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Test Scania P 310 CNG

01.11.2012 08:00 Uhr
Test Scania P 310 CNG
Vor allem in der City gefällt der Erdgas-Truck aus Södertälje.
© Foto: Felix Jacoby

Auch Scania mischt mit in Sachen Erdgas und legt zur IAA nach. Schon der Erstling P 310 CNG überzeugt.

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Der Dieselpreis hält sich hartnäckig in schwindelnden Höhen, die Margen der Transporteure erreichen entsprechend neue Tiefpunkte. Und die Suche nach Fluchtwegen aus der Dieselfalle nimmt an Intensität zu. "Immer mehr Kunden suchen Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und sind offener als je zuvor für alternative Lösungen", stellt Christian Teichmann, Verkaufsleiter Scania Deutschland, fest.

Die "deutschen Schweden" forcieren daher das Thema Erdgas als "real existierende Alternative". Vorgestellt zur IAA 2010 hat es zwar gedauert, bis die ersten Erdgas-LKW in die Praxis fanden. Doch mittlerweile sind die "Premieren-P" mit emissionsarmem Antrieb ausgeliefert und Scania stellt teils Testfahrzeuge zur Verfügung, wie etwa dem Lebensmittler Meyer Logistik in Berlin (siehe TRUCKER 3/12) oder der Spedition Oestmann, die für VW Teile fährt.

Beide Kunden loben u.a. die unkomplizierte Handhabung im Alltag. Das bestätigt eine städtische Proberunde mit einem beladenen 18-Tonner P 310 CNG. Scania hat das Ziel, einen nach dem Otto-Prinzip laufenden Motor zum "gefühlten Diesel" zu machen, tatsächlich gut umgesetzt. Formal kann der 305 PS starke 9,3-Liter-Fünfzylinder-Motor zwar nicht ganz mit den selbstzündenden Pendants mithalten und muss beim maximalen Drehmoment ein paar Federn lassen. Doch der traditionell drehmomentstarke Scania-Basis-Motor kann sich das leisten. 1250 statt 1400 Nm stehen fast so früh bereit wie beim Diesel-Pendant, sprich ab 1100 statt 1000 Touren. Und das Aggregat behauptet diese Kraft auf einem breiten Plateau bis 1400/ min. Dass der EEV-saubere Erdgas-, in diesem Fall gar Biogas-Scania Mumm in den Knochen hat, bemerkt man vor allem beim Zwischenspurt. Die Elastizität gefällt und geschaltet werden muss wenig.

Eigentlich - denn einen Strich durch die sonst überzeugende Rechnung macht das serienmäßig verbaute Allison-Wandlerautomatik-Getriebe, das kein rechtes Vertrauen in die Kräfte des Otto-Gas-Motors zu haben scheint und gelegentlich etwas zu eifrig eingreift. Immerhin: Die Schaltwechsel gehen Wandlertypisch sanft und fast unmerklich vonstatten.

ZWIESPÄLTIG: WANDLER MACHT UNTYPISCH TRÄGE

Für einen Scania ungewohnt ist auch der trotz schnell ansprechendem kleinen Turbolader (statt VGT im Diesel) eher maue Antritt. Die Sechsgang-Automatik packt den Antriebsstrang wie in Watte und es geht etwas das agile Gefühl verloren, das Scania-Verteiler sonst auszeichnet. Ob die Schweden nach einer eigenen Lösung mit der bekannten und überzeugenden automatisierten Opticruise streben, ist derzeit offen. Ein weiteres Manko, das sich durch die niedrigere Verdichtung beim Otto-Prinzip ergibt: Die Motorbremskraft ist relativ schwach. Dass man beim Testfahrzeug kaum auf die gewohnt kräftigen Betriebsstopper zurückgreifen muss, liegt am für den CNG empfehlenswerten Retarder.

Im Vorteil ist der Otto-Motor gegenüber dem Diesel dann beim Thema Laufgeräusch: Er arbeitet noch ein Stück sanfter als der ohnehin kultivierte Selbstzünder. Vor allem nach außen bleibt der Erdgasantrieb viel diskreter, was bei Verboten in Lieferzonen relevant werden könnte. Für diesen Einsatzbereich ist denn auch die 4x2-Fahrgestellversion mit Kofferaufbau gedacht, die mit ihren acht Tanks - je vier auf einer Seite - mindestens 200 Kilometer, in der Praxis bei Meyer sogar bis zu 400 Kilometer, weit reichen soll. Steht die Nadel im gewohnten Display auf null, sind noch 10 bar Restdruck vorhanden, und man kann sich an die nächste Gaszapfsäule retten. Die stellt dann hoffentlich auch volle 200 bar zur Verfügung. Während die aufwändig konstruierten Hochdruck-Tanks große Gewichtsnachteile einbringen, setzt Scania auf Komposit-Carbon-Behälter, die 400 Kilo leichter sein sollen als Stahl.

