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Mecedes-Benz Atego 1530: Größter unter den Kleinen

04.06.2015 08:00 Uhr
Mecedes-Benz Atego 1530: Größter unter den Kleinen
Für die große Tour: Mit der langen Bigspace-Hochdachkabine mutiert der Verteiler- zum Fernverkehrstruck
© Foto: Jan Burgdorf

15 Tonnen Gesamtgewicht, 299 PS und Bigspace-Kabine lauten die Superlative beim Mercedes Atego. Das Flaggschiff musste sich im Test beweisen.

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Dieser Testtruck bietet gleich drei Mal das Maximum. Auch wenn diese Bezeichnung im Zusammmenhang mit der kleinsten Laster-Baureihe von Mercedes in einem Lkw-Magazin eigentlich nicht recht passen will. Aber erstens ist der 1530 für 15 Tonnen Gesamtgewicht zugelassen, stellt damit die obere Grenze des Atego-Programms und wird zweitens - wie es die beiden hinteren Zahlen der Typenbezeichnung verraten - vom 299 PS starken und 7,7 Liter großen Sechszylinder angetrieben. Der ist derzeit die stärkste lieferbare Antriebsquelle im Atego. Und zu guter Letzt spendierte Mercedes mit dem "BigSpace" noch die größtmögliche Kabine, die aus dem Atego einen vollwertigen Fernverkehrs-Lkw machen soll. Aber wird der 1530 damit auch zum Traum-Truck unter den Verteilern?

Um die Chancen darauf zu erhöhen, spendierte Mercedes dem Atego 2013 eine umfangreiche Verjüngungskur. Anders als bei den größeren Brüdern Antos beziehungsweise Actros blieb der bisherige Rohbau allerdings erhalten, worüber die neu gestaltete Frontpartie optisch nur auf den ersten Blick wegtäuschen kann.

Deutlich mehr tat sich unterhalb des Fahrerhauses: Der OM-936-Sechszylinder kam neu in den Maschinenraum, wie auch die serienmäßige, automatisierte Sortierung der acht Fahrstufen mittels Powershift 3. Die Paarung hinterließ auf der gemischten TRUCKER-Testrunde einen Fahreindruck, der sich mit einem Wort zusammenfassen lässt: souverän.

20 PS PRO TONNE SORGEN FÜR SOUVERÄNES FAHREN

Schließlich sorgen hier auch voll ausgeladen noch 20 PS pro Tonne für Vortrieb. Ein Wert, für den ein ausgewachsener 40-Tonner (noch) utopische 800 Pferdestärken bräuchte. Entsprechend spielerisch bewegt der laufruhige Reihensechszylinder die Fuhre vorwärts und für die harmonisch abgestimmte Powershift-Schaltzentrale gibt es selten Arbeit. Sanft und schnell wechselt deren Steuerungselektronik zwischen den acht Fahrstufen. Ein kurzes Gaspedal-Lupfen genügt und die Software schaltet umgehend in einen höheren, verbrauchsfreundlicheren Gang.

An Steigungen scheint Powershift den hohen Reserven und speziell den 1200 Newtonmeter Drehmoment des OM 936 allerdings nicht recht zu trauen. Zwar lagen beim Testwagen bei 65 km/h im achten Gang lediglich 1100 Touren an. Was für einen erfolgreichen Kampf gegen den Berg natürlich zu wenig ist. Auch wenn dann laut Datenblatt bereits knapp 1150 Newtonmeter Drehmoment an die Hinterräder übertragen werden. Unnötig ist in den meisten Fällen aber, dass Powershift in solchen Situationen hektisch und nicht selten gleich um zwei Fahrstufen zurückstuft und den Sechszylinder damit weit von verbrauchsfreundlichen Gefilden entfernt.

Was sich allerdings durch den Wechsel in Manuell, am aus Actros & Co. bekannten Lenkstockhebel, leicht vereiteln lässt. Auch sonst empfiehlt sich auf der Landstraße eine aufmerksame Fahrweise, denn den GPS-gestützten PPC-Tempomaten bietet Daimler für diese Fahrzeugklasse nicht an. Wer das beherzigt, darf sich über niedrige Verbräuche freuen: Auf der gemischten Verteiler-Testrunde gönnte sich der OM 936 im Durchschnitt 20,0 l/ 100 km zur Beförderung der ausgeladenen Testfuhre. Da brauchte mancher um drei Tonnen leichtere 12-Tonner im Test kaum weniger.

