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Porträts auf der Autobahn: Ins rechte Licht gerückt

08.06.2015 08:00 Uhr
Porträts auf der Autobahn: Ins rechte Licht gerückt
Die Körpersprache ist abwehrend, doch der Hund verrät den weichen Kern
© Foto: Ortmanns/Lindern

Die beiden Studiofotografen Stephan Ortmanns und Lukas Linden suchen für einen geplanten Bildband nach "echten" Gesichtern - und finden sie entlang der Autobahn.

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Wer schon einmal eine Folge von Heidi Klums "Germanys next Topmodel" gesehen hat, weiß, wie lange Visagisten, Stylisten, Kostümbildner und Lichttechniker an der Alltagserscheinung von Models herumwerkeln, bis ein Foto wie gewünscht im Kasten ist. Dieser sterilen, künstlichen Arbeitswelt, in der sie sich normalerweise bewegen, setzen die beiden jungen Fotografen Stephan Ortmanns und Lukas Linden mit ihrem neuen Projekt ein Gegengewicht.

"Portraits from the Autobahn" heißt ihre Serie von Lkw-Fahrer-Fotos, die am Ende als gedruckter Bildband erscheinen sollen. Eigentlich "Straßenfotografie" im Wortsinn. Die Arbeit daran ist für die ambitionierten Kölner immer wieder eine kleine Auszeit von ihren gewohnten Jobs in der Werbefotografie. "Ich wollte für ein eigenes Projekt einmal Gesichter aus dem richtigen Leben fotografieren", beschreibt Stephan Ortmanns seine Motivation. "Bei der Berufsgruppe Lkw-Fahrer habe ich solche gestandenen Charaktere vermutet. Und ich war neugierig auf die Menschen hinterm Steuer." Bis er das erste Mal "draußen" war, wusste Stephan allerdings nicht viel mehr als viele andere Verkehrsteilnehmer über die Menschen auf den 40-Tonnern. Inzwischen hat sich das geändert.

DEN MENSCHEN HINTER DEM STEUER EIN GESICHT GEBEN

"So viele Autofahrer regen sich schnell mal über einen Lkw beziehungsweise dessen Fahrer auf", sagt Stephan jetzt, "dabei ist das ein krasser, anspruchsvoller Job. Hut ab - ich könnte das nicht machen." Er fragt sich beispielsweise, wie man auf den Touren ununterbrochen die Aufmerksamkeit und Konzentration aufrecht erhalten kann. Wie man auf einem lauten Parkplatz schlafen kann. Wie man das ständige Von-Zuhause-Fortsein aushält. "Mich hat das Projekt sensibilisiert." Inzwischen hat er sich so weit mit seinen "Models" identifiziert, dass sein Ziel lautet: "Auch andere dazu anzuregen, diese Berufsgruppe von einer positiven Seite zu betrachten und vor allem die Menschen hinterm Steuer wahrzunehmen."

Im August 2014 starteten die beiden jungen Männer mit ihrer Arbeit. Sie sind meist auf Autohöfen rund um Köln unterwegs. Dort sprechen sie die Fahrer einfach an - und lernten dazu. "Wir haben viele Männer aus den östlichen Gebieten angetroffen, das war uns gar nicht so klar. Vor allem aus Polen, aus der Ukraine und Russland."

Außerdem wissen sie jetzt, dass es wegen der Fahrverbote vorteilhafter für sie ist, sonntags und vor allem bei gutem Wetter auf die Parkplätze zu fahren - nicht nur, weil dann das Licht zum Fotografieren besser ist. Haben sie ein "Objekt ihrer Begierde" gefunden, gilt es oftmals, schnell zu sein, bevor die Ruhepause rum ist. Das richtige Licht einfangen, einen geeigneten Hintergrund bestimmen, vor allem, in der Kürze der Zeit die Stimmung auf dem Foto festhalten, die die Persönlichkeit des Fahrers am besten zum Ausdruck bringt.

"Unser erster Fahrer, der fürs Foto auf einer Brücke steht, war zu dem Zeitpunkt sehr in Sorge", erzählt Stephan Ortmanns. "Er lebt mit seiner Familie in Spanien, stammt aber ursprünglich aus der Ukraine. Für ihn ist der Ukraine-Konflikt eine große Belastung und er lebt in ständiger Sorge um seine Heimat" (Foto 1). Ein anderer Fahrer (Foto 2) war mit den Gedanken viel bei seiner Frau. "Sie lag zu der Zeit der Aufnahmen im Krankenhaus", berichtet Stephan, "und so musste er den Familienhund diesmal mit auf Tour nehmen."

Es sind vielleicht nicht die ganz großen Geschichten, die die beiden Künstler "from the Autobahn" mitbringen. Das macht aber nichts. Die Gesichter und das Ambiente sprechen für sich. Gerade im Arbeitsalltag zeigen sich Menschen, wie sie wirklich sind.

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