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Volvo "innovation days: "i" wie innovativ

12.11.2015 08:00 Uhr
Volvo "innovation days: "i" wie innovativ
Mehr kann keiner: FH mit Dynamic Steering, Einzelradaufhängung und Doppelkupplung
© Foto: Gregor Soller

Auf den "Innovation days" präsentierte Volvo zahlreiche Neuheiten.

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Nicht weniger als 32 Lkw fuhr Volvo zu den "Innovation days" auf, darunter einen 540er-FH 13 als "Pizza mit allem". Heißt: Doppelkupplungsgetriebe, Dynamic Steering, Einzelradaufhängung und Retarder, sowie Kollisionswarner samt Notbremsassistent - kurzum ein Fahrertraum, der so ausgestattet allerdings nicht ganz billig ist. Die Frage ist jetzt: Welche dieser "Beläge" sind nützlich, welche kann man sich sparen?

Keine Diskussion gibt es bei den Sicherheitshelfern, die man ebenfalls testen konnte, respektive musste. Man rauscht mit 45 km/h auf ein stehendes Hindernis (einen luftgefüllten Volvo-V50-Pkw-Dummy) und macht: Nichts! Vier Sekunden vor dem zu erwartenden Einschlag warnt der FH mit einem Leuchtsignal im Headup-Display, das dann zu einem Blinken wird. Drei Sekunden vorher ertönt ein Warnsignal, zwei Sekunden vorher erfolgt eine kräftige Vorbremsung (rund 40 Prozent Druckeinsteuerung) und erst in der letzten Sekunde vor dem vermeintlichen Crash bremst der FH abrupt bis zum Stillstand. Warum so spät? Weil das Fahrzeug laut Gesetz nur in dieser einen Sekunde "autonom" bewegt werden darf, vorher muss es der Fahrer immer übersteuern können - in dieser letzten Sekunde kann er das nicht mehr.

IN SACHEN SICHERHEIT DARF ES DEFINITIV KEINE KOMPROMISSE GEBEN

Doch solange der Kollege am Lenkrad dreht oder Gas oder Bremse antippt, wähnt der FH den Fahrer in Kontrolle und verkneift sich solche Notbremsungen. So oder so können Einschläge verhindert respektive die Unfallschwere reduziert werden. Auch wenn das System sich auf der breiten Demo-Teerfläche in Einzelfällen schwer tat und dem Dummy einmal einen kleinen Schubs verpasste. Ähnliches kennt man übrigens von Vorführungen anderer Hersteller - Kamera und vor allem Radar werden auch in Zukunft vor allem bei stehenden Hindernissen niemals 100 Prozent genaueste Regelpräzision erreichen. Nach ersten Rückmeldungen der Volvo-Ingenieure hat die Verlegung des Radarsensors in die Mitte des unteren Lüftungsgitters die Regelgenauigkeit aber wieder spürbar erhöht.

Auch die bereits seit längerem angebotene Impuls-Streckbremse für Anhänger, die bis 40 km/h wirkt, erleichtert das Handling enorm und hilft zuverlässig, den "Klappmessereffekt" bei Anhängerzügen zu vermeiden. Die muss man per Zug am Dauerbremshebel aktivieren. Dann steuert das System wie vom Gesetz vorgeschrieben den Bremsdruck zwar an allen Rädern des Zuges gleichzeitig ein, regelt ihn beim Trailer aber von hinten nach vorn höher, was den Gesamtzug wieder in Stabilität bringt. Oder, wie es Fahrsicherheitstrainer Steffen Oppel formuliert: "Aus Instabilität machst Du keinen Richtungswechsel mehr". Ab Kalenderwoche 49/2015 soll das ESP-erweiternde System deshalb auch für Sattelzugmaschinen angeboten werden, was eine absolut konsequente und richtige Entscheidung ist.

IN DEN SERPENTINEN DES KYFFHÄUSER GAB ES MOTORRADFEELING IM LKW!

Anschließend ging es auf eine Thüringen-Rundfahrt über Serpentinen hinauf auf den Kyffhäuser. Dort möchte man auf nichts verzichten: Die Doppelkupplung schaltet prinzipbedingt nur zwischen sechs und sieben "regulär", was bei I-Shift einen kleinen Schaltruck bedeutet. Sonst spürt man von den Gangwechseln: Nichts. Praktisch ohne Zugkraftunterbrechung schnürt der FH 540 den Kyffhäuser hoch. Schade, dass Volvo ob des Pkw-artigen Fahrverhaltens die Strecke für diese Demo für den Gegenverkehr nicht sperren ließ, dann hätte man vor allem mit dem einzelradaufgehängten 750er noch schneller "hochfliegen" können.

Fazit eins: Hat man I-Shift Dual Clutch einmal in bergigem Geläuf oder auf anspruchsvolleren Landstraßenetappen gefahren, will man es nicht mehr missen!

