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Fahrbericht MAN TGL/TGS Euro 6

07.05.2013 08:00 Uhr
Fahrbericht MAN TGL/TGS Euro 6
Erste Ausfahrt: Den MAN TGS Euro 6 erkennt man am Stoßfänger
© Foto: Gregor Soller

Auf den Trucknology Days ließ MAN bis auf den TGM die ganze Fahrzeugpalette in Euro 6 auffahren. Darunter auch die neuen Baustellentrucks und diverse TGL.

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Bisher existierte nur ein einziges Foto von ihm: Der neue Euro-6-Bau-TGS dürfte durch seine neuen Stahlstoßfänger auff allen. Diese Ausführung musste bisher den TGA-Scheinwerfersatz auftragen. Jetzt strahlen die Bau-und Schwerlastautos wie die Fernverkehrsbrüder aus großen Augen, was man künftig bei Nachtfahrten positiv wahrnehmen wird.

Das ließ sich bei Trucknology-Days zwar noch nicht überprüfen, aber immerhin konnte man sich schon einen ersten Eindruck von den neuen Baulöwen verschaffen. Dazu stand ein TGS 26.480 6x6H BLS mit Meiller-Hydraulik und Langendorf SKS-HS 18-Kippsattel für Fahrten bereit.

Die neuen Stahlecken des Stoßfängers werden, wenn man Leuchtmittel tauschen muss, wie gehabt per Rändelschlüssel geöffnet. Das ist eine bewährte Lösung, funktioniert bei anderen Autos ebenso zuverlässig, aber weniger aufwändig.

Gespannt sein darf man darauf, wie lange die aus billig anmutendem Plastik bestehenden, eingeklipsten Verbindungsstücke zwischen Stoßfängerecken und Grill halten. Ebenfalls dünnhäutig muten die Kunststoffdome an, die das Nummernschild vor dem Zugbolzen halten. Wer seinen Euro-6-TGS öfter so versenkt, dass er buchstäblich aus dem "Schlammassel" geschleppt werden muss, könnte die Nummerntafel oben anbinden müssen.

NEUER BAU-TGS: KLEINER SPRUNG VON EURO 5 ZU 6

Wegen des erhöhten Luftbedarfs trägt der Bau-TGS seinen Kühler großflächig ungeschützt zur Schau. In steinigen Gruben hält man deshalb besser genügend Sicherheitsabstand zum Vordermann. Dafür gefallen nach wie vor die Stange zum Scheiben reinigen unter der Frontklappe sowie die Tatsache, dass die Wischer jetzt frei liegen, womit Probleme beim Abklappen bei Eis und Schnee endgültig passé sein sollten. Schade nur, dass MAN die großen Außenspiegelplanken beibehalten hat, hinter denen ganze Radlader verschwinden können.

Dafür haben sich die Münchner aufwändigen Leitungsbau für den Auspuff gespart. Das Abgasrohr steigt aus dem vergleichsweise kleinen Topf auf der Beifahrerseite hinter der Kabinenrückwand hoch. Beim 8x4 dürfte es laut einem MAN-Mitarbeiter zwei Varianten geben: Eine, bei der die "Chemiefabrik" hinter der ersten Achse nach oben baut (stehender Auspuff) und eine, bei der MAN den Abgastrakt trennt und zwischen die Achsen eins und zwei sowie zwei und drei packt. Von dort bläst der Auspuff dann nach unten weg. In allen Fällen hört der Fahrer wenig, zumal der TGS mit Euro 6 tendenziell leiser wurde. Der bislang schon gleichmäßig surrende D26-Motor klingt jetzt noch dezenter.

Gewohnt exakt arbeitet die Lenkung: Selbst bei starkem Einschlag lässt sie sich kein nervöses Servopulsieren entlocken. Offroad bringen selbst die groben Löcher und Unebenheiten des MAN-Testparcours keine Unruhe ins Volant. Auch die straffe ZF-16-Gang-Handschaltung blieb bei dem kaum eingefahrenen Probefahrzeug frei von Synchronringrasseln.

Sobald es an Traktion fehlt, kann man mittels Drehschaltern Hydrodrive und die einzelnen Sperren der Reihe nach aktivieren. Dann klettert der Baulöwe den steilen Schotterstich hinauf, als wäre nichts gewesen.