Auch Fahrwerk und Lenkung bieten keinen Anlass zu Kritik. Letztere könnte man lediglich ihre leichte Unverbindlichkeit um die Mittellage ankreiden, ansonsten gelang den Mercedes-Ingenieuren aber der Spagat zwischen Fahrkomfort und Straßenlage. Gut dazu passt die niedrige Geräuschkulisse: Bei Tempo 85 zeigt das Messgerät lediglich 60 dB(A) an. Womit der Verteiler locker mit ausgewachsenen 40-Tonnern mithalten kann.

TROTZ BIGSPACE BLEIBT DAS RAUMANGEBOT BEGRENZT

Für die jetzt "BigSpace" genannte Hochdach-Kabine lässt sich das, trotz des vollmundigen Namens, nur mit Einschränkung sagen. Anders als beim großen Bruder Actros, bei dem die gleichnamige Fahrerhaus-Variante viel Bewegungsfreiheit und Stauraum bietet, bleibt das Platzangebot in der größten Atego-Kabine eher begrenzt. Zwar weisen die Mercedes-Daten 1,91 Meter Stehhöhe aus. Die lässt sich aber nur im Bereich vor dem Beifahrersitz nutzen. Ansonsten ist nicht nur das Lenkrad, sondern vor allem die mit 60 Zentimeter Höhe gewaltige Motorkiste, im Weg. Letztere zerstört das Raumvolumen und lässt den Weg zu den Betten zur Kletterpartie ausarten.

Erst recht, wenn man noch die fest auf der Motorkiste montierte Staubox mit integriertem Tisch bestellt hat. Diese ist auch als Kühlbox lieferbar und bietet die einzige (werksseitige) und im Fernverkehr obligatorische Möglichkeit, im Atego Lebensmittel oder Getränke frisch zu halten.

Hat man die Schlafstätten erst einmal erreicht, bietet der Mercedes aber einen für diese Fahrzeugklasse anständigen Komfort. Anders als bei den großen Brüdern mit Lattenrost ruht die 680 Millimeter breite Siebenzonen-Kaltschaummatratze zwar nur auf einer einfachen Spanplatte. Der Liegekomfort geht aber in Ordnung. Auch der Abstand zum im Testwagen verbauten oberen Bett beziehungsweise zum Kabinendach fördert keine klaustrophobischen Zustände hervor.

EINIGE IDEEN AUS DEM ACTROS ÜBERNOMMEN

Ebenfalls gut und vom großen Bruder Actros übernommen: Das obere Bett lässt sich vertikal justieren und dank integrierter Wasserwaage horizontal ausrichten, falls die Ruhezeit mal auf unebenem Untergrund stattfinden sollte. Ein im Alltag ärgerlicher Schönheitsfehler, den wir allerdings auch schon bei mancher 40-Tonnen-Zugmaschinen monierten: Das praktische Bedienmodul für Standheizung und Dachluke sowie einen Wecker verbaut Mercedes nur am unteren Bett. Noch nie ein Musterschüler war der Atego beim Thema Gewicht. Und mit der langen Hochdachkabine sowie den beiden zusätzlichen "Antriebs-Zylindern" kommen weitere Kilos hinzu. Inklusive Saxas-MKD71-Kofferaufbau und Dautel-Ladebordwand brachte der 15-Tonner, der übrigens über das gleiche Chassis verfügt wie die (noch) populären 12-Tonner, leer 6900 Kilogramm auf die Waage.

Womit der Daimler knapp 800 Kilo zusätzlichen Speck durch die Lande schleppte - im Vergleich zu vorab getesteten Wettbewerbern. Die stellten sich dem VR-Test allerdings auch mit "nur" vier Zylindern und kurzer Nahverkehrskabine. Entscheidet man sich beim Mercedes ebenfalls für diese Ausstattungsattribute, rückt der Atego deutlich näher an seine Konkurrenten heran. Womit dann auch in dieser Disziplin das Maximum herausgeholt wäre.

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