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Spültrieb

07.08.2013 08:00 Uhr
Spültrieb
Mit fahrzeugeigenem Druckwasser wird der Tank gereinigt
© Foto: Felix Jacoby

Ein komplexes Stück LKW ist der Kanalspülwagen von Manfred Köck aus der Steiermark. Und komplex ist auch der Job des jungen Fahrers.

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Dass Abflüsse und Kanäle reibungslos funktionieren, ist für uns selbstverständlich. Doch dafür braucht es regelmäßige Wartung und Reinigung. Das erledigen Leute wie Manfred Köck mit ihren Saug- und Spülwagen.

An diesem Tag lautet der Auftrag, die Kanalschächte zu säubern, die entlang der Neubautrasse der Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt bei Groß St. Florian gelegen sind. Von der Gemeinde hat der Fahrer Zugang zu einem Wasserhydranten mit Zähler bekommen, diesen Service muss sein Arbeitgeber natürlich bezahlen.

Franz Prutti aus St. Georgen in der Steiermark hat seine Umwelttechnikfirma 1988 gegründet, heute sind acht schwere Saugspülwagen sowie kleinere Fahrzeuge im Einsatz. Für extreme Aufträge stehen ein zweiachsiger Allrad-Spülwagen und ein LKW-Chassis bereit, das einen alten Scania-V8-Schiffsmotor auf dem Rahmen trägt. Wenn der als gnadenloser Pumpenantrieb angeworfen wird, feuert das Druckwasser mit bis zu 3000 bar aus den Rohren.

An diesem Tag wird Manfred Köck (24) von seinem Kollegen Dominik Skoff (23) im Laborwagen begleitet. Das wechselt je nach Einsatz - hier empfiehlt es sich, weil einer über die Leitern in den Untergrund steigt und der andere von oben zuarbeitet. Unerlässlich ist die Fähigkeit, Baupläne zu lesen, denn diese sind die Grundlage der systematischen Arbeit.

Wegen des Neubaus sieht das Unterirdische hier sehr frisch und sauber aus. Natürlich haben die Kanalreiniger aber auch in unangenehmeren Umgebungen oder mit übleren Materialien zu tun. Je nach Härte der Aufgabe werden Behälter- und Schmutzzulagen auf den Lohn gepackt.

WIEDERAUFBEREITUNG AN BORD: WASSER WIRD ZURÜCKGEWONNEN

Das Fahrzeug, aufgebaut von Bertsch im vorarlbergischen Frastanz, ist seit Februar 2013 in Betrieb und repräsentiert den aktuellsten Stand der Spülwagentechnik. Eine variable Trennwand im zylindrischen Tank, die per Druck und Vakuum bewegt und mit Anschlägen arretiert wird, erlaubt es, die Tankgrößen für Schlamm und Wasser dem jeweiligen Einsatz gemäß anzupassen. Etwas Besonderes ist auch die Filteranlage, die nassen Schlämmen die Feuchtigkeit entzieht und als Brauchwasser dem System bereitstellt. "Das ist super", sagt Manfred Köck, "denn Wasser wird immer wertvoller und knapper. Für viele Aufgaben reicht das rückgewonnene Nass vollkommen, dann brauchen wir kein frisches."

Über dem Tank lässt sich eine Art Galgen als Schlauchträger zur Seite schwenken und nach hinten ausschieben. So reicht es, den LKW in die Nähe des Kanaldeckels zu rangieren, die Feinjustierung erledigt der mechanische Arm. An seinem Ende sind Schlauchspindeln und -haspeln montiert. Alles wird per Fernsteuerung bedient.

Bei großen Kanalschächten muss Dominik nach unten steigen, um sie per Hochdruckschlauch mit 250 bar zu reinigen, Manfred lässt gleichzeitig von oben den Saugschlauch herab, mit dem die Kammer anschließend von Schlamm und Wasser befreit wird. Dann fährt er einen Kilometer weiter, um den Schlamm in einer dafür vorgesehenen Kuhle zu entsorgen.

Der MAN TGS ist ein feines Stück Lastwagen. Manfred Köck konnte seinen Chef davon überzeugen, dass Armin "Minski" Ofner die Verschönerung mit Edelstahl übernimmt. Zum einen empfand Franz Prutti die von MAN wegen des Aufbaus hochgezogenen Original-Auspuffrohre als "schiach" ("unschön"). Zweitens gefiel ihm der Gedanke, einen schmucken Werbeträger für sein Unternehmen zu realisieren.

Der Vierachser hat 540 PS, ein handgeschaltetes ZF-Getriebe und die Achskonfiguration 8x4, das heißt zwei gelenkte und zwei angetriebene Achsen. Kühlschrank und Standklima sorgen für extra Komfort an Bord. Als selbstfahrende Arbeitsmaschine registriert, darf das Fahrzeug laut Genehmigung 37 Tonnen wiegen. Mit dieser Masse auf teils weichen Böden zu rangieren, verlangt Geschicklichkeit, um sich nicht ständig festzufahren. Dass man ab und zu doch mal eine Baumaschine zum Bergen braucht, ist normal.

VIELFALT IM UNTERGRUND: KEIN AUFTRAG GLEICHT HIER DEM ANDEREN

Seit 2010 ist der gelernte Metallschlosser Köck bei Prutti im Einsatz, erst ein halbes Jahr zum Lernen, dann auf einem Dreiachser. "Der Wendekreis war schon erschreckend, als ich den Vierachser das erste Mal fuhr. Dafür ist er besser gefedert und hat wesentlich stärkere Pumpen. Dazu ist die Bedienung per Fernbedienung viel komfortabler", fasst er die Vorteile zusammen. Von Kanaldeckel zu Kanaldeckel geht es an diesem Tag, viel Rangierarbeit. Mit jedem Loch rückt das Ende dieses Auftrags in Sicht, der am nächsten Tag geschafft sein sollte. Heute sind die beiden eine knappe Autostunde von zu Hause entfernt, sie fahren abends mit dem Sprinter heim. Bei ihren österreichweiten Einsätzen kann es aber auch vorkommen, dass sie die Woche in einem Gasthof oder Hotel schlafen.

Ein iPad am Armaturenbrett hält Internetzugang, außerdem können damit Lieferscheine und Rechnungen erstellt und gedruckt werden. Kaum ein Auftrag gleicht dem nächsten. Mal erledigt Köck wochenlang eine relativ monotone Aufgabe in einem Industriewerk. Dann kommen Aktionen mit der Feuerwehr, wenn es etwa gilt, die Folgen von Überflutungen zu mindern. Zu Hause wartet auf Manfred Köck die junge Familie mit gerade einjähriger Tochter, dazu noch die Arbeiten rund um das Wohnhaus. Zwar ist sein Job an manchen Tagen schon hart, etwa wenn bei bitterer Kälte Vereisungen mit Hochdruck bekämpft werden müssen oder wenn die Arbeit sehr schmutzig ist. Dafür ist er häufiger als ein Fernfahrer daheim und verdient ein verlässliches Einkommen. Wenn ihm dann noch Zeit bleibt, kümmert er sich um sein "oberirdisches" Hobby - seine VW Käfer, einen 1302 S und einen älteren Typ 1200.

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