Und Dynamic Steering? Es sorgt für Pkwartiges Handling und erleichtert dem Fahrer auch das Rangieren auf dem Hof ganz enorm. Fazit zwei: Sollte dafür auch noch Geld übrig sein, würden wir das ebenfalls ankreuzen.

Etwas differenzierter muss man das bei der Einzelradaufhängung samt Zahnstangenlenkung betrachten. Sie wiegt je nach Vorderachsfederung 50 bis 120 Kilo mehr als die kugelumlaufgelenkte Starrachse und lässt sich eigentlich nur von Profis in vollem Umfang "erfahren". Außerdem reagiert das System empfindlich auf (zu) hohen Luftdruck. Bläst man die Reifen so gut auf, wie Volvo das beim Vorführer tat, reagiert die Einzelradaufhängung genauso grob auf Unebenheiten und Querfugen wie die Starrachse. Zusammen mit Dynamic Steering kann sich diese Kombination auch etwas rückmeldungsarm geben - Freunde einer straffen Lenkung dürften damit weniger glücklich werden. Auch auf Standardautobahnen und -Landstraßen dürften nur Fahrwerksfetischisten den kleinen, aber feinen Unterschied der Einzelradaufhängung samt Zahnstangenlenkung herausfahren. Beides ist jetzt übrigens auch im FH 16 verfügbar und sorgte dort nach einem Abgleich mit dem FH 13 ebenfalls für feines Pkw-artiges Fahrverhalten. Dort hilft sie zusätzlich etwas, den schweren Motor gut zu kaschieren.

Fazit drei: Volvo hat die einstige Schwachstelle Starrachse samt Kugelumlauflenkung so stark verbessert, dass die Einzelradaufhängung mit Zahnstange nur noch eine vergleichsweise kleine, aber feine Nuance oben drauf packen kann.

DEN FH 800 SIEHT VOLVO EHER ALS DEN HYDRAULISCHEN VORDERRADANTRIEB

Doch auch bei den Baufahrzeugen hat Volvo massiv nachgelegt: Neben einem (noch nicht aufgebauten) FH mit Baustoßfänger und liftbarer Antriebsachse fuhr Volvo einen FMX 8x6 mit automatischem Allrad und Bauluftfederung auf. Den stellten wir gleich mal in einen Hang, wo die Hinterräder allein antriebsseitig bald überfordert waren. Der per Tastendruck scharf geschaltete "Allrad" holt sich beim ersten Schlupf an den Hinterhufen binnen einer halben Sekunde via Klauenkupplung die erste Achse dazu.

Dabei sperrt er auch längs zwischen den beiden Hinterachsen. In einem tiefen Kiesbett nützt ihm das allerdings auch nichts mehr: Dafür gibt es eine zweite Taste, die dann alle verfügbaren Sperren längs und quer hinzuholt und den festgefahrenen FMX flockig aus seinem Schotterbad steigen lässt. Prinzipiell ist man so für die meisten Eventualitäten gerüstet. Weniger gefallen haben daran nur die Kippschalter, die noch dazu mit Sperren gesichert sind. Hier wäre ein Drehschalter einfach besser bedienbar.

Geht man vom Gas, koppelt der FMX die Vorderachse wieder ab, bis die hinteren Radsensoren wieder Schlupf melden. In der Praxis funktioniert das ganze sehr geschmeidig und unmerklich. Geschmeidiger federn dürften die Allradler auch, wenn man sie an den Hinterhufen mit der Bauluftfederung ordert, die bislang den Hecktrieblern vorbehalten war.

Dynamic Steering gibt es jetzt (wie bei Daimler) auch für zwei gelenkte Vorderachsen, was das Manövrieren in der Grube erheblich erleichtert. Umso mehr, wenn man innerbetrieblich mit Überlast auf schweren Böden unterwegs sein sollte. Würden wir folglich auf jeden Fall ankreuzen!

Doch auch der FH wird zunehmend fit gemacht für Aufgaben abseits der Straße, zumal vor allem die Holzbranche wenig Lust auf das "Baustellenauto" FMX hat. Für den FH gibt es jetzt auch eine solide, dreiteilige Baustoßstange aus Drei-Millimeter-Blech samt Verkleidung der Ölwanne. Die steht 14 Zentimeter über. Ebenfalls neu ist die liftbare hintere Antriebsachse, die vor allem die 6x4-Sattelkundschaft sich schon länger gewünscht hat.

Zugeknöpft gibt sich Volvo in Sachen hydraulischem Vorderradantrieb. Der wird nach wie vor extern nachgerüstet: Im Fall eines FH-750er-Holzzuges per Poclain-Pumpe samt Poclain-Radnabenmotoren, das ganze kombiniert mit Terberg-Komponenten. Während der deutsche Markt mittlerweile darauf pocht, sieht man in Skandinavien keinen Bedarf. Dafür umso mehr für noch mehr Leistung: Man will abwarten, was Scania demnächst anbieten wird, um das dann zu überbieten. Könnte also sein, dass der FH 800 schon auf der IAA 2016 steht.

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