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Fahrerporträt Bekkema: Vom Fern- zurück in den Nahverkehr

06.01.2014 08:00 Uhr
Fahrerporträt Bekkema: Vom Fern- zurück in den Nahverkehr
Vom Fernverkehr zog es Bekkema zurück zum heimischen Kirchturm
© Foto: Jan Burgdorf

Maik Bekkema hatte vom Fernverkehr die Nase gestrichen voll. Und fand eine Nische, die sich perfekt mit Familie und Hobby vereinen lässt.

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Welcher LKW-Fahrer kann schon behaupten, bei all seinen Touren täglich gleich zwei Mal am Kirchturm seines Heimatdorfes vorbeizukommen?

Für Maik Bekkema ist diese "Heimatverbundenheit" Realität. Das war allerdings nicht immer so: Bis vor drei Jahren fuhr der begeisterte LKW-Fahrer mit einem MAN TGA plus Plateau-Auflieger noch Baustahlmatten durch Europa (Bericht in TRUCKER 8/2006). "Mir hat es irgendwann einfach gereicht", erinnert sich der 37-Jährige. "Im Fernverkehr jagst du doch nur noch deinen Terminen hinterher, bist für alle der Depp und kannst vom sauer verdienten Gehalt kaum leben!" Vor allem aber sollten seine vier Kinder den Vater öfter sehen als nur an den kurzen Wochenenden.

Also Schluss damit! Maik suchte nach - wie er es nennt - "lebenswerteren" Alternativen und fand diese in unmittelbarer Nähe seines Heimatdorfes im niedersächsischen Rethem bei der Firma Stephan Harms. Das landwirtschaftliche Unternehmen besitzt unter anderem drei Mercedes Actros mit Lebensmittel-Tankauflieger, die im Auftrag eines in der Nähe ansässigen Lebensmittelkonzerns Molke aus dem Werk zu den Schweinezuchtbetrieben im Landkreis fahren.

"Natürlich könnten die Landwirte alternativ auch mit Wasser füttern, aber uns Menschen schmecken Cornflakes mit Milch ja auch besser und Schweine sehen das eben ähnlich," erklärt Maik augenzwinkernd den Hintergrund seiner Arbeit. Viel wichtiger ist für ihn allerdings die Struktur, die der Job mit sich bringt. Montags erstellt der Chef eine Liste, welche Betriebe in der laufenden Woche zu beliefern sind. So weiß Mike bereits am Anfang der Woche welche Tour er am Samstag fährt. Wann genau der Kunde angesteuert wird, liegt bei Harms übrigens in der Verantwortung der Fahrer. Einzige Bedingung: Die Molke darf den Kunden niemals ausgehen, weshalb Maik über alle Pegelstände und den Molkeverbrauch bei seinen Kunden penibel Buch führt.

Ansonsten verläuft der Arbeitsalltag angenehm entspannt: Spätestens um 5:15 Uhr steht er mit seinem Actros 1841 im Werk an der Beladestation. Hier muss er lediglich den Füllschlauch anschließen, die Bodenventile des Dreikammer-Magyar-Milchaufliegers öffnen und die Frachtpapiere holen. Dann heißt es nur noch: Warten, bis die automatische Füllstandskontrolle im Auflieger "Tank voll" meldet. Was in Zahlen exakt 25.100 Liter Molke bedeutet, womit der Zug gerade noch unter 40 Tonnen bleibt.

Bevor die Fahrt losgeht, wirft Maik einen Blick auf den elektronischen Einsatzpiepser der Freiwilligen Feuerwehr, welcher stets griffbereit in der Actros-Kabine liegt. "Auch so eine Sache, die du im Fernverkehr komplett vergessen kannst!" Dann geht's über kleine Landstraßen zum Kunden.

Autobahn fährt Maik so gut wie nie, selten ist der zu beliefernde Betrieb mehr als 40 Kilometer vom Werk entfernt. "Das Wort Stau ist für mich zum Fremdwort geworden", lacht er. "Gleiches gilt für Kontrollen, die es auf Landstraßen auch so gut wie nie gibt!" Und falls doch, hat der Profi nichts zu verbergen: "Der LKW wiegt nie mehr als erlaubt und meine Fahrerkarte ist immer sauber!" Letztere steckt Maik übrigens nur zur eigenen Kontrolle, denn der Transport von Milcherzeugnissen für Futtermittel innerhalb von 100 Kilometern unterliegt einer Sonderregelung in der Fahrpersonal-Verordnung.

60 STUNDEN WENIGER, ABER TROTZDEM MEHR GELD

Länger als eine Stunde dauert der Transfer zum Kunden aber ohnehin selten. Wie beim Laden arbeitet Maik auch hier völlig autark. "Die Landwirte kommen meist nur dazu, wenn sie Lust auf ein Schwätzchen haben." Außer dem erneuten Anschließen des Schlauches und in seltenen Fällen der Elektropumpe im Auflieger bleibt Maik nichts zu tun und er kann während des Abladens die Landschaft und Ruhe der Heide genießen. Drei solcher Fuhren schafft er im Schnitt an einem Arbeitstag, der spätestens um 14:30 Uhr endet. Dienstag bis Samstag ist er auf Tour, Sonntag und Montag ist Wochenende. Da bleibt genug Zeit für Familie und Feuerwehr.

Aber werden die Fahrten rund um den Kirchturm für den ehemaligen Fernfahrer nicht auf Dauer langweilig? "Die Strecke Hamburg-München ist mit der Zeit genauso eintönig," so Maiks prompte Antwort. "Ich bereue den Schritt nicht und kann nur jedem empfehlen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ich arbeite jetzt 60 Stunden im Monat weniger und habe obendrein noch rund 100 Euro mehr auf meinem Gehaltszettel!"

Ein Wermutstropfen bleibt für Maik allerdings doch: Denn die spröde Optik seines fünf Jahre alten und 650.000 Kilometer gelaufenen MP2-Actros macht für den Showtruck-Fan, der eher schwedische Marken favorisiert, einfach nicht genug her! Mit etwas Chrom-Zierrat würden die Kirchturm-Touren für Maik noch deutlich mehr Glanz bekommen.

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