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Mercedes Arocs 3245: Im Vorstandsblau auf den Bau

02.01.2018 08:00 Uhr
Mercedes Arocs 3245
Fast 17,5 Tonnen Nutzlast bietet der Arocs in der getesteten Version
© Foto: Serge Voigt

Der Mercedes-Benz Arocs 3245 muss im Test zeigen, ob er nur gediegen aussieht oder ob er sich on- und offroad auch wirklich gut fährt.

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Damals in den 80er-Jahren galten in der automobilien Welt noch klare Regeln. Eines dieser ungeschriebenen Gesetze lautete: Dunkelblau ist die Farbe für Vorstandslimousinen. Seinerzeit in aller Regel eine S-Klasse von Mercedes (Typ W126). Die strahlte zurückhaltende Seriosität aus und war dennoch edles Statussymbol.

2017 dann das: Der Kipper, der zum Test antritt, trägt ebenfalls einen Stern auf dem Kühlergrill und just jenes Vorstandsblau - nur eben auf dem Bau und nicht auf der Chefetage. Auch ist der Test-Arocs deutlich größer und stärker als eine S-Klasse, die damals auf maximal 299 PS im 560er kam. Warum nur eine so schmutzempfindliche Farbe für einen Kipper, fragt man sich unweigerlich: Weil es verdammt gut aussieht. Mit dieser Auffassung sind wir nicht alleine, denn während unserer Testrunde kommt uns quasi ein Klon des Testwagens entgegen.

FLACHDACH SPART NICHT, ERMÖGLICHT DAFÜR ABER NIEDRIGE DURCHFAHREN

Weniger limousinenartig gelingt der Aufstieg zum hohen Arbeitsplatz im 2,30 Meter breiten Fahrerhaus der Größe M. Zwar sind die Tritte angenehm als Treppe angelegt, doch beim ersten Schritt helfen lange Beine. Rustikal, aber wirklich praktisch ist der etwas angedübelt wirkende gusseisere Übertritt Richtung Heck zum Kipperaufbau. Das im Vergleich zu den L-Kabinen 20 Zentimer schmalere Fahrerhaus verbessert die Rundumsicht und erleichtert so das Rangieren auf engen Baustellen.

Ein großzügiges Raumgefühl lässt auch das Flachdachfahrerhaus (Low Roof) des Testwagens nicht aufkommen. Die niedrige Bauweise soll weder durch geringeres Gewicht noch durch ausgefeilte Aerodynamik den Verbrauch senken. Der Grund für diese Konstruktion ist, die Durchfahrt unter Siloanlagen zu ermöglichen.

EINIGE ELEMENTE IM FAHRERHAUS ERINNERN AN SEL UND SEC

Das niedrige Dach ist gegenüber der ClassicSpace-Variante um zehn Zentimeter abgesenkt. Mehr an die Langversion der S-Klasse (SEL) erinnern der angenehm straffe Sitz und die Verstellmöglichkeiten von Gestühl und Lenkrad, die auch groß gewachsenen Chauffeuren genug Platz bieten.

Das komplett in dunkel gehaltene Armaturenbrett gibt bei der Bedienung keine Rätsel auf. Alle Schalter und Knöpfe sind da, wo sie hingehören und sind vom Fahrerarbeitsplatz aus gut zu erreichen. Ob für Papierkram oder Brotzeit, nützlich ist der große Klapptisch vor dem Beifahrersitz.

Die Liege hinter den Sitzen erinnert eher an die Rückbank des Coupés (SEC). Sehr groß gewachsene Fahrer liegen etwas beengt. Für die 45-minütige Lenkzeitunterbrechung oder das Warten in der Schlange vor dem Be- oder Entladen geht das aber noch in Ordnung.

Also lieber rauf auf den Fahrersitz, Motor an und los. Vom Kieswerk Ebenhöh geht es auf Testfahrt in den Münchener Osten, eine Runde mit und eine ohne Kies in der Meiller-Kippbrücke. Auf der Straße präsentiert sich unser Arocs 3245 LK 8x4/4 fast mit Limousinenqualitäten - zumindest für ein Baufahrzeug.

Das beginnt beim Griff ins Lenkrad. Unser Vierachser ist mit der optionalen elektro-hydraulischen Lenkung Servotwin ausgestattet. Diese verfügt über eine geschwindigkeitsabhängige Lenkkraftunterstützung und einen aktiven Lenkungsrücklauf. So unterstützt arbeitet die Lenkung weich, bleibt aber in allen Lebenslagen direkt und dirigiert das Auto genau dahin, wo der Fahrer es hin haben will.

AUCH EIN OFFROAD-MODUS KANN IM GELÄNDE SCHEITERN

Unter der Kabine mit Mittelklasseauto-Format arbeitet die 449-PS-Version des Reihensechszylinder-Triebwerks OM 471 LA mit 12,8 Litern Hubraum. Mit dem Motor ist der 32-Tonner leise und ausreichend kräftig motorisiert unterwegs. Bei 85 Kilometern pro Stunde macht das Aggregat auf der Autobahn etwa 1400 Umdrehungen, auf der Landstraße bei 65 sind es knapp 1100. Aus dem Drehzahlkeller ab 800 Touren zieht das Aggregat ordentlich durch.

Die Kraftübertragung im Tester erfolgt mit dem serienmäßigen Mercedes PowerShift 3-Getriebe mit zwölf Gängen. Die aktuelle Version der Schaltautomatik wechselt die Gänge zügig, mit sinnvoller Schaltstrategie und ohne übermäßigen Zugkraftverlust. Ob sich die Schaltzeiten, wie von Mercedes beworben, im Vergleich zur Vorgängerversion um 20 Prozent verringert haben, lässt sich nicht prüfen. Die zum Vorstandsblau passende Sanftmütigkeit lässt die Schaltbox aber ein wenig vermissen.

Dafür ist der Vorderwagen des Arocs komfortabel weich, allerdings ohne die schaukelnden Bewegungen amerikanischer Limousinen aus den 80er-Jahren.

Für den Einsatz im Gelände gibt es das kraftbetonte Fahrprogramm Offrad. Beladen hat der mit seinen Straßenreifen eher auf Limousine getrimmte Testwagen in der Kiesgrube keine Probleme. Ist aber der Malocher vom Bau gefordert, wird es beim Test vor allem mit leerer Kippmulde eng. Etwas trockener, loser Untergrund und eine leichte Steigung genügen, um dem Grip den Garaus zu machen!Differenzialsperre und Offroad-Modus bleiben wirkungslos. Allerdings unterbindet ein Laderfahrer unsere Befreiungsversuche recht früh. Er hat etwas dagegen, dass wir mit unseren durchdrehenden Rädern Kuhlen in den Boden fahren. Also müssen wir ans Abschleppseil ...

Mit den beim Durchdrehen erreichten Drehzahlen hätte die Motorbremse (High-Performance-Engine-Brake) Freude gehabt. Die dreistufige, verschleißfreie Bremse packt bei Bedarf und hohen Touren ordentlich zu (410 kW/558 PS bei 2300 Umdrehungen) und hat auch mit dem beladenen Arocs keine Probleme. Allerdings liegt das Geräuschniveau dann deutlich über dem einer Vorstandslimousine.

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