Dabei bleibt der D26 so elastisch wie im Euro-5-gereinigten Vorgänger. Munter dreht er Richtung 1500 Touren, kommt aber mit noch weniger als bisher aus: Schon ab 930 Umdrehungen steht das volle Drehmoment parat, auf ebener Strecke kann man aber auch Drehzahltäler von 800 Touren durchfahren, ohne den Motor aus der Ruhe zu bringen. Hier hat sich der Münchner Bauarbeiter seine bayerische Gelassenheit und Standhaftigkeit bewahrt.

Leider kostet die Euro 6-"Chemiefabrik" rund 200 Kilo Nutzlast, was im Bausegment schwer wiegt - zumal der TGS gerade in Bauausführung nicht zu den Nutzlastkönigen gehört. Da helfen Hydrodrive und Pritarder, Nutzlast zurückzuholen. Könnte man den Radnabenantrieb endlich mit der Tipmatic kombinieren, wären es noch mehr. Das wird aber laut MAN wohl erst mit dem Nachfolgegetriebe möglich sein. Ob es sich dabei um die ZF-Traxon-Doppelkupplungsbox handelt oder gar um ein Räderwerk aus Södertälje, ist noch unklar.

In der Praxis wird es dann spannend sein zu messen, wie viel Durst die neuen Löwen in der Grube an den Tag legen - immerhin wollen auch beim 440er jetzt die größeren D26-Brennräume versorgt werden. Und die aufwändige Euro-6-Abgasreinigung trägt auch nicht zum Spritsparen bei. Den Innenraum übernahm MAN praktisch unverändert vom Vorgänger: Es gibt neue Taster für die Assistenzsysteme und ein geändertes Multimediasystem.

TGL: WERTIGER, ABER TIPMATIC UNHARMONISCH

Genau umgekehrt verhält es sich beim TGL 12.250 4x2 BL, der anschließend zur Probefahrt bereit stand. Er steigt mit dem TGS-Armaturenträger in die Premium-Liga der Verteiler-LKW auf und braucht sich vor dem aufwändig renovierten Atego nicht zu verstecken. Die Narbung des Instrumententrägers kaschiert das Hartplastik so geschickt wie keine andere, Bremsen und Lenkung arbeiten exakt und verbindlich. Das gilt leider nicht für den Antrieb und die Motorbremse - beides schien beim Vorführer noch auf Vorserienstand zu sein. Der 220 PS starke D08 dröhnt wie eh und je und erinnert immer noch an den seligen G90, der unter Volllast ganz gerne mal laut werden konnte. Nachdem sich MAN hier mit einer vergleichsweise kleinen "Chemiefabrik" beschieden hat, kann der Sechszylinder je nach Lastzustand weiter ungeniert vor sich hingrölen - was nicht zum sonst eher gediegenen Fahreindruck passt.

Das trifft auch auf die im Vorführer verbaute Zwölfgang(!)-Tipmatic zu, die den Bereich zwischen 1400 und 1500 Touren als Optimalbereich wählt, obwohl der Schmitz-Koffer leer ist. Das änderte sich auch nach mehreren Runden nicht - der "kleine Löwe" dreht die Gänge gern weit aus und bleibt dann "auf Zug". Auch durch Lupfen des Gaspedals war er nicht zum Hochschalten zu bewegen. Die Fülle der zwölf Gänge wird man nur im voll ausgeladenen Hängerbetrieb nutzen können. Tippt man bergab den Motorbremsknopf der einstufigen Auspuffklappe, schaltet der TGL mehrere Gänge zurück, um Drehzahl zu generieren: Entsprechend drastisch verlangsamt sich das leere Auto. Mit Fracht und Trailer wird sich das aber relativieren.

So hielt die Schaltintelligenz und Schallentwicklung beim allerersten Vorführ-Truck leider nicht mit dem schicken Interieur und der feinen Lenkung mit. Weitere Proberunden mit TGL samt Update bei der Schaltsoftware hinterließen aber das von den EEV-Versionen gewohnte, harmonische Bild (mehr im nächsten Heft). Im leichten Verteilersegment war der TGL bisher der Maßstab - kabinenseitig bleibt er das auch. Mal sehen, wie nahe ihm der Mercedes Atego mit dem neuen Motor kommt.

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