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Bau Spezial: Tatra T 158 Phoenix

28.03.2013 08:00 Uhr
Bau Spezial: Tatra T 158 Phoenix
Fliegt aus der Grube: Tatra T 158 Phoenix
© Foto: Gregor Soller

TRUCKER fuhr den neuen Tatra T 158 Phoenix auf der Testrunde: stark offroad, gar nicht übel onroad.

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Der Radladerfahrer winkt zwar noch wild, doch es ist schon zu spät: Die hinterste Achse des Tatra Phoenix steht bereits komplett unter Wasser, die Achse davor immerhin bis zur Nabe: Die vermeintliche Pfütze erweist sich als tiefe Grube und droht den Tatra zu verschlingen, wie einst das Nordmeer die Titanic.

Doch anders als beim Ozeanriesen genügt hier ein Tritt aufs Gaspedal und der Phoenix 8x8, der offiziell die sperrige Bezeichnung T158-8P5R44.231 trägt, erhebt sich aus der vermeintlich hoffnungslosen Lage. Der Zentralrohrrahmen sorgt dafür, dass praktisch alle Räder ständig die Bodenhaftung behalten. Dann kann der Phoenix immer noch o-beinig daherkommen: Es finden immer sechs bis acht Reifen genügend Grip, um den Tschechen wieder aus dem Schlamm zu ziehen. Notfalls muss man eben noch eine Hinterachse sperren.

Da die Kabine höher sitzt als beim Spenderfahrzeug DAF CF, steigen auch die Rampenwinkel. Durch die Flexibilität der Achsschenkel erübrigt sich das letzte Quäntchen Verwindung im Rahmen, der um das Tatra-Fahrwerk "aufgedoppelt" wurde. Dadurch kann der Hilfsrahmen für diesen Kipper, der von Meiller direkt an Tatra geliefert wird, entfallen. Dabei waren die Münchener laut Meiller-Key Account Manager Christian Höhns erstaunt über die Aufbaukompetenz der Tschechen, die die Vormontage samt Kippwelle selbst übernehmen und von Meiller nur die Mulde mit Anschlüssen geliefert bekommen. Da die Münchener ihre Kipper ohnehin im tschechischen Slnay schweißen und beschichten, erleichtert das das "Einrechnungsauto" für Tatra erheblich.

FÜR EINEN 8X8 IST DER TATRA RELATIV LEICHT

Der Vorführer wiegt leer gut 16 Tonnen. Damit übertrifft er den ähnlich konfigurierten DAF CF 460 FAD-8x4-Vierachser in der Version für Italien (mit Halfpipe, ausgelegt für 40 Tonnen Gesamtgewicht) um eine gute Tonne, unterbietet einen Actros (MP3) 4144 8x8 aber um rund 500 Kilo.

Nachdem sich Phoenix in der Grube ausgetobt hatte, musste er auf die Kippertestrunde des TRU-CKER, die je zur Hälfte aus Landstraße und Autobahn besteht. Da fährt sich der 8x8 aus Koprivnice ganz anders als sein "Organspender" aus Eindhoven. Zwar brummt der Paccar MX-Motor so sonor wie im CF, und auch das Überdruckventil zischt wie gewohnt bei jedem Gangwechsel. Aber durch den Rohrrahmen scheinen die Räder immer alle am Boden zu kleben. Zusammen mit der angenehmen Federung sorgt das für ein etwas entkoppeltes, dennoch erstaunlich exaktes Fahrverhalten. Selbst grobe Löcher dringen nicht bis ins Lenkrad durch. Die Unterschiede zwischen beladen und unbeladen fallen beim Phoenix ebenfalls weniger ins Gewicht als bei einem blattgefederten Standard-8x4.

DIE LENKUNG FORDERT BEHERZTE ZUPACKER

Trotzdem ist der Fahrer gefordert. Weil die Lenkung auch grobe Steinbrocken tolerieren muss, ist sie entsprechend indirekt ausgelegt: Mit sechs(!)Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag und relativer Schwergängigkeit muss man in Kreisverkehren oder an engen 90-Grad-Abzweigen verdammt fleißig kurbeln, um den Phoenix auf gewünschtem Kurs zu halten. Dafür entfällt das bei anderen Vierachsern teils nervige Vibrieren der Servopumpe zum Großteil. Bei Bedarf kann man den Tschechen auch ziemlich exakt an Kanten stellen; die Räder ändern ihre Richtung trotz heftigem Gekurbel nur millimeterweise.

Daraus ergibt sich das Paradoxon, dass sich der Phoenix trotz seiner indirekten Lenkung und des weitestgehend autark arbeitenden Fahrwerks für einen Vierachser extrem exakt fahren lässt. Und das, obwohl man hier deutlich höher sitzt als im DAF CF.

Nach wie vor viel Einfühlungsvermögen verlangen die unexakt zu dosierenden Bremsen. Auch nach längerer Eingewöhnung tut man sich beim alltäglichen "Anbremsen" an Ampeln schwer, den richtigen Druck aufs (noch) stehende DAF-Pedal zu geben: Die Trommeln rundum reagieren prinzipiell erstmal ignorant, um dann plötzlich kräftig zuzupacken.

IM SECHZEHNTEN GANG DURCH DIE ORTSCHAFT

Dass befestigte Straßen definitiv nicht sein bevorzugtes Revier sind, zeigt der Tscheche auch im Drehzahlmesser an: Bei Tempo 80 km/h verlässt er den grünen Bereich und auf der Autobahn "fliegt" Phoenix dann permanent in gelb gekennzeichneten, eher unwirtschaftlichen Drehzahlhöhen. Dafür kann man auch im Ort immer den größten Gang stehenlassen und bringt im Ersten schon ohne Untersetzung richtig viel Kraft an die Räder. Über Standgas kann man den Tatra herrlich langsam kriechen lassen.

Die Wartungs- und Servicepunkte entsprechen weitgehend dem DAF CF. Bis auf den Birnentausch beim Scheinwerfer kommt man an alle Stellen gut heran. Das gilt auch für das Tatra-Fahrwerk, das für viel Bodenfreiheit sorgt und gleichzeitig von oben und unten gut zugänglich ist. Um Kühler oder die Ölwanne braucht man sich auch ohne ein Schutzblech darunter nicht zu sorgen: Die thronen wegen des Zentralrohrrahmens gefühlt da, wo im DAF CF der Fahrer sitzt.

Das baldige DAF-Facelift wird Tatra mitmachen: Ab August 2013 könnten die ersten Euro-6-Phoenix fliegen, was ein Zuwachs an Händlern noch beflügeln würde.

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