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Interview: "Das ist keine Abzocke"

27.03.2018 08:00 Uhr
Interview: "Das ist keine Abzocke"
Arnold Plickert ist Geschäftsführender Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei GdP
© Foto: Hagen Immel/GdP

Die Gewerkschaft der Polizei hat anlässlich des 56. Verkehrsgerichtstags höhere Strafen für Verkehrssünder - auch im Güterverkehr tätige - gefordert. Warum das aber nicht genügt, sagt der Vize-Bundesvorsitzende Arnold Plickert.

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Warum reicht der heutige Bußgeldkatalog nicht aus, um Verkehrssünder angemessen zu bestrafen?

Zunächst möchte ich klarstellen: Wir wollen keine generelle Anhebung der Bußgelder bei Verkehrsverstößen, sondern punktuell eine stärkere Ausrichtung der Geldstrafen an der Gefährlichkeit des sanktionierten Verhaltens. Gegenüber unseren Nachbarstaaten ist Deutschland diesbezüglich ein Billigland.

Welche Verkehrsverstöße sollten mit höheren Bußgeldern bestraft werden?

Im europäischen Vergleich gehört die Bundesrepublik mit den Bußgeldern vor allem bei den wichtigen Unfallursachen überhöhte oder unangepasste Geschwindigkeit sowie Ablenkung zu den Schlusslichtern. Ein Beispiel: Mit einer Geldstrafe von 35 Euro werden wir der Gefahr, die von jemandem ausgeht, der innerorts 70 statt 50 Stundenkilometer fährt, nicht gerecht. Für dasselbe Vergehen zahlt man 170 Euro in Italien. Jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass er sein Fahrverhalten im Ausland darauf einstellt, wenn es teurer wird. Vielleicht muss der Gesetzgeber noch strenger vorgehen, indem er früher Punkte verteilt und schneller Fahrverbote verhängt. Denn dem, der genügend Geld hat, tut ein höheres Bußgeld nicht weh.

Geht es der GdP nur darum, Rasern und Dränglern stärker auf die Füße zu treten?

In NRW vergeht keine Woche ohne schwere Verkehrsunfälle mit Lkw-Beteiligung. Deshalb plädiert die GdP auch im gewerblichen Güterverkehr für eine Anhebung der Bußgelder. Insbesondere Verstöße gegen die Lenkzeitvorschriften sowie fehlende oder mangelhafte Ladungssicherung müssen härter bestraft werden, weil sie immer wieder Ursachen für Crashs mit erheblichen Folgen sind. Teilweise sind die Fahrer wochenlang ohne längere Ruhezeiten unterwegs, schalten den Notbremsassistenten aus oder bitten meine Kollegen kurz vor der niederländischen Grenze, ihnen noch schnell einen deutschen Kontrollbescheid auszustellen, damit sie von höheren Bußgeldern im Nachbarland verschont bleiben. Da stimmt etwas nicht.

Mitunter geschieht das auf Anweisung.

Bei besonders unfallträchtigen Verstößen fordern wir deshalb, dass künftig auch der Fahrzeughalter stärker haftet. Im europäischen Ausland ist dies oft schon der Fall. Aus Sicht der Unfallprävention ist es nicht nachvollziehbar, warum eine Halterhaftung zwar bei Falschparken, nicht aber im fließenden Verkehr möglich sein soll.

Was versprechen Sie sich von einer Erhöhung der Bußgelder?

Ich glaube, dass Verkehrssünder dann mehr nachdenken, was sie getan haben, und hoffe auf einen stärkeren Abschreckungseffekt.

Trotz jährlich mehr Verkehrsunfällen geht die Zahl der dabei Getöteten und Verletzten zurück. Wie wollen Sie der Öffentlichkeit eine Bußgeldanhebung vermitteln?

Es gab 2016 bundesweit immer noch etwa 3200 Tote und knapp 400.000 Verletzte. Wir wollen dem Bürger nicht das Geld aus der Tasche ziehen, sondern eine Angleichung in Fällen, bei denen das Strafmaß in keinem Verhältnis zur Gefahr steht. Das ist keine Abzocke. In Deutschland verfolgen wir die Vision Zero - das Ziel, dass niemand mehr im Straßenverkehr sterben soll.

Was bringen hohe Bußgelder, wenn die Kontrolldichte niedrig ist?

Die isolierte Anhebung der Bußgelder bringt nichts. Wir fordern deshalb, dass darüber hinaus die Kontrollbehörden personell besser ausgestattet werden. Da sind einerseits die Länder und Kommunen gefragt, mehr Geld für neue Jobs zur Verfügung zu stellen. Andererseits müssen die Dienststellen wieder mehr Verkehrsspezialisten ausbilden und umschulen.

Arnold Plickert

ist Erster Polizeihauptkommissar und Diplomverwaltungswirt und als geschäftsführender Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei verantwortlich u.a. für die Themenfelder Verkehrspolitik und deutsche Hochschule der Polizei. Bis 2012 war er Vorsitzender des Polizei-Hauptpersonalrats.

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