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Der Palettenklau geht um

22.10.2013 08:00 Uhr
Der Palettenklau geht um
Paletten: Einzeln nicht sehr wertvoll, aber in großer Stückzahl ...
© Foto: Picture Alliance/Wolfram Steinberg

Spektakuläre Beutezüge wie der bei BASF machen Schlagzeilen: Organisierter Palettendiebstahl richtet enorme Schäden an. Vielfach jedoch greifen "einfache" Diebe zu. Und auch Fahrer sind nicht vor der Versuchung gefeit.

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Es ist sicher einer der größten Coups in Sachen Palettendiebstahl in Deutschland: 305.000 Paletten in fünf Jahren sollen ehemalige Mitarbeiter von BASF und einer für BASF tätigen Spedition in Zusammenarbeit mit LKW-Fahrern vom Werksgelände des Chemie-Riesen in Ludwigshafen geklaut und verkauft haben.

Die Staatsanwaltschaft Frankenthal, so die Regionalzeitung "Rheinpfalz", beziffert den erzielten Gewinn der Diebe auf rund 1,1 Million Euro. Im Mai 2013 wurde gegen acht Verdächtige Anklage erhoben - einen Ex-BASF-Mitarbeiter sowie mehrere Mitarbeiter externer Speditionen, darunter zwei LKW-Fahrer. Die Anklagen lauten auf gewerbs- und bandenmäßigen Diebstahl sowie Hehlerei.

Natürlich erreichen die Mengen geklauter Paletten normalerweise nicht solche Dimensionen. Doch kleine Stückzahlen, regelmäßig entwendet, läppern sich zusammen: Auf 5000 bis 25.000 Euro monatlich schätzt Alex Kotsiwos, der Geschäftsführer von SSD Safe Services Deutschland, den Schaden je Niederlassung bei einer Stückgutspedition, der durch Palettenschwund entsteht. Mit den von SSD gemeinsam mit Spediteuren in zahlreichen Bundesländern gegründeten Sicherheitsinitiativen gegen Lademitteldiebstahl hat Kotsiwos nach eigenen Angaben seit 2007 über 200 Täter, die für einen Gesamtschaden von mehr als fünf Millionen Euro stehen, überführt.

Kotsiwos berichtet u.a. von einem ertappten Fahrer. Dieser habe eine hohe Strafe bekommen: Zwei Jahre Freiheitsentzug, ausgesetzt zur Bewährung. Der Mann war der Urkundenfälschung in 168 Fällen und der Unterschlagung von Paletten und Gitterboxen in nicht definierter Anzahl überführt worden. Zudem verklagte der Transportunternehmer seinen Mitarbeiter auf 30.000 Euro Schadensersatz.

Es ist nicht immer der Klau im großen Stil, geringere Stückzahlen werden offenbar ebenfalls gerne gehandelt. "Es kommt immer wieder vor, dass uns LKW-Fahrer ein paar Paletten gegen Bares anbieten", berichtet ein Palettenhersteller und -händler, der nicht genannt werden möchte. Natürlich nehme er diese Paletten nicht an. Es gäbe aber an Rastplätzen kleinere Händler, die hier gerne zugreifen würden. Je nach Zustand werden zwischen zwei und fünf Euro bar auf die Hand bezahlt - "Paletten sind gebraucht gut handelbar". Die Neupreise der Lademittel liegen zwischen 7,50 und 8 Euro.

Gitterboxen, Neupreis etwa 75 Euro, sollen beim Hehler zwischen 20 und 40 Euro bringen. "Die Fahrer verdienen ja nicht viel", legt der Palettenhändler den Finger in die Wunde. Das mache verführbar.

Werden Fahrer angesprochen, so gibt es offenbar einige Standardausreden, berichtet Kotsiwos, etwa "Das macht doch hier jeder", "Die waren defekt" oder "Ich habe nur aufgeräumt". Doch um ein Kavaliersdelikt handelt es sich hier keinesfalls. Kotsiwos rät betroffenen Unternehmen, konsequent zu handeln: "Wer die Augen zudrückt, verliert sein Gesicht".

KEIN VERTRAUEN MEHR, HÄUFIGERE KONTROLLEN

Ein für das Ladeträgermanagement verantwortlicher Mitarbeiter einer Spedition, die anonym bleiben will, bestätigt: "Wir waren auch betroffen, sind aber in den letzten zehn Jahren dabei, die Maschen enger zu ziehen." Denn wo nicht kontrolliert werde, werde geklaut.

Die Firma handelte: Neben einem Sicherheitsmanagement, das im Zweifel auch auf Verdacht anfängt zu ermitteln, gibt es an allen Standorten monatliche Inventuren. Eine weitere Maßnahme sind stichprobenartige Be- und Entladekontrollen - auch in Hoch-Zeiten. Die Angaben von Rollkarte und Palettenschein werden dabei mit dem Inhalt von Auflieger oder Aufbau abgeglichen. Genau hingeschaut wird an den Schnittstellen, beispielsweise in der Be- und Entladung. Ein weiterer Ansatz ist die Fahrerabrechnung mit Liefer- und Palettenscheinen. Hieraus ist lückenlos ersichtlich, wie viele Paletten wo getauscht wurden. Ob sich der Aufwand rechnet? "Ja, klar", so der Speditionsmitarbeiter.

SSD-Experte Kotsiwos rät Unternehmen - und Fahrern - vor allem dringend, Tauschpaletten niemals unbeobachtet zu lagern. Sie einfach irgendwo neben einer Halle stehenzulassen, kann sich rächen. Denn offenbar macht auch "Kleinvieh Mist": Im Juli wurden im bayerischen Oberhofen 14 neben einem Drogeriemarkt abgestellte Paletten geklaut. Wochen zuvor verschwanden 150 Europaletten vom Betriebshof einer Spedition in Ruhstorf, Landkreis Passau.

RFID-PALETTE: LÜCKENLOSE ÜBERWACHUNG MÖGLICH

Ganz so leicht werden es Diebe vielleicht bald nicht mehr haben. Das Unternehmen Falkenhahn AG stellte dieser Tage auf der Messe Fach-Pack ihre neue RFID-Palette vor. Sie ist mit einem unsichtbar verbauten Transponder ausgestattet. Ihr Einsatz ermöglicht die automatisierte Erfassung von Palette und Ware ohne Sichtkontakt zwischen Datenträger und Lesegerät. Neben Kosteneinsparungen ergibt sich ein weiterer Effekt: Die jederzeit mögliche lückenlose Standort- und Lagerortbestimmung der Paletten.

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