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Die nächste Generation

23.05.2018 12:00 Uhr
Die nächste Generation
Andreas Meyer übergibt die Spediton in die Hände seiner Töchter Lisa (l.) und Frauke
© Foto: Karel Sefrna

Andreas Meyer war kurz davor, seine Firma zu verkaufen. Die Töchter Frauke und Lisa haben ihn eines Besseren belehrt.

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Fünf Jahre hat Andreas Meyer als Fahrer gearbeitet. Dann stand für den gelernten Kfz-Kaufmann fest: Ich mach' mich selbstständig! Auch wenn der ehemalige Chef der erste Auftraggeber war und er schon eine kaufmännische Ausbildung hatte, waren die ersten Schritte steinig. "Ich musste die komplette IHK-Ausbildung machen, und den ersten eigenen Lkw konnte ich mir nur leisten, nachdem ich meinen Privat-Pkw verkauft hatte", erinnert sich Meyer.

Die erste Zugmaschine war ein Mercedes NG. Schon damals setzte Meyer auf Silotransporte - das ist bis heute so geblieben. "Wobei ich zwischendrin auch mal Kippsattel hatte." Aus einem Lkw wurden schnell drei, dann fünf ... "Dann kam die Wiedervereinigung. Da hätte man schnell groß werden können", meint der Senior-Chef.

LANGSAMES WACHSTUM IST LANGFRISTIG GESÜNDER

"Aber ich hielt es für besser, erst mal zu konsolidieren und langsam, aber gesund zu wachsen." Dazu gehörte auch, dass Meyer 2000 einen neuen Betriebssitz bezog, mit Waschstraße, Lkw-Halle und Büro. So wuchs das Transportunternehmen langsam, aber stetig - und mit dem sechsten, siebten, ... Lkw jährten sich die Geburtstage des Unternehmensgründers. "Inzwischen hatte ich ein Alter erreicht, bei dem man sich ernsthaft Gedanken macht, wie's mit der Firma weitergehen soll." Die beiden Töchter hatten bislang wenig Interesse gezeigt.

"So richtig klick gemacht hat's erst, als unsere Eltern ernsthafte Verkaufsabsichten äußerten", erinnert sich die ältere Tochter Frauke. "Da denkt man darüber nach, dass die Firma doch immer auch Teil der Familie war und dass man die doch nicht in fremde Hände geben kann."

Am Ende der Überlegungen stand für Frauke fest: "Ich mache eine Lehre und steige ins Unternehmen ein." Gesagt, getan, absolvierte sie bis 2014 eine Ausbildung zur Speditionskauffrau und stieg dann ins Familienunternehmen ein. "Bei einem anderen Unternehmen zu lernen, hat mir wirklich was gebracht. Da sieht man, wie es woanders funktioniert, lernt andere Sichtweisen kennen und macht eigene Erfahrungen. Wäre ich ohne dieses Rüstzeug in den Familienbetrieb eingestiegen, wäre es gerade auf der persönlichen Ebene schwer geworden." Und Vater Andreas ergänzt: "Jetzt versuchen wir aus den gemeinsamen Erfahrungen einen guten Weg zu finden. Und Fraukes Expertise - immerhin hat der Lehrherr, das Familienunternehmen Gress und Zapp, 250 Mitarbeiter - ist für uns als Firma wertvoll."

Die Junior-Chefin hat als eine der ersten Aktionen das Büromanagement überarbeitet und "Excellisten gegen eine vernünftige Speditionssoftware getauscht", wie sie lachend erzählt. Aktuell kümmert sie sich um die Abrechnung und die betriebswirtschaftlichen Abläufe, "damit bin ich mitten im Epizentrum", schmunzelt sie.

