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Der Weg aus dem Dunkeln

07.01.2019 08:00 Uhr
Der Weg aus dem Dunkeln
Ein Durchhänger oder eine depressive Phase? Der Hausarzt hilft weiter
© Foto: chalabala/stock.adobe.com

Jeder kennt Zeiten, in denen er missmutig und antriebslos ist. Mündet das jedoch in eine längere depressive Phase, ist dies eine ernste Erkrankung. Aber wie so oft: Auch dagegen ist ein Kraut gewachsen.

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Über psychische Störungen wissen die meisten von uns nicht allzu viel. Welche Gefühlsregungen und welches Verhalten ist normal, was ist eine Störung, und wo liegen die Ursachen? Für Betroffene ist es schwer, über ihre Krankheit zu sprechen, sie ziehen sich zurück. Insbesondere Männern fällt hier ein veraltetes Rollenbild auf die Füße, das da heißt: Zähne zusammenbeißen, ganz egal, ob bei körperlichen oder seelischen Blessuren. Umso größer die Aufmerksamkeit, wenn Prominente wie der Skispringer Sven Hannawald oder der Fußballspieler Sebastian Deisler über ihre Depression berichten.

Fakt ist: Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter einer psychischen (seelischen) Störung. Sie ist heute der zweithäufigste Grund für Fehltage am Arbeitsplatz - gleich nach den Erkrankungen des Bewegungsapparates (wie Bandscheibenvorfall) und vor denen des Atmungssystems (zum Beispiel Erkältung). Die durchschnittliche Erkrankungsdauer ist jedoch im Vergleich dreimal so hoch. Laut Gesundheitsreport 2018 der Techniker Krankenkasse fallen besonders die Männer wegen psychischer Störungen besonders lange aus, nämlich 44 Arbeitstage pro Jahr und Fall. Seelische Erkrankungen sind außerdem der häufigste Grund für eine Frühberentung, berichtet die Deutsche Rentenversicherung. Und das meist schon in sehr frühem Lebensalter.

WELCHE PSYCHISCHEN ERKRANKUNGEN GIBT ES?

Welche seelischen Störungen und Erkrankungen unterschieden werden, das bestimmt der internationale ICD-10-Katalog der Weltgesundheitsorganisation WHO. Jede Krankheit ist mitsamt ihren Symptomen beschrieben und hat eine Schlüsselzahl. Diesen Code schreibt der Arzt auf die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung.

Zu den häufigen psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen zählen Demenz, Belastungsstörungen nach einem Trauma wie Unfall oder Überfall, Suchterkrankungen oder Panikstörungen. Nicht eigens aufgeführt im ICD-10-Katalog ist der Burnout, das chronische Erschöpfungssyndrom. Er wird oft auf nicht mehr handhabbare Belastungen am Arbeitsplatz zurückgeführt: zu hohe Anforderungen, wenig Anerkennung, keine Handlungsfreiheit, Zeit- und Erfolgsdruck, schlechtes Management. Oftmals werden diese Menschen aufgerieben zwischen den Belastungen im Job und den Anforderungen als Privatmensch.

Gründe für eine seelische Erkrankung können auch Vererbung, der Verlust des Arbeitsplatzes, Überschuldung, körperliche Erkrankungen, Trennung und Verluste in der Kindheit oder Scheidung sein.

JEDER FÜNFTE ERLEBT EINE DEPRESSIVE EPISODE

Die "depressive Episode" ist ebenfalls eine seelische Erkrankung. Jeder Fünfte (18 %) steckt nach Angaben der Bundespsychotherapeutenkammer BPTK im Lauf seines Lebens einmal in so einer Phase. Es geht hierbei nicht um ein paar "schlechte Tage", auch nicht um eine echte Trauerphase. Die Hauptsymptome einer depressiven Episode sind laut ICD-10-Katalog:

- Niedergeschlagenheit, depressive Stimmung (keine Trauer),

- Verlust der Interessen, Freudlosigkeit,

- Antriebslosigkeit/Überwindung, die Dinge des täglichen Lebens zu erledigen.

Diese Merkmale äußern sich vielfältig: Manche Betroffenen beschreiben eine zunehmende Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Andere eine "innere Leere", eine Art Gefühllosigkeit, sie können sich nicht mehr freuen. Manche leiden unter Versagensängsten, sie trauen sich nichts mehr zu oder fühlen sich wertlos. Zukunfts- und andere Ängste befallen sie.

LUSTLOSIGKEIT UND MANGELNDE ENERGIE PRÄGEN DEN ALLTAG

Typisch ist, dass sich die Betroffenen zu allem zwingen müssen, schreibt das Informationsportal "Neurologen und Psychiater im Netz". Anfangs nur zu aufwendigeren und ungeliebten, später auch zu leichteren und angenehmen Tätigkeiten. Sie verfolgen keine Ziele mehr, vernachlässigen Familie und Beruf und sogar alltägliche Verrichtungen wie die Hygiene oder Essen.

