reedereien als Vertragspartner erwarteten die Spediteure, dass sie, und die von ihnen eingesetzten Terminalbetreiber, alles in ihrer Macht stehende unternehmen, damit die von den Spediteuren gebuchten Container pünktlich und ohne zusätzlichen Kostenaufwand verladen werden. Die Spediteure behielten es sich vor, Mehrkosten wie Standgelder und Sonderfahrten einzufordern.

Die Terminals empfehlen hingegen, Container außerhalb der Peakzeiten anzuliefern oder abzuholen. Momentan gibt es neben dem einem Peak in den Morgenstunden vor allem zwischen 13 und 17 Uhr eine Auslastungsspitze, am späten Abend ist es relativ ruhig. Doch diese Abholzeiten machen aus Sicht der meisten Fahrer nur dann Sinn, wenn die Empfänger oder Versender der Container eine Abholung oder Anlieferung außerhalb der Kernzeiten ermöglichen. Das ist bislang eher die Ausnahme.

Stapelfeldt warnt davor, den Schwarzen Peter an die anderen Beteiligten der Containerlogistikkette weiterzugeben. Wichtig sei es, gemeinsam Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten tragfähig sind. Im Gespräch sind in Hamburg ein Truck Appointment System, das durch Zuteilung von Zeitfenstern für eine Abflachung von Auslastungsspitzen sorgen soll.

Weitere Maßnahmen könnten Leercontainerflächen in der Nähe der Terminals sein, um hafeninterne LKW-Umfuhren zu reduzieren. Das LKW-Sonntagfahrverbot für hafeninterne Umfuhren aufzuheben, würde die Situation ebenso entspannen.  Björn Helmke

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