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Euro 7: EU-Länder wollen keine strengeren Grenzwerte

26.09.2023 12:46 Uhr | Lesezeit: 3 min
EU-Mitglieder_Flaggen
Die EU-Länder haben sich auf eine gemeinsame Position zu Euro 7 geeinigt
© Foto: European Union/Georges Boulougouris

In Brüssel haben sich die Vertreter der Mitgliedsländer auf eine einheitliche Position zu Euro 7 geeinigt, von den Vorstellungen der Bundesregierung findet sich darin wenig.

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Bei einem EU-Ministertreffen konnte sich Deutschland nicht mit Forderungen zur geplanten Abgasnorm Euro 7 durchsetzen. Nach einer Abstimmung am Montag, 25. September, in Brüssel wollen die EU-Staaten weder strengere Grenzwerte für Schadstoffe noch Ausnahmen für E-Fuels in die geplanten Regeln aufnehmen, wie aus Angaben der EU-Staaten und der spanischen EU-Ratspräsidentschaft hervorgeht.

So teilten die EU-Staaten mit, für Autos und Transporter von Privatpersonen sollen die gleichen Grenzwerte wie bei der bestehenden Euro 6-Regulierung gelten, die von Lkw und Bussen sollen "leicht angepasst" werden. Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) hatte bereits den Vorschlag der EU-Kommission, der die Grundlage für die Position der EU-Staaten ist, als nicht sehr ambitioniert bezeichnet.

„Der mehrfach abgeschwächte Entwurf geht bei vielen Vorgaben für Luftschadstoffe nicht über die bisherigen Regelungen hinaus“, kritisierte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Deutschland habe das Vorhaben „aus guten Gründen abgelehnt“. Die Bundesrepublik wurde aber von einer Mehrheit der anderen EU-Staaten überstimmt. Im Laufe der Verhandlungen sei der ursprünglich ambitionierte Vorschlag der Kommission erheblich abgeschwächt worden, so Lemke.

Die Überarbeitung der Grenzwerte geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück, durch den der Schadstoffausstoß von Fahrzeugen wie Autos, Transportern und Lkw strenger als bislang reguliert werden soll. Neu ist sowohl im Vorschlag der Kommission als auch dem der EU-Staaten, dass künftig auch gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entstehen kann, reguliert werden sollen. Das bedeutet, dass auch Elektroautos und Wasserstofffahrzeuge von den Regeln betroffen wären.

Ferber sieht Kompromiss mit Augenmaß

Laut zwei Studien der Europäischen Umweltagentur und der sogenannten Gemeinsamen Forschungsstelle war der Straßenverkehr 2018 für 39 Prozent der schädlichen NOx-Emissionen (Stickoxide) – in Städten 47 Prozent – und 11 Prozent der gesamten PM10-Emissionen (Feinstaub) verantwortlich. Die EU-Staaten hätten die Chance verpasst, die Gesundheit der Menschen zu schützen, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Dass es keine Ausnahmeregeln für E-Fuels gibt, bezeichnete er als Schlappe für Verkehrsminister Volker Wissing.

Als einen „Kompromiss mit Augenmaß“, bezeichnet hingegen der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) die Einigung. „Mit einer deutlich abgeschwächten Euro-7 Abgasnorm schiebt der Rat dem überzogenen Kommissionsvorschlag einen Riegel vor“, sagte Ferber, der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament. Die Ratsposition sei ein Schritt in die richtige Richtung.

Nichtsdestoweniger sieht der CSU-Europaabgeordneten die Verbotspolitik der Europäischen Kommission, die sich in einer Reihe verschiedener Einzelvorschläge zeigt, in der Gesamtschau weiterhin kritisch: „Nimmt man die Verschärfungen der Luftqualitätsrichtlinie, der Euro 7-Abgasnorm und der CO2-Flottengrenzwerten zusammen, so muss man den Eindruck gewinnen, dass die Kommission systematisch auf den Tod der europäischen Automobil- und Zulieferindustrie hinarbeitet. Es ist richtig, dass der Rat dem nun einen Riegel vorgeschoben hat.“

Kritik an uneinheitlichen Positionen Deutschlands

Ferber zeigt sich enttäuscht hinsichtlich des Versprechens von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mehr Technologieneutralität durch E-Fuels zu verankern. Ferber kritisiert, dass Wissing nicht nur bei den CO2-Flottengrenzwerten die Chance verpasste E-Fuels zu verankern, sondern nun auch bei der Überarbeitung der Euro 7 Abgasnorm.

