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Beleidigungen und ihre Folgen

07.11.2018 08:00 Uhr
Beleidigungen und ihre Folgen
Von Beleidigungen sollte man sich nicht provozieren lassen und sie auch selbst unterlassen
© Foto: Bodo Marks/picture-alliance

Schreien, schimpfen, beleidigen: Verbale Entgleisungen oder verletzende Gesten können Fahrer teuer zu stehen kommen - bis hin zum Fahrverbot.

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Die Vorfahrt genommen, viel zu knapp vor einem eingeschert, zu dicht aufgefahren: Da verliert so mancher Fahrer - ob Lkw oder Pkw - schon einmal die Nerven. Das Stresspotenzial im Straßenverkehr steigt mit der Anzahl der Fahrzeuge und der Häufigkeit von Staus und Unfällen. Gefühlt wird auch die Rücksichtslosigkeit untereinander immer größer. Vielen scheinet Paragraf 1 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung entfallen zu sein. Der besagt: "Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht." Doch vermeintlich harmlose Konflikte oder Missverständnisse zwischen Verkehrsteilnehmern eskalieren bisweilen derart, dass letztlich die Polizei dafür sorgen muss, dass die gute Kinderstube nicht ganz auf der Strecke bleibt.

Doch Vorsicht: Beleidigende Gesten und Worte, mit denen sich mancher im Straßenverkehr Luft verschafft, sind kein Kavaliersdelikt. Wer einen anderen beleidigt, absichtlich kränkt oder sich verächtlich äußert, begeht eine Straftat, die mit einer Geld- und sogar mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann (Paragraf 185 Strafgesetzbuch). Der ADAC hat kürzlich über typische Beispiele von Beleidigungen und deren möglichen Auswirkungen informiert beziehungsweise gewarnt. Wer etwa anderen Verkehrsteilnehmern die Zunge herausstreckt oder ihnen "Leck mich" zuruft, kommt noch einigermaßen glimpflich davon. In beiden Fällen droht erfahrungsgemäß ein Bußgeld bis zu 300 Euro, wenn die Ordnungshüter davon Wind bekommen. Andere Ausraster am Steuer können zu deutlich empfindlicheren Strafen führen.

BIS ZU MEHRERE TAUSEND EURO BUSSGELD KÖNNEN DROHEN

Ein fester Strafenkatalog für Beleidigungen im Straßenverkehr existiert zwar nicht. Allerdings gibt es Durchschnittswerte aus der Praxis. Geldstrafen werden im Strafrecht mit Tagessätzen bemessen, die sich am Verdienst des Beschuldigten orientieren. Ein Tagessatz ist üblicherweise der 30. Teil eines Monatsnettogehalts (Beispiel: 60 Euro bei 1800 Euro Nettogehalt). Je schwerwiegender der Schuldvorwurf, desto höher die Zahl der Tagessätze. In der Regel werden für eine Beleidigung zwischen 20 und 30 Tagessätze verhängt, im Beispiel oben wäre das fast ein ganzer Monatslohn. Als Tageshöchstsatz gelten in Deutschland 30.000 Euro.

Eine der häufigsten kränkenden Gesten auf deutschen Straßen ist der gestreckte Mittelfinger. Für den wurden schon Geldstrafen in Höhe zwischen 600 und 4000 Euro verhängt. Zeigt ein empörter Autofahrer dem anderen einen Vogel, kostet ihn das 750 Euro. Der "Scheibenwischer" (mit flacher Hand vor der Stirn wischen) liegt zwischen 350 und 1000 Euro.

Bei verbalen Entgleisungen wird es meist teurer: Für derbe Beschimpfungen wie "fieses Miststück" oder "alte Sau" können Geldstrafen von 2500 Euro fällig werden. In anderen Fällen kosteten Kraftausdrücke wie "blöde Kuh", "Arschloch" oder "Wichser" jeweils 1000 Euro, nennt der ADAC Beispiele. Es komme vor, dass derselbe Begriff andernorts milder bestraft wird. So gab es für die "dumme Kuh" auch schon Bußgelder zwischen 300 und 600 Euro. Mitunter werden mehrere Begriffe zusammengefasst: Bei einem Streit zwischen einem Pkw- und einem Lkw-Fahrer, der mit Schimpfwörtern wie "Hurensohn", "Bastard" und "Hurenbock" einherging, wurden insgesamt 1600 Euro fällig.