Weitere, teils körperliche Symptome können die Depression begleiten: ständige Müdigkeit, Verlust der Konzentrationsfähigkeit, Schlafstörungen, Ruhelosigkeit, Appetitmangel, Verlust des sexuellen Interesses. Die Störungen treten in verschiedenen Ausprägungen und Kombinationen auf. Sind es mindestens zwei Haupt- und zwei Zusatzsymptome, und das über einen längeren Zeitraum als 14 Tage, spricht der Arzt von einer "leichten depressiven Episode", sind es mehr Symptome, lautet die Diagnose "mittelgradig" oder "schwer".

WIE WIRD EINE SOLCHE STÖRUNG BEHANDELT?

Tatsächlich kann eine depressive Episode von alleine abklingen. Das zieht sich laut BPTK allerdings im Schnitt sechs bis acht Monate lang hin. Wer alleine damit klarkommen will, befindet sich schnell in einem Teufelskreis, warnen die Neurologen und Psychiater im Netz. Denn die Symptome belasteten nicht nur den Patienten, sondern auch die Familie, Freunde und Kollegen am Arbeitsplatz. Zu den "gefühlten" kommen reale Probleme. Dennoch nehmen viele die Symptome nicht als psychische Störung wahr, sondern verdrängen sie und ziehen sich zurück. Die Gefahr steigt, zu Tabletten wie Stimmungsaufhellern zu greifen, zu Drogen oder zu Alkohol, berichtet das Ärzteportal. Zudem erhöht sich das Risiko, dass eine solche Phase erneut auftritt.

Sobald aber jemand in einer depressiven Phase ärztliche Hilfe bekommt, ist der erste Schritt zur Heilung getan. Heute gibt es viele sehr gute Therapiemöglichkeiten, die auf den Patienten zugeschnitten werden. Mit deren Hilfe lässt sich der Verlauf auf sechs bis acht Wochen verkürzen.

EINE THERAPIE BEGINNT IMMER MIT EINEM INTENSIVEN GESPRÄCH

Ein vertrauliches Gespräch mit dem Arzt setzt den Beginn der Therapie. Gemeinsam wird nach der Ursache gesucht, danach geschaut, welchen Belastungen der Patient gerade ausgesetzt ist oder war. Auch prüft der Arzt, ob eine körperliche Vorerkrankung oder akute Erkrankung (z. B. Hirntumor, Demenz, hormonelle Störung etwa an der Schilddrüse) vorliegt.

NICHT ZÖGERN, HILFE IN ANSPRUCH ZU NEHMEN

Häufig werden in der "Akutphase" Antidepressiva verschrieben, um die Symptome zu lindern. Je nach Schweregrad der Depression kann das sinnvoll sein. Die Medikamente wirken allerdings erst nach Tagen bis Wochen. Um die grundlegende Ursache zu behandeln, ist die Kombination mit einer Psychotherapie der bessere Weg, sagt die BPTK. Die Kammer plädiert für ein intensives Beratungsgespräch mit Anleitung, wie man mit gedrückten Gefühlslagen umgehen kann. Nach etwa zwei Wochen könne man dann eine spezifische Behandlung verabreden, etwa eine Verhaltens- oder eine Gesprächstherapie. Dort können Betroffene sich aussprechen, werden über ihre Erkrankung aufgeklärt, bekommen Unterstützung darin, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen, Erlebnisse neu zu bewerten, Konflikte zu bewältigen.

FAMILIE UND ENGE FREUNDE SOLLTEN BESCHEID WISSEN

Wichtig ist es fast immer, die Familienangehörigen und/oder den Partner mit ins Boot zu holen. Denn sie bekommen viel ab, sind oft selbst überfordert und psychisch erschöpft. Auch sollten sie wissen, wie es zur Erkrankung gekommen ist und wie sie unterstützen können. Wer nur am Rande mit einem depressiv erkrankten Menschen zu tun hat, für den hat die BPTK noch einen guten Hinweis: Ratschläge wie "Du hast keinen Grund dazu" oder "Nimm doch ein paar Tage Urlaub" helfen nicht weiter. Eine psychische Störung ist eine ernst zu nehmende Erkrankung.

RAT UND HILFE

www.deutsche-depressionshilfe.de/start
Stiftung Deutsche Depressions Hilfe, Infos, Selbsttest, Adressen; Info-Tel: 08 00/33 44 533

www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org
Portal zur psychischen Gesundheit und zu Nervenerkrankungen, umfangreiche Info

www.bptk.de/patienten
Bundes Psychotherapeuten Kammer Information, Download Patientenbroschüre

Telefonseelsorge (Tag und Nacht besetzt) Tel. 08 00/111 01 11 oder 111 02 22

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