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Wann zahlt die Unfallversicherung?

05.10.2016 08:00 Uhr
Wann zahlt die Unfallversicherung?
Bei einem Unfall auf dem Arbeitsweg können sich komplizierte Rechtsfragen ergeben
© Foto: Konstanze Gruber/Fotolia

Bei einem Wegeunfall springt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Doch nicht alles, was sich zwischen zu Hause und der Arbeit ereignet, fällt unter den Versicherungsschutz.

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Im Juli hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ihre aktuelle Statistik vorgelegt. Danach ist die Zahl der meldepflichtigen Wegeunfälle im gesamten Jahr 2015 um 2,84 Prozent auf 179.181 gestiegen. Die Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr meldet für ihre Mitgliedsunternehmen 5347 Wegeunfälle und damit 235 mehr als noch im Jahr zuvor.

Absolute Zahlen sagen allerdings nichts über das Unfallrisiko, also die Zahl der Unfälle bezogen auf 1000 Vollarbeiter oder eine Million Arbeitsstunden, aus. Darauf weist BG-Verkehr-Sprecherin Ute Krohne hin. Das Risiko, einen Wegeunfall zu erleiden, ist im langfristigen Trend nämlich rückläufig. Dennoch ergeben sich gerade bei Wegeunfällen häufig komplizierte Rechtsfragen.

"Als Wegeunfall bezeichnet man den Weg von zu Hause zur Arbeit und von der Arbeitsstätte nach Hause", erklärt Miriam Battenstein, Rechtsanwältin in der Düsseldorfer Kanzlei Battenstein & Battenstein. Der Wegeunfall ist dem Arbeitsunfall versicherungstechnisch gleichgestellt. Trotz der Gleichstellung kann es wichtig sein, den Wegeunfall vom Arbeitsunfall abzugrenzen. "Befindet sich ein Berufskraftfahrer auf Transportfahrt, handelt es sich um einen sogenannten Betriebsweg. Kommt es hier zu einem Unfall, liegt ein Arbeitsunfall vor", erklärt sie.

"Der Betriebsweg ist nicht so leicht zu unterbrechen. Das bedeutet, dass der Versicherungsschutz grundsätzlich auch bestehen bleiben kann, wenn der Fahrer zwischendurch einen Kaffee trinken geht", weiß die bundesweit auf Wegeunfälle spezialisierte Rechtsanwältin. Auf dem Weg zur Arbeit entfalle der Versicherungsschutz dagegen, wenn der Zusammenhang des Weges zur Arbeit etwa durch eine kleine private Erledigung unterbrochen werde. Ute Krohne von der BG warnt: "Die Gerichte sind hier sehr streng". Allerdings komme es immer auf eine Prüfung des Einzelfalls an.

DIE ABGRENZUNG ZWISCHEN WEGE- UND ARBEITSUNFALL IST SCHWIERIG

Wann liegt nun ein Wegeunfall vor? Die Sozialgerichte haben hierfür folgende Grundsätze entwickelt:

- Der Versicherungsschutz beginnt und endet, auch bei Mehrfamilienhäusern, beim Durchschreiten der Außentür des Wