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Fahrbericht Tractomas: Der Gigant aus Burgund

29.08.2013 08:00 Uhr
Fahrbericht Tractomas: Der Gigant aus Burgund
In zwei Meter Höhe entert man die Renault-Kabine des Tractomas
© Foto: Gerlach Fronemann

Groß, größer, Tractomas: Er ist wohl die größte Schwerlastzugmaschine der Welt.

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Frankreich, Burgund, historischer Boden mit alten Städten und berühmten Weinen zwischen Lyon und Paris. Hier liegt der Ort Champs sur Yonne nahe der Stadt Auxerre, wo die Firma Nicolas Industries mit die größten Schwerlastzugmaschinen für Straßeneinsätze baut.

Die Fahrzeuge heißen Tractomas und werden als 6x6, 8x8 und 10x10 gebaut. Vor uns steht der Tractomas TR8x8 D75, daneben "verschwindet" ein Volvo FH 16-660. Der Gigant ist 10,87 Meter lang, 3,48 breit, 4,52 hoch und solo ohne Ballast 36 Tonnen schwer. Reifengröße: 14.00 R 25. Unten blitzen der Caterpillar-Motor durch und das angeflanschte 6-Gang-Allison-Automatikgetriebe. Ein ZF-Zweigang-Verteilergetriebe ermöglicht die Fahrt in den zwei Übersetzungen 1:0,91 und 1:1,407. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 65 km/h, voll beladen noch immer bei 40 km/h. Jährlich können die Burgunder zwanzig dieser Kolosse bauen.

Vor der Probefahrt, Testfahrt wäre übertrieben, erläutert Projektingenieur Sébastien François die wichtigsten Funktionen am für Australien bestimmten Rechtslenker. Zu bedienen gibt's genug: Rechts vom Lenkrad etwa die Schalter für Quer- und Längssperren, links für etliche weitere Funktionen, die wir besser nicht anrühren. Die Armaturen sind wie im Premium angeordnet. Spannend wird es links an der Konsole des 6-Gang-Automaten, wie üblich von N aus zu bedienen: Nach vorn R, nach hinten D, Einzelwahl von 1 bis 6. Dahinter die Hebel der Feststellbremsen. Davor ruht ein Plateau mit zwei mal vier Schaltern zum Öffnen der Bordwände und Abkippen der vier Fünfachsanhänger. Die anzukoppeln, sparen wir uns aber ...

Nachdem der Sitz eingestellt ist, folgt der Blick in die Spiegel - und auf den Kamerabildschirm: Los geht die Fahrt. Der Zwölfzylinder mit 27 Litern Hubraum brummt unter der Kabine. Wir schalten auf Fahrstellung D. Mit leichtem Vibrieren setzt sich der Koloss in Bewegung. Der Motor dröhnt laut. Tief unter uns hantieren Werker an einem Tieflader. Der Tractomas beschleunigt unaufhaltsam, schaltet mit jeweiligem Ruck in die nächste Stufe. Das geschieht beim Allison unter Last, selbst bei den später riesigen Anhängergewichten. Mit mehr Übung bekommt der Fahrer das Rucken in den Griff. Die Fahrbahn ist glücklicherweise breit, die erste Kurve meistern wir noch etwas verhalten. Wir beschleunigen auf knapp 30 km/h, was einem in dieser Höhe enorm vorkommt.

DER RIESE SCHAFFT BIS ZU DREI PROZENT STEIGUNG

Die nächste Kurve meistern wir dank leicht laufender Lenkung schon sicherer. Trotz gut gefedertem Sitz spürt man die harte Federung des 8x8, doch insgesamt fährt sich der Tractomas recht angenehm. Mit 500 oder gar 1000 Tonnen am Haken dürfte das anders sein. Da sind routinierte Schwerlastspezialisten gefragt, die in der Hitze und dem Staub der unbefestigten Pisten der Minen ihre Linie halten, das Gelände richtig einschätzen und im richtigen Moment zum Beschleunigen oder Bremsen ansetzen. Der französische Riese schafft voll ausgeladen bis zu drei Prozent Steigung. Dazu wird das maximale Motordrehmoment von rund 4000 Nm zwischen 1300 und 1500 U/min voll eingesetzt.

An einem Wendepunkt müssen wir zurückstoßen. Zum Glück gibt's reichlich Platz, die Sicht geht im engeren Umfeld gegen Null. Wir schieben den Hebel des Allison nach R, bedienen das Warnhorn und drücken das Gaspedal. Träge setzt der 8x8-Koloss zurück.

Im Fahrerhaus ist es angenehm kühl. Es gibt nicht nur eine, sondern zwei Klimaanlagen, damit bei Ausfall nicht die gnadenlose Hitze der südlichen Erdhälfte das Leben des Chauffeurs und anderer gefährdet. Überhaupt operierten die Ingenieure in engem Rahmen. Da die Fahrzeuge vor allem von Minengesellschaften genutzt werden, gelten auch die dafür erlassenen technischen Bestimmungen, viel strenger als jene für Straßentransporte. Na, da ist man doch schon wieder glücklich, als "bodenständiger" Trucker.

HINTERGRUND

Nicolas Industries gehört seit 1994 zur Tii-Gruppe (Nicolas, Scheuerle, Kamag) und fertigt neben gezogenen und selbstfahrenden Schwerlastkombis seit 1979 Schwerlastzugmaschinen. Anfangs in der Auslegung 8x4 mit Kabine von Pelpel, 1981 vom Renault R. Der einzige damals in Frankreich verkaufte Tractomas war der TR84OZ von Trans-Europ, 3,0 Meter breit und mit Mercedes-V12 (576 PS). Das mechanische Getriebe brachte die Leistung per Drehmomentwandler an zwei Antriebsachsen. Ab 1998 kombinierte Nicola die Premium-Kabine zu stark verbesserten Tractomas 6x6, 8x8, später 10x10. Die Maschinen gehen primär nach China, Australien und Südafrika. Derzeit erwägt man einen Tractomas mit 2,5 m Breite für Straßeneinsätze in Europa.

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