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Hitze: Schützen statt Schwitzen

22.08.2015 08:00 Uhr
Hitze: Schützen statt Schwitzen
Die Sonne macht diesen Sommer vielen zu schaffen
© Foto: picture-alliance/Arno Burgi

Wird es im Sommer am Arbeitsplatz zu heiß, muss der Arbeitgeber handeln. Die wichtigsten Gesundheitsschutz-Regeln bei Hitze im Überblick.

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Der Asphalt flimmert, die Klimaanlage im Fahrerhaus läuft auf Hochtouren. An der Rampe schwitzen Fahrer und Verlader in der prallen Sonne, Disponenten und Bürokräfte reißen die Fenster auf. Manche Mitarbeiter haben mit Kreislaufproblemen zu kämpfen, Arbeitsleistung und Konzentration sinken. So steigen laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) bei hoher Wärmebelastung im Fahrzeug die Unfallzahlen um 22 Prozent. Die Arbeitsstättenverordnung fordert für Arbeitsräume jedoch "gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen" und den Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung.

Ab wann ist es eigentlich zu heiß zum Arbeiten?

Seit dem Jahr 2010 konkretisiert die Arbeitsstättenregel "ASR A3.5 Raumtemperatur" die Anforderungen an Arbeitsräume. Wird es dort heißer als 35 Grad Celsius, ist ein kritischer Punkt erreicht. "Ab einer Raumtemperatur von 36 Grad Celsius ist der Raum nicht mehr als Arbeitsraum geeignet", erklärt Benjamin Biere, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kölner Kanzlei Hensche Rechtsanwälte. Zwar sei das Arbeiten dann nicht generell verboten. Der Arbeitgeber müsse aber Maßnahmen ergreifen, um die Temperatur zu senken, so der Anwalt. Die ASR schlägt dafür etwa Luftduschen oder Wasserschleier vor.

Was muss der Arbeitgeber bei Hitze konkret tun?

Die ASR A3.5, die unter anderem für "Arbeitsräume" wie Büros oder Läger gilt, sieht vor, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bereits ab einer Raumtemperatur von 26 Grad Celsius Linderung verschaffen soll. Steigt das Thermometer auf über 30 Grad, muss er aktiv werden, etwa mit morgendlichem Durchlüften, dem Ausschalten nicht benötigter elektrischer Geräte oder der Einführung von Gleitzeit (siehe Kasten rechts). "Die ASR nennt beispielhaft Maßnahmen, die sich als wirksame Methoden zur Senkung der Raumtemperatur erwiesen haben, der Arbeitgeber muss aber selbst entscheiden, welche Maßnahmen er ergreift", erklärt Jörg Feldmann von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

Dazu zählt etwa die Lockerung von Bekleidungsvorschriften. Im Büro kein Problem. Doch was ist mit Unternehmen, die ein einheitliches Outfit haben wie beispielsweise im Bereich Möbelspedition? "Eine generelle Regelung gibt es hier nicht", sagt André Badouin vom Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ). "Jedes Unternehmen handhabt das anders." So seien aber vom Unternehmen zur Verfügung gestellte T-Shirts eine Möglichkeit, der Hitze zu begegnen.

Gilt die Fahrerkabine als Arbeitsraum im Sinne der Arbeitsstättenregel?

"Transportmittel sind von der Arbeitsstättenverordnung dann ausgenommen, wenn sie am öffentlichen Verkehr teilnehmen", sagt Klaus Ruff, Leiter Sachgebiet Fahrzeuge im Fachbereich Verkehr und Landschaft der DGUV und stellvertretender Präventionsleiter der BG Verkehr. "Sie unterliegen dann dem Verkehrsrecht." Daher finde auch die ASR A3.5 keine direkte Anwendung auf die Arbeit im Fahrerhaus. Da der Mensch im Fahrzeug aber kein anderer sei als im Büro, seien die Grenzwerte auch zur Anwendung im Fahrzeug geeignet, so Ruff.

Hinweise auf die klimatischen Verhältnisse in Fahrerkabinen liefert zudem die DGUV-Information 215-530 (früher BGI 7005). Danach soll die Sonneneinstrahlung im Innenraum möglichst gering gehalten werden, etwa durch Wärmeschutzverglasung, Sonnenblenden oder Rollos. Ebenfalls sinnvoll ist eine Klimaanlage. Einen Rechtsanspruch darauf haben die Beschäftigten allerdings nicht. Der ADAC TruckService rät, die Klimaanlage maximal auf sechs Grad Temperaturunterschied zur Außentemperatur einzustellen.