Ferber kritisierte eine „Zersplitterung innerhalb der Ampel-Regierung“, der es nicht gelinge in Brüssel „mit einer Stimme zu sprechen“. So sah Ferber einen „E-Fuels Kreuzzug“ von Verkehrsminister Wissing einerseits und die Forderung von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nach schärferen Grenzwerten andererseits.

Weitere Reaktionen von Verbänden und Politikern

Der europäische Branchenverband Acea begrüßte die Position der EU-Staaten grundsätzlich. Diese sei eine Verbesserung im Vergleich zum Vorschlag der Kommission. Die Industrie sei bereit, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, es solle aber sichergestellt werden, dass Autos bezahlbar und Unternehmen wettbewerbsfähig blieben.

„Diese Einigung ist ein gutes Signal für eine individuelle und nachhaltige Mobilität. Mit seinen Zielsetzungen hat der Europäische Rat eine gute Balance zwischen den nach wie vor sehr hohen Standards bei Umwelt- bzw. Gesundheitsschutz einerseits und der Bezahlbarkeit der individuellen Mobilität bei Neufahrzeugen gefunden“, so auch Kurt-Christian Scheel, Hauptgeschäftsführer des  Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK).

Der ZDK kritisiert den Ratsbeschluss allerdings beim Thema E-Fuels. „Die alleinige Messung der Emissionswerte am Auspuff ist bei E-Fuels unrealistisch, denn die CO2-Ersparnis ist in der Produktion der Kraftstoffe bereits vorgelagert. Hier sollte im weiteren Gesetzgebungsprozess noch erheblich nachgebessert werden, um Technologieoffenheit, Innovation und Klimaschutz weiter zu stärken“, so Scheel weiter.

Vehemente Kritik gibt es hingegen von Umweltverbänden. „Schmutzige Luft verursacht jedes Jahr Hunderttausende vorzeitige Todesfälle in Europa und Straßenverkehr ist eine Hauptursache dafür“, sagte Marissa Reiserer, Greenpeace-Verkehrsexpertin. Die EU-Staaten hätten den kurzfristigen Interessen der Autoindustrie nachgegeben.

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Die EU-Staaten hätten die Chance verpasst, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Dass es keine Ausnahmeregeln für E-Fuels, also synthetisch hergestellte Kraftstoffe, gibt, bezeichnete er als Schlappe für Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Hintergrund des Drängens auf E-Fuel-Ausnahmen ist der Streit um das für 2035 festgelegte Aus für Neuwagen, die Benzin oder Diesel tanken. Auf das Verbot hatte sich die EU vergangenes Jahr geeinigt. In der Bundesregierung hatte daraufhin vor allem die FDP darauf gedrungen, ausschließlich mit E-Fuels betankte Autos vom sogenannten Verbrenner-Aus auszunehmen. Dies soll unter anderem über die Abgasnormen Euro 6 und Euro 7 ermöglicht werden. Nach FDP-Angaben hätte bereits bei diesem Ministertreffen mehr Rechtssicherheit für mögliche Ausnahmen vom Verbrenner-Aus entstehen können.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums teilte mit, im zuständigen Ausschuss auf EU-Ebene werde nun am 4. Oktober ein Vorschlag für eine Regelung über die Abgasnorm Euro 6 diskutiert. «Die Bundesregierung prüft aktuell die Details des Vorschlags und befindet sich in der Abstimmung», hieß es. Der Weg, dass nach 2035 ausschließlich mit E-Fuels betankte Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor weiterhin zugelassen werden können, werde von der EU-Kommission «konsequent weiter beschritten.»

Mit der Positionierung der EU-Staaten ist die neue Abgasnorm Euro 7 noch nicht fertig verhandelt. Das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte EU-Parlament muss sich auch noch auf eine Position einigen und in einem letzten Schritt muss ein Kompromiss zwischen den Forderungen des Parlaments und der EU-Staaten gefunden werden.

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