ZURÜCKHALTUNG BEIM UMGANG MIT EINEM POLIZISTEN

Besonders streng verfolgen die Behörden herabsetzende Äußerungen gegenüber Polizisten. Denn die Beamtenbeleidigung trifft ja nicht nur die Person, sondern einen Vertreter des Staates. Deshalb erstattet der Ordnungshüter meist gemeinsam mit seinem Dienstvorgesetzten Anzeige. Bei einer Verurteilung kann das teuer werden. Wie viel dafür fällig wird, entscheiden die Gerichte im Einzelfall. Selbst ein im Eifer des Gefechts herausgerutschtes "Du" gegenüber einem Polizisten kann zu mehreren Hundert Euro Strafe führen, warnt die Versicherungsgruppe Ergo Group.

Verbale Entgleisungen gegenüber Polizisten wie "Kasperleverein" können ebenfalls teuer werden. Wer so etwas sagt, ist schon mal 1000 Euro los. Ex-Fußballprofi Stefan Effenberg hat vor einigen Jahren tiefer in die Tasche greifen müssen: Ein "Arschloch", das einem Polizeibeamten galt, habe ihn 10.000 Euro gekostet.

Vorsicht ist auch bei indirekten Beleidigungen gegenüber Ordnungshütern geboten: So wurden für den Satz "Am liebsten würde ich Arschloch zu dir sagen" in einem Fall 1600 Euro fällig. Selbst bei Aufklebern am Fahrzeug sollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Von einem Sticker mit der Beschriftung "Fick dich, Zettelpuppe" fühlte sich eine Politesse beleidigt. Der Besitzer musste 600 Euro Strafe zahlen.

Bei Berufskraftfahrern hat aggressives Verhalten im Straßenverkehr vereinzelt sogar negative Folgen für deren Chefs und könnte so den Arbeitsplatz gefährden. Zum Beispiel dann, wenn Tätlichkeiten wie Schubsen oder Spucken dazukommen. Wird ein Trucker derart handgreiflich, drohen (evtl. auch dem Chef) bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Kritisch für Güterverkehrsunternehmer sind auch Nötigungen wie bewusstes und zu dichtes Auffahren, plötzliches wiederholtes Linksausscheren sowie andauerndes Hupen oder Aufblenden auf den Vordermann. Eine Beleidigung plus Nötigung kostete in einem bekannten Fall 1600 Euro plus einen Monat Fahrverbot - ein Fahrverbot kann ein Richter bei einer Verurteilung wegen einer Beleidigung als Nebenstrafe aussprechen.

MANCHES GEHT ALS FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG DURCH

Doch nicht jede unfreundliche Meinungsäußerung ist strafbar: In manchen Fällen kamen Beklagte auch mit Begriffen wie "Wegelagerer", "Oberförster" oder auch "komischer Vogel" gegenüber Polizisten ohne Bußgeld davon. In einem anderen Fall blieb die Aussage "Das ist doch Korinthenkackerei" (ein Gemeindebeamter vergab einen Strafzettel) ohne Folge. Der Richter berief sich bei seinem Freispruch auf das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Wer im Ausland fährt, sollte besonders sparsam mit bestimmten Gesten seien. Der Mittelfinger zählt überall als grobe Beleidung, betont die Ergo Group, aber auch zum Beispiel der "Tramper-Daumen" gilt in Ländern wie der Türkei oder Nordafrika als Beschimpfung. Den Daumen auf und ab zu bewegen, das sollten Sie in vielen Mittelmeerländern ganz sein lassen, es gilt als obszöne Beleidigung.

Punkte in Flensburg gibt es für Ausraster seit 2014 nicht mehr, aber die Ergo Group weist darauf hin, dass Gerichte zusätzlich zur Hauptstrafe noch ein zeitweiliges Fahrverbot aussprechen können. Wer übrigens selbst beschimpft wird, eine Anzeige erstattet, aber bei dem Streit ebenso fleißig ausgeteilt hat, kann sich das Verfahren sparen. Beschimpfen sich zwei Verkehrsteilnehmer im selben Konflikt gegenseitig, können Gerichte das gegeneinander aufwiegen - und beide Seiten freisprechen.

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