Bereits 1989 wurden Dieselabgase von der Weltgesundheitsorganisation als "wahrscheinlich krebs erregend" für Menschen eingestuft, jetzt bewertet die International Agency for Research on Cancer (IARC) sie als "sicher krebserregend" (Gruppe 1). Bei exponierten Personen wurde ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs nachgewiesen; vermutet wird ein Zusammenhang mit Blasenkrebs. Kritik gibt es von der Automobilindustrie: Man habe den Einsatz von Rußpartikelfiltern zu wenig berücksichtigt, heute befände man sich in punkto Schadstoffausstoß im "homöopathischen Bereich". Kurt Straif, Leiter IARC Monographs, hält dagegen: Weder Europa noch Entwicklungsländer seien mit modernen Technologien durchdrungen. Relevant für die Bewertung seien zudem auch Abgase durch stationäre Maschinen auf dem Bau, in Zügen oder Schiffen.
Interview "Risiko so hoch wie beim Passivrauchen"
Herr Dr. Kurt Straif, zählen Fernfahrer zu den besonders gefährdeten Personengruppen?
Die Neueinstufung der Krebsgefahr basiert auf Studien mit stark exponierten Personen, die ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs gezeigt haben. Das waren insbesondere Kohortenstudien bei Unter-Tage-Arbeitern in Bergwerken, Arbeitern in dieselbetriebenen Zügen, Hafenarbeitern und eben auch Fernfahrern.
Wie hoch stufen Sie das Krebs-Risiko für Kraftfahrer ein?
Die Risikogefährdung für Lungenkrebs durch Dieselabgase entspricht bei Fahrern etwa dem Risiko, das wir vom Passivrauchen kennen.
Reduziert sich das Krebsrisiko durch moderne Rußfilter?
Seit etwa den Achtzigerjahren haben wir verschärfte Abgasstandards, und die effizienteren Verbrennungstechnologien, gekoppelt mit verbesserten Technologien der Abgasreinigung, führten insgesamt zu einer deutlichen Verringerung der Belastung durch Dieselabgase. Inwieweit die Belastung bei Einsatz neuer Technologien aber weniger gefährlich ist, kann man nicht sagen, dazu ist die toxikologische und epidemiologische Datenlage nicht robust genug.
Welchen Rat geben Sie?
Sich Dieselabgasen und damit dem Karzinogen möglichst wenig auszusetzen. Man könnte etwa den Motor oder andere dieselbetriebene Maschinen abstellen, wenn es gerade nicht erforderlich ist, sie laufen zu lassen, etwa bei Be-/Entladeaktionen. Zu überlegen wäre auch, verstärkt die neuen Dieselmotorentechnologien mit verminderter Abgas-Emission einzusetzen.