Darf sich ein Mitarbeiter selbst Hitzefrei geben?

"Einen Rechtsanspruch auf Hitzefrei gibt es nicht", sagt Rechtsanwalt Biere. Der Arbeitgeber sei aber gesetzlich verpflichtet, einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, von dem weder Schaden noch Gefahr für die Mitarbeiter ausgehe, so der Anwalt. Unternimmt der Arbeitgeber nichts gegen zu hohe Temperaturen in Arbeitsräumen, kann der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, das heißt, er kann im Extremfall auch die Arbeit verweigern. Aber: "Bevor der Mitarbeiter wegen zu großer Hitze nach Hause geht, muss er dem Arbeitgeber die Gelegenheit geben, Abhilfe zu schaffen und er muss sein Vorhaben ankündigen", so der Anwalt. Selbst "Hitzefrei nehmen" geht also nicht. "Bleibt der Arbeitnehmer eigenmächtig der Arbeit fern, kann der Arbeitgeber im schlimmsten Fall wegen Arbeitsverweigerung fristlos kündigen", so der Jurist.

Wie sind Mitarbeiter zu schützen, die im Freien arbeiten?

Diese Mitarbeiter sind nicht nur der Hitze, sondern auch der UV-Strahlung ausgesetzt. Der Arbeitgeber muss hier präventiv tätig werden und für einen Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung sorgen, "etwa mit einer Überdachung oder einem Sonnensegel", sagt Feldmann von der BAuA. Auch die Kleidung spielt eine wichtige Rolle. Feldmann: "Mitarbeiter sollten nicht mit nacktem Oberkörper arbeiten, sondern mindestens ein T-Shirt aus dicht gewebter Baumwolle tragen. Auch ein Hut mit Krempe oder ein Baseballcap sind als Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung ein Muss." Zusätzlichen Schutz bieten eine korrekt aufgetragene Sonnencreme sowie eine Sonnenbrille. "Die persönliche Schutzausrüstung muss der Arbeitgeber grundsätzlich zur Verfügung stellen und überprüfen, ob die Mitarbeiter sie auch verwenden", so Feldmann. Kosten dürften den Beschäftigten daher nicht entstehen.

Wie steht es mit kostenlosen Getränken?

"Einen Rechtsanspruch auf kostenloses Mineralwasser oder Fruchtsäfte haben Arbeitnehmer nicht, aber in Teeküchen oder Sanitärräumen steht Trinkwasser zur Verfügung", weiß Feldmann von der BAuA. Saftschorlen oder ungesüßte Tees sind als Geste willkommen, aber kein Muss. Alkohol ist bei hohen Temperaturen ohnehin tabu. Der ADAC TruckService rät Berufskraftfahrern, an heißen Tagen drei Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Wasser, Saftschorlen, Zitronenwasser oder ungesüßter Tee füllten die Mineralstoffspeicher auf und beugten Kreislaufproblemen vor. Gewarnt wird vor eisgekühlten Getränken. Sie fördern das Schwitzen, weil der Körper den großen Temperaturunterschied auszugleichen versucht.

Dürfen Lkw-Fahrer oder Lagerkräfte bei hohen Außentemperaturen Flip-Flops tragen?

Nein. In Paragraf 44 Absatz 2 der Unfallverhütungsvorschrift "Fahrzeuge" (BGV D29) heißt es: "Der Fahrzeugführer muss zum sicheren Führen des Fahrzeugs den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen." Unternehmer und Versicherte können beim Tragen von Flip-Flops oder Socken sogar mit einem Bußgeld belegt werden. "Sandalen mit Fußriemen hinten sind beim Fahren aber in Ordnung", sagt Ruff von der BG Verkehr.

Im Lager seien dagegen oft Sicherheitsschuhe vorgeschrieben, da dort mit Fußverletzungen gerechnet werden müsse, so der Fachmann. Welches Schuhwerk dabei konkret erforderlich ist, richtet sich nach der Gefährdungsbeurteilung. Ina Reinsch

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