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Renaults leichte Rezeptur

08.04.2008 23:13 Uhr
Renaults leichte Rezeptur

Nach der gründlichen Überarbeitung samt neuem Motor von Deutz fährt sich der Renault Midlum fast wie ein neues Auto. Er legt bei Nutzlast, Antrieb, Interieur und Komfort zu. Im Test: der mautfreie 11,99-Tonner mit Top-Sleeper. / Mit Bildergalerie

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Es ist kein Geheimnis, dass sich Franzosen auf leichte Kost verstehen. Das Land der "Haute Cuisine" hat traditionell auch gute Rezepte für Verteiler-LKW, namentlich der letzte verbliebene Hersteller Renault Trucks. Mit dem neuen Midlum stellt man dies einmal mehr unter Beweis und rechtfertigt die Existenz im Volvo-Konzern. Denn Midlums Vielseitigkeit kann der Zwilling Volvo FL nicht bieten. Die Eindrücke der VerkehrsRundschau: Die "Liberté toujours" fängt beim Rahmen an, wo Renault gleich fünf Stärken bereithält – je nach Einsatz. Im Falle des 11,99-Tonnen-Testwagens war das "mittelleichte" Rückgrat eine gute Wahl, das "Extra-leicht"-Menü dürfte nur im 7,5-Tonner schmecken. Gegenüber dem Standard-Rahmen spart man sich satte 350 Kilo, bei dann auf 18,75 Tonnen beschränktem Gesamtzuggewicht. Auch die 17,5-Zoll-Reifen tragen zur Renault-Diät bei. Weitere fünfzig Kilo holt die innovative APM-Bremsanlage heraus, die einen kompletten Luftkessel erspart. Das halblange Haus, sonst nur beim Mercedes Atego erhältlich, bescheidet sich mit 62-Mehr-Kilo, fordert dafür Abstriche beim Komfort: Wer ruhen will, muss umständlich umbauen. Die Ersparnis kann der Euro-4-Midlum gut gebrauchen, denn die SCR-Anlage mit vollem 80-l-AdBlue-Tank (Option) brockt etwa 150 Kilo ein. Speziell im nutzlastsensiblen Verteilerbereich ist der PM-Kat das leichtere, in der Handhabung unkompliziertere Konzept. Zumal man eben nicht an jeder Dorftankstelle den Zusatzstoff erhält. Sei’s drum, mit 50-Liter-Standard-Tank muss man sich ja immerhin etwa 5000 Kilometer nicht um das farblose Fluidum sorgen. Die SCR-Pfunde hilft auch der vom Volvo-Motorenpartner Deutz entwickelte DXi5-Motor ausgleichen. Wer angemessene 220 PS will, musste früher zum Sechszylinder greifen. Jetzt tut’s der Reihenvierer, was über hundert Kilo spart. Gewichtsmäßige, im Vergleich zu den eleganten Blechdächern von MAN oder Mercedes nicht unbedingt optische Vorzüge hat auch das aufgesetzte Kunststoffdach von Grünhage. Renault bietet es mangels hauseigener Lösung ab Händler an. So wundert es nicht, dass die Waage dem Test-LKW mit solidem Plane-Spriegel-Aufbau von Walther Fahrzeugbau (1260 Kilo) ohne Bordwand, aber mit Anhängerpaket nur 5500 Kilo attestierte. Das Hochdach-Fahrgestell wiegt nackt 4240 Kilo. 6,5 Tonnen Ballast durften mit, als Leicht-Koffer wäre noch mehr drin. Die Leichtigkeit des Seins merkt man dem Midlum unterwegs kaum an. Er wirkt nicht viel weniger burgartig wie MAN TGL oder DAF LF und im Vergleich zum Vorgänger deutlich steifer und kompakt. Das legt die Basis für einen guten Fahrkomfort. Den runden ein auch bei Querfugen auf der Autobahn trampelfreies, insgesamt leises Abrollverhalten, geringe Windgeräusche und eine gute Geräuschdämmung ab. Auch das Lenkrad bleibt weit gehend von Stößen verschont. Die Lenkung generell ist leichtgängig und trägt zum lockeren Fahrgefühl bei. Typisch französisch bleibt sie das letzte Gefühl für die Fahrbahn aber schuldig. Als ebenso leichtgängig erweist sich die Sechsgang-Seilzug-Schaltung, für LKW ungewöhnlich als Joystick ausgeführt. Trotz weniger Kilometer auf dem Tacho flutschten die Gänge des Testwagens auf kurzen Wegen prächtig, der Knauf liegt gut zur Hand. Da schmerzt das Fehlen einer automatisierten Schaltung im Programm weniger. Der schwammige Rückwärtsgang dürfte besser definiert sein. Das Getriebe korrespondiert im Übrigen bestens mit dem 4,8 Liter großen Common-Rail-Triebwerk, das 800 Nm maximales Drehmoment ab 1200 Touren bereithält. Für vier Töpfe fühlt sich das Aggregat sehr kräftig an, der 16-Ventiler hängt gut am Gas und schiebt ab 1000 Touren ordentlich an. Nur an Steigungen fehlt der rechte Biss, man bleibt nur über Drehzahl bei der Musik. Subjektiv arbeitet der Deutz-Diesel mit durchaus attraktivem, dezent-kraftvollem Klang, in Teillast ist er kaum hörbar. Leise, aber auch enttäuschend schwach agiert die immerhin eindeutig bedienbare, einstufige Motorbremse (Option). Wer mit Hänger fahren will, sollte den teuren Retarder erwägen. Dafür ist auf die Betriebsbremsen Verlass, die in ihrer Klasse Maßstäbe setzen. Die vom APM-System elektronisch gesteuert mit Luft versorgten Verzögerer sprechen schnell an, bleiben stets standhaft. Zur Not greift ein Bremsassistent (Serie) ein. Fehlte am Ende ein guter Verbrauch zum Verteilerglück, doch der blieb dem Testtruck verwehrt durch etliche Baustellen und Stop-and-go. Die eher hohen 21,1 l/100 km, die der Bordrechner vermeldete, erheben daher keinen Anspruch auf Repräsentativität. Dafür ist der Midlum ansonsten ein repräsentativer LKW geworden, der sich in der Summe wirklich anfühlt wie ein neues Auto – da kommt man leicht auf den Geschmack. (jr) Fotos vom Midlum sind unten auf dieser Seite in einer Bildergalerie zusammengestellt. Den ausführlichen Test lesen Sie in der VerkehrsRundschau 15 vom 13. April 2007.

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