Bis 2020 soll die Zahl der Verkehrstoten im Vergleich zu 2010 halbiert werden; das ist das ehrgeizige Ziel, das sich die EU-Mitgliedsländer gesetzt haben. Auf deutschen Straßen sind, nach den Fahrzeuginsassen von PKW, die Fußgänger die zweitgrößte Gruppe unter den Getöteten. 520 Fußgänger kamen im vergangenen Jahr ums Leben, das sind knapp 15 Prozent aller Verkehrstoten. Betrachtet man die gesamte EU, so machen getötete Fußgänger mehr als 20 Prozent aller Todesopfer im Straßenverkehr aus. Und auch immer mehr Radfahrern sind unter den Verkehrsopfern.
Erst vor wenigen Tagen kam in München-Milbertshofen eine 53-Jährige ums Leben. Sie war im toten Winkel eines abbiegenden LKW, als sie bei Grün eine Straße überquerte. Die Frau geriet unter die Räder und verstarb noch am Unfallort.
„Die Zahlen zeigen das Verbesserungspotenzial in Sachen Verkehrssicherheit gerade mit Blick auf die Fußgänger,“ sagt Clemens Klinke, Mitglied des Vorstands DEKRA SE und verantwortlich für die Business Unit Automotive. „Für sie ist ein Schutz durch passive Sicherheitsausstattung von Fahrzeugen nur begrenzt möglich.“ Doch, so Stefan Kölbl, Vorsitzender des Vorstands DEKRA e.V. und DEKRA SE auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main: „Die ständig weiter entwickelten aktiven Sicherheitssysteme bieten ein enormes Potenzial, um Unfälle zu vermeiden oder ihre Folgen abzumildern."
DEKRA hat den Vorsitz des im Jahr 2009 gegründeten Arbeitskreises „vFSS – vorausschauende Frontschutzsysteme“, in dem sich erstmals alle deutschen und einige ausländische Autohersteller, die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) sowie die Versicherungswirtschaft zusammengefunden haben.
„Viele Autohersteller arbeiten in ihren Entwicklungsabteilungen mit Hochdruck an Systemen, die querende Fußgänger erkennen, einen unachtsamen Fahrer davor warnen und notfalls das Fahrzeug abbremsen können“, so Clemens Klinke. „Einige solcher Assistenzsysteme stehen kurz vor der Markteinführung und werden hier auf der IAA präsentiert. Ziel muss es sein, dass die Marktdurchdringung derartiger Systeme von der Luxusklasse in die Volumenmodelle so schnell wie möglich voran kommt.“
Der Arbeitskreis „vFSS“ entwickelte u.a. ein objektives und international beachtetes Verfahren, um Systeme zum Fußgängerschutz zu testen. Die erste Testanlage, die gezielt auf diese Anforderungen zugeschnitten ist, hat DEKRA im Sommer 2013 am DEKRA Automobil Test Center (DATC) im brandenburgischen Klettwitz eröffnet. Abgebildet werden können dort, so die DEKRA, praktisch alle denkbaren Gefahrensituationen. Damit Fahrzeug und Dummy beim Test unbeschädigt bleiben, wird der Dummy Sekundenbruchteile vor der Kollision zur Seite gezogen. Ob das jeweilige Assistenzsystem Fußgänger mit Radar-, Lidar-, Infrarot- oder Videotechnik oder auch mit einer Kombination unterschiedlicher Sensoren erkennt, spiele für die Testanlage keine Rolle. DEKRA ist nach eigenen Angaben zurzeit die einzige Expertenorganisation, die eine solche Anlage besitzt.