Mit dem P 310 CNG kann der Fahrer jedenfalls gut Gas geben - und guten Gewissens. Mit Biogas (CBG) aus Reststoffen, in diesem Fall vom Leipziger Anbieter Verbio, soll der CO2-Ausstoß um bis zu 70 Prozent sinken. Auch die Anpassung an die Euro-6-Norm fällt mit Erdgas-LKW leichter. Bisher ist das Interesse an Gas-Lösungen bei Scania groß und es wird kundenseitig viel diskutiert. Allerdings macht sich das noch nicht in Verkaufszahlen bemerkbar, wie Scania-Verkäufer Frank Reinartz leise beklagt. Zur IAA wollen die Schweden aber noch einmal nachlegen. Mit einer Erdgas-Lösung, die "das Thema Gas für einen größeren Kundenkreis interessant machen wird", wie Reinartz ankündigt. JR

Interview

"Schon heute eine alltagstaugliche Alternative"

Frank Reinartz, Scania, Verkauf LKW, glaubt, dass der Erdgas-Antrieb eine wichtige Alternative ist - vor allem im Nahverkehr.

Andere Hersteller reden über Hybrid, bei Scania ist es recht ruhig dazu. Ist Erdgas die bessere "Alternative" zum Diesel?

Frank Reinartz: Erdgas ist eine von mehreren Alternativen. Wichtig ist, die Transportaufgabe des Kunden zu analysieren. Nicht in jedem Fall ist der Einsatz von Erdgasfahrzeugen sinnvoll. Vorteilhaft ist die fast flächendeckende Verfügbarkeit von CNG sowie die Möglichkeit einer starken CO2-Reduzierung durch Biogas. Wenn das Ziel ist, CO2 zu reduzieren, ist auch Biodiesel eine Lösung. Alle Scania-Motoren lassen sich mit 100 Prozent Biodiesel fahren. Unsere Kunden fordern bereits heute alltagstaugliche Alternativen - etwa Erdgas.

Wie beurteilen Sie das Potenzial von Erdgas über den Verteiler-Verkehr hinaus?

Bei erdgasbetriebenen Nutzfahrzeugen liegt der Fokus klar im Bereich des innerstädtischen und regionalen Verteilerverkehrs. Darin sind Anwendungen wie etwa Abfallsammelfahrzeuge eingeschlossen. Bei diesen Einsätzen kommen die Vorteile des Erdgasmotors, geringe Schadstoff- und Geräuschemissionen, am besten zur Geltung. Für den Einsatz im Fernverkehr wird auch in den nächsten Jahren kein Weg an der Effizienz eines Dieselmotors vorbeiführen.

Halten Sie die LNG-Technik für praktikabel?

Die LNG-Technik, also die Verflüssigung des Gases durch Tiefkühlung, hat den Vorteil, dass bei gleichem Tankvolumen deutlich höhere Reichweite möglich ist. Allerdings müssen die Fahrzeuge für den Einsatz von LNG mit aufwändig isolierten Spezialtanks ausgestattet werden. Zudem gibt es heute keine Tankstelleninfrastruktur. Für den Einsatz im Nah- und Verteilerverkehr bringt die LNG-Technik derzeit keine Vorteile.

Wie viel Nutzlast bringen die Komposit-Tanks und was verliert man durch den Retarder?

Neben einem Nutzlastvorteil von 400 Kilogramm im Vergleich zu volumengleichen CNG-Tanks aus Stahl bieten die Komposit-Tanks auch eine deutlich höhere Lebensdauer von bis zu 20 Jahren. Stahltanks müssen aufgrund der Materialermüdung in der Regel nach zirka sechs Jahren ersetzt werden. Dies erklärt auch die Mehrkosten des erdgasbetriebenen Fahrzeugs in Höhe von insgesamt zirka 30.000 Euro. Der empfehlenswerte Retarder bleibt mit einem Mehrgewicht von zirka 50 Kilo in einem überschaubaren Rahmen.

Planen Sie einen CNG-Scania mit Opticruise statt Allison?

Die Kombination von Wandlerautomatik und Gas-Motor (Ottomotor) ist für den Einsatz im Nah- und Verteilerverkehr aus unserer Sicht ideal. Das Fahrzeug fährt sich komfortabel und der Wandler erhöht das Motordrehmoment beim Anfahren. Zurzeit gibt es keine Pläne für andere Getriebevarianten.

Wie kann Erdgas noch mehr Anklang bei NFZ-Kunden finden?

Fahrzeuge mit Erdgasantrieb sind eine Antwort auf steigende Dieselpreise. Die Technik ist absolut alltagstauglich und bei Scania bereits heute ab Werk verfügbar. Natürlich ist die Verbreitung dieser Fahrzeuge auch von äußeren Umständen, wie gesetzlichen Regelungen, Subventionen sowie der Entwicklung der Kraftstoffpreise abhängig. Die steigende Nachfrage sowie das Feedback von Kunden, die bereits Erdgas-Fahrzeuge einsetzen, bestätigen uns, dass es im Markt Be-

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