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Bewertungsportale: Das Web ist kein Mülleimer

07.12.2017 08:00 Uhr
Mann
Immer mehr User infromieren sich im Internet über Unternehmen
© Foto: Andy Nowak/Fotolia

Bewertungsportale helfen Bewerbern, sich ein Bild über den künftigen Job zu machen. Für die Betriebe können schlechte Noten im Web verheerend sein - gefrustete Ex-Mitarbeiter verschaffen sich gerne Luft, nicht immer geht es fair zu. Doch die Unternehmen können sich wehren.

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Nerviger Boss, nette Kollegen, durchschnittliche Bezahlung: Immer mehr Arbeitnehmer bewerten im Internet ihre aktuellen und ehemaligen Arbeitgeber. Die entsprechenden Portale heißen Jobvoting, MeinChef und Glassdoor. Sie verändern den Personalmarkt - für einige Unternehmen nicht nur zum Guten.

Auf Kununu, der größten Plattform im deutschsprachigen Raum, haben Mitarbeiter und Bewerber inzwischen bereits knapp 1,65 Millionen Bewertungen zu 320.000 Unternehmen abgegeben - etwa in den Kategorien Arbeitsatmosphäre, Vorgesetztenverhalten, Karrierechancen sowie Gehalt und Sozialleistungen. Jeden Tag veröffentlichen dort Tausende Menschen einen Einblick in ihr Arbeitsleben und rund 2,5 Millionen besuchen die Website im Monat.

Unter ihnen sind auch Mitarbeiter und Bewerber aus dem Wirtschaftszweig Verkehr, Transport und Logistik. Insgesamt 4003 Arbeitgeber aus diesem Bereich haben die Kununu-Nutzer schon bewertet - von A wie Amenda Transporte bis Z wie Zufall Logistics Group. Nicht alle Online-Zeugnisse fallen positiv aus - was manches Hochglanz-Stellenangebot gleich in anderem Licht erscheinen lässt. Doch darunter sind auch Lästereinträge, die sehr subjektiv und im Frust erstellt wurden und Arbeitgebern im Zweifel die Personalsuche erschweren oder sogar ernsthaft das Image schädigen.

ONLINE-PORTALE GEWINNEN AN BEDEUTUNG

Social-Media-Experte Henner Knabenreich schreibt auf seinem Blog "personalmarketing2null.de" seit Jahren über Kununu und Co. Der Blogger und Berater warnt Arbeitgeber davor, diese Portale als irrelevant oder nicht repräsentativ abzutun, weil sich etwa nur eine geringe Zahl von Bewertungen findet. Denn entscheidend sei, wie oft das Profil angeklickt und gelesen wurde. "Wenn man feststellt, dass der Beitrag zu 'Mobbing im Unternehmen' schon 80.000-mal aufgerufen wurde, sollte eine Firma sich schleunigst Gedanken machen", schreibt er in seinem Blog.

Laut einer Studie des Hightech-Verbands Bitkom haben sich bereits drei von zehn Internetnutzern auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen über die Erfahrungen von Mitarbeitern oder Bewerbern informiert. Viele Jobsuchende lassen sich dadurch bei ihrer Entscheidung beeinflussen.

KUNUU-PORTAL PRÜFT DIE EINTRÄGE VORAB

Erfahrungsgemäß kommentiert nur ein kleiner Teil der Nutzer differenziert; ähnlich wie bei Produktbewertungen: Meistens schreiben die, die enttäuscht oder begeistert sind. Dazwischen gibt es wenig. Deshalb hat jeder Anbieter ein System mit Punkten, Sternen oder Noten, um einen Durchschnittswert zu ermitteln.

Arbeitgeber müssen aber nicht jede Äußerung dulden. Zwar prüfen die Portalbetreiber nach eigenen Angaben die bei ihnen gemachten Angaben nach internen Richtlinien. Der Kununu-Nutzer ist zum Beispiel angehalten, eine Bewertung nur abzugeben, wenn er selbst bei dem zu bewertenden Arbeitgeber arbeitet oder gearbeitet hat beziehungsweise sich bei diesem beworben hat. Technische Filter verhindern zudem das Posten von Schimpfwörtern und namentliche Erwähnungen von Personen.

Dennoch: "Negative Bewertungen und Einträge werden oft gezielt eingesetzt, um den guten Ruf des jeweiligen Unternehmens beziehungsweise Arbeitgebers zu schädigen", berichtet Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber-und Medienrecht sowie Gründer der Kanzlei Gulden Röttger Rechtsanwälte. Die Folge: direkte Umsatzeinbußen und Schwierigkeiten, gute Nachwuchskräfte zu finden. Er weiß, wie und wann sich ein Unternehmen dagegen wehren kann.

Verboten sind Schmähkritik, also Beleidigungen, unwahre Tatsachenbehauptungen, Verleumdungen und üble Nachrede. "Eine Rufschädigung kann beispielsweise vorliegen, wenn es zu Beleidigungen kommt, Personen namentlich genannt werden oder Betriebsgeheimnisse publiziert werden", sagt Gulden.

GEZIELTE RUFSCHÄDIGUNG KOMMT IMMER WIEDER VOR

In solchen Fällen brauchen die betroffenen Unternehmen dann einen Anwalt, der sich der Sache annimmt. Denn die Abgrenzung zwischen einer Meinungsäußerung, die einer anderen Person missfällt, und einer rechtswidrigen Meinungsäußerung ist oft schwierig und hängt vom Einzelfall ab. Der Anwalt verlangt dann im Auftrag seines Mandanten, dass der Betreiber der Internetseite die rechtswidrigen, negativen Bewertungen und Einträge binnen einer gewissen Frist löscht oder ändert.

"Kommt Kununu unserer Aufforderung nicht nach, wird das Portal im Auftrag des Arbeitgebers kostenpflichtig abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen", erklärt Gulden. Bleibe dies erfolglos, drohten ein gerichtliches Eilverfahren - einstweilige Verfügung - oder eine Klage auf Unterlassung und Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Die Erfolgschancen seien gut, sagt Gulden.

Gewerbliche Rechtsschutzversicherungen würden in der Regel die Kosten für die anwaltliche Vertretung übernehmen. "Die Arbeitgeber müssen im Falle einer Kostenübernahme ihrer Rechtsschutzversicherung lediglich einen Selbstbehalt zahlen."

VORSICHT MIT BELEIDIGUNGEN UND UNWAHRHEITEN

Ein betroffenes Unternehmen kann darüber hinaus Schadensersatz geltend machen. Die Schwierigkeit liegt aber darin, einen Schaden konkret nachzuweisen. Wenn die Bewertung rechtswidrig war, kann der Arbeitgeber nicht nur Unterlassung und Schadensersatz verlangen, sondern er kann sogar arbeitsrechtlich gegen den Bewertenden vorgehen, wenn der Mitarbeiter noch im Unternehmen tätig ist und eine Pflichtverletzung wie eine Beleidigung oder ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vorliegt. Je nach Schwere des Vergehens steht eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung im Raum. Das Problem ist allerdings: Man weiß in der Regel nicht, wer der Autor ist, da die Bewertungen anonym sind. Ein Portalbetreiber muss keine Namen nennen.

Ein Kununu-Eintrag über das eigene Unternehmen lässt sich übrigens nicht komplett aus dem Netz entfernen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein soziales Interesse besteht, sich über Unternehmen auszutauschen. Dieses wiege schwerer als das des Gewerbetreibenden, sich nicht mit Kritik auseinandersetzen zu müssen.

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