Der Papa zieht sich, auch seit seine zweite Tochter Lisa noch eingestiegen ist, immer mehr zurück - zumindest aus der aktiven Betriebsführung. "Aber ich fahre nach wie vor einen unserer Lkw", betont Andreas Meyer. "Eigentlich hatte ich vor, nur noch die Spitzen zu fahren. Aber das klappt einfach nicht - Fahrermangel, Urlaube, Krankheiten." Da müsse er ständig ran. "Um ehrlich zu sein, ist es für uns auch unkomplizierter im Büro, wenn Papa auf dem Lkw sitzt", sind sich die Schwestern einig.

DER CHEF IST CHEF - EBENSO ABER AUCH EIN KOLLEGE

Das Fahrer-Team von Meyer findet es klasse, dass der Chef noch selbst mitfährt. "Ist doch bestens, wenn unser Boss weiß, was in der Praxis passiert, und uns seine Tugenden vorlebt", meint Detlef. Der groß gewachsene Volvo-Chauffeur ist seit 16 Jahren an Bord und eingefleischter Silo-Fahrer. "Das ist ein sauberer und gut kalkulierbarer Job. Den habe ich schon früher, bei meinem alten Arbeitgeber, immer gerne gemacht."

Kollege Guido ist da ganz anderer Meinung: "Ich fahre lieber Plane. Da kommt man weiter herum, lernt öfter neue Leute kennen - das ist noch echtes Trucker-Leben." Streit, was jetzt wirklich besser ist, bricht unter den Fahrern nicht aus, weil am Ende jeder das machen kann, was er am liebsten macht - eine Philosophie von Meyer.

So versucht Andreas Meyer auch die Wünsche der Fahrer nach dem Lieblings-Lkw zu erfüllen. "So hat Martin, der auch nach 31 Jahren Berufspraxis noch immer begeisterter Lkw-Fahrer ist, einen Scania bekommen", erzählt Meyer senior. "Sonst hätte ich auch nicht angefangen", lacht Martin. "Bei meinem vorherigen Arbeitgeber hat der Schwiegersohn das Ruder übernommen - und nur Unfrieden gestiftet. Am Ende wollte er mir noch einen Mercedes aufs Auge drücken. Da bin ich dann schnellstens weg ..."

FAMILIENUNTERNEHMEN - DER NAME IST PROGRAMM

Ein Problem mit den Schwiegersöhnen wird es bei Meyer eher nicht geben. "Die gibt's zwar", meint Frauke. "Aber meine Schwester und ich haben eine klare Übereinkunft mit unseren Männern, dass sie sich nicht ins Familienunternehmen einmischen, sondern ihr eigenes Ding machen."

Den Umgang mit dem Senior und seinen beiden Töchtern beschreiben die Fahrer unisono als "sehr familiär". Man ist per Du, aber das führt nicht dazu, dass man den gegenseitigen Respekt verliert. Familie ist auch das Stichwort für Daniel. Normalerweise bringen ja Väter ihre Kinder ins Unternehmen. Bei dem Fahrer Daniel ist es dagegen umgekehrt. "Ich hab meinem alten Herren so oft von unserem Laden vorgeschwärmt, dass er irgendwann auch angeheuert hat." Und beide haben ihren Traum-Lkw bekommen. "Ich darf jetzt den neuen Scania fahren", schwärmt Daniel. "Das beste Auto, das ich je hatte." Erst auf mehrfache Nachfrage verrät er, was denn sein Paps fährt: "DAF", kommt dann kleinlaut und mit gespieltem Unverständnis ...

Die "Einsteigermarke" bei Meyer ist MAN. Unter all den schwarzen Prachtstücken sticht ein älterer, weißer TGX heraus. "Den bekommt bei uns jeweils der neueste Fahrer", erklärt Andreas Meyer. "Wer sich auf dem Premieren-Truck bewährt hat, kann sich anschließend sein künftiges Arbeitsgerät wünschen - sofern es zu unseren vier Marken passt."

Auch wenn Andreas Meyer und seine Töchter auch weiterhin nur langsam wachsen wollen, so wollen sie wachsen. "Und dafür brauchen wir gute Fahrer."

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