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Falsche Ladungssicherung: Wer zahlt?

31.10.2012 08:00 Uhr
Falsche Ladungssicherung: Wer zahlt?
Kommt es wegen Ladungssicherung zu einem Unfall, bringen Scherben selten Glück.
© Foto: dapd/Jürgen Mahnke

Wenn es um Ladungssicherung geht, nimmt der Gesetzgeber Spediteure, Fahrer und Verlader in die Pflicht - dennoch kommt es immer wieder zu Unfällen. Wer welche Verantwortung trägt und wer bei Unfallschäden haftet.

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Szenen wie diese wiederholen sich immer wieder auf Deutschlands Straßen: Betonbrocken, die durch die LKW-Plane schießen, Gerüstteile, die vom Lastwagen fliegen, oder Getränkekisten, die in Kurven von der Ladefläche rutschen.

Über 2700 Unfälle mit LKW-Beteiligung ereigneten sich 2011 allein im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Südhessen. Die dramatischen Folgen: Neun Personen wurden getötet, 74 Menschen schwer und 266 leicht verletzt. Insgesamt lag der Schaden bei fast zwölf Millionen Euro.

In wie vielen Fällen eine mangelhaft gesicherte Ladung Unfälle verursacht, lässt sich nur schwer ermitteln. "Wenn ein LKW in einer Kurve umkippt, ist die offizielle Begründung oft überhöhte Geschwindigkeit. On top kommt aber nicht selten, dass die Ladung nicht richtig gesichert wurde, im Inneren umherrutscht und dann für einen falschen Schwerpunkt des Fahrzeugs sorgt", sagt Manfred Sommer, Vorsitzender des Königsberger Ladungssicherungskreises. Exakte Zahlen oder Statistiken gebe es keine. Aber Schätzungen. "Wir gehen davon aus, dass es rund 2500 relevante Unfälle aufgrund von Ladungssicherungsfehlern pro Jahr in Deutschland gibt", sagt Uwe-Peter Schieder, Referent Transportversicherung beim Gesamtverband der Deutschen Ver sicherungswirtschaft (GDV). Die Schadenssumme belaufe sich demnach auf rund 500 Millionen Euro. "Und das ist eine sehr konservative Schätzung", ergänzt Schieder. Etwa 70 Prozent der Transporte, die einer Ladungssicherung bedürfen, sind seiner Meinung nach nicht ausreichend gesichert. Bei zehn bis 20 Prozent ebendieser bestünden sogar gravierende Mängel.

VIELEN BETEILIGTEN FEHLT DAS FACHWISSEN

"Vielen Frachtführern, Verladern und Fahrern fehlt einfach das Bewusstsein, wie wichtig Ladungssicherung ist, aber auch das nötige Wissen in punkto Physik", meint Sommer. In seiner Zeit als Polizist hörte er bei Kontrollen von Fahrern nicht selten: "Ich fahre immer vorsichtig, da kann nichts passieren." Oder: "Meine Ladung ist so schwer, die kann gar nicht verrutschen." Dabei zählt das falsche Einschätzen des Ladungsgewichts zu den häufigsten Fehlern. "Nicht Gewicht sichert die Ladung vor Verrutschen, sondern Reibung. Schon eine rutschfeste Gummimatte unter der Ladung erhöht die Sicherheit enorm", sagt Schieder.

Und für die sind vor allem der Fahrer und der Verlader verantwortlich. Laut Paragraf 22 der Straßenverkehrsordnung (StVO) müssen diese "die Ladung einschließlich der Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen so verstauen und so sichern, dass sie selbst bei einer Vollbremsung oder plötzlichen Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können". Das Gesetz nimmt also Fahrer und Verlader gleichermaßen in die Pflicht.

DIE STVO NIMMT FAHRER IN DIE PFLICHT

Aus Paragraf 23 der StVO ergibt sich zudem, dass der Fahrer dafür verantwortlich ist, "dass das Fahrzeug sowie die Ladung vorschriftsmäßig gesichert sind und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung nicht leidet. Er muss die betriebssichere Beladung der Fahrzeuge und die Ladungssicherung beachten". Das bedeutet: Der Fahrer darf die Fahrt erst dann antreten, wenn die Ladung ordnungsgemäß gesichert ist. Zu seinen Aufgaben zählen damit laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), dass er unter anderem die zulässigen Abmessungen und Achslasten einhält, die getroffenen Ladungssicherungsmaßnahmen kontrolliert - und zwar auch, wenn er den LKW nicht selbst beladen hat -, aber auch unterwegs Kontrollen durchführt und falls nötig zum Beispiel die Zurrmittel nachspannt.

LADUNG SICHERN NACH DER VDI-RICHTLINIE 2700

Der Gesetzgeber erlegt aber auch dem Spediteur als Fahrzeughalter Pflichten auf. Nach Paragraf 31 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) darf der Fahrzeughalter die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung leidet.

"Für die korrekte Ladungssicherung sind damit Fahrer, Verlader und Spediteur verantwortlich. Diese Dreifachverantwortung lässt sich nicht voneinander trennen. Das ist vom Gesetzgeber auch so gewollt", sagt Schieder. Was die Verantwortlichen in punkto Ladungssicherung jedoch konkret tun müssen, sagt das Gesetz nicht. Nach Paragraf 22 (1) der StVO sind die anerkannten Regeln der Technik zur Ladungssicherung zu beachten. Das sachgerechte Verstauen und Sichern der Ladung erfordert laut BGL somit, dass man sich an die in der Praxis anerkannten Regeln des Speditions- und Fuhrbetriebes hält. Dies sind gegenwärtig die Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure, die VDI 2700 "Ladungssicherung von Straßenfahrzeugen", in Verbindung mit DIN EN-Normen, die technische Aspekte zu den eingesetzten Hilfsmitteln, Ausrüstungsgegenständen und (Fahrzeug)-Aufbauten zur Ladungssicherung aufgreifen.

Doch wer haftet für die Schäden, die durch fehlende oder falsche Ladungssicherung entstehen? Zunächst einmal gilt, dass die gesetzlichen Haftungsbegrenzungen nicht gelten, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine sonstige in Paragraf 428 des Handelsgesetzbuchs (HGB) genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird, begangen hat. "Bei fahrlässigem Verhalten hingegen haften der Frachtführer oder Verlader", erklärt Jürgen Raab, Abteilungsdirektor Transport bei der Kravag-Logistic-Versicherung, der außerdem auf Unterschiede hinsichtlich der Haftung für Schäden am zu befördernden Gut hinweist: "Grundsätzlich haftet der Beförderer nur gewichtsbezogen, also rund zehn Euro je Kilogramm, für den Güterschaden im Rahmen der Regelhaftung. Hat er die mangelhafte Ladungssicherung dagegen grob fahrlässig bzw. bewusst und leichtfertig herbeigeführt, so haftet er im Rahmen des qualifizierten Verschuldens in der Regel unbegrenzt."

MAN SOLLTE LIEBER AUF NUMMER SICHER GEHEN

Absichern kann sich der Frachtführer mit einer Verkehrshaftungsversicherung. Diese deckt Schäden an transportierten Gütern ab. "Die Deckung greift grundsätzlich auch dann, wenn der Schaden vom Frachtführer, also vom Versicherungsnehmer oder einem seiner Leute, verschuldet worden ist", sagt Raab. Und das Verschulden kann eben auch in einer mangelhaften Ladungssicherung liegen.

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