Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff war undercover als Zusteller für den britischen Paketdienstleister GLS (Ex German Parcel) unterwegs. Die erschütternden Eindrücke seiner Recherche verarbeitete er in Beiträgen für RTL sowie die Wochenzeitung Die Zeit. Wallraffs Kritik: Viele Fahrer arbeiten unter sittenwidrigen Bedingungen. Regelarbeitszeiten zwischen 12 bis 15 Stunden täglich seien keine Seltenheit. Bei einem Monatslohn zwischen 1200 und 1500 Euro netto ergäben sich Stundenlöhne für die Auslieferer von unter fünf Euro.
BVT SPRICHT VON DER SPITZE EINES EISBERGS
Der Bundesverband der Transportunternehmen BVT begrüßte das durch Wallraffs Beitrag ausgelöste Medienecho, kommentierte aber: "Das ist nur die Spitze eines Eisbergs. Seit längerem hat es System, dass Subunternehmer von den großen Paketdiensten massiv unter Druck gesetzt und Preise gedrückt werden", so BVT-Vorsitzende Dagmar Wäscher. Um sich im Wettbewerb behaupten zu können, böten die Platzhirsche für Großkunden Paketpreise oftmals offenbar weit unter drei Euro an. Dieser "ruinöse Wettbewerb" werde auf dem Rücken der kleinen Subunternehmer ausgetragen. Außerdem hätten die großen Paketdienstleister oft Gebietsänderungen zu Ungunsten der Subunternehmen vorgenommen. Die Folge: weitere Umsatzverluste.
GLS wies die Vorwürfe über eine Ausbeutung von Boten zurück. Es handele sich bei dem Beitrag von Walraff um eine "einseitige und verkürzte Berichterstattung". In der Paketbranche stieß die Kritik des Journalisten auf geteiltes Echo. "Wir kennen die Probleme, die die Branche hier hat", sagte der Sprecher der Deutschen Post, Dirk Klasen. Bei der Fremdvergabe von Aufträgen seien jedoch die Subunternehmer verantwortlich, ihre Fahrer angemessen zu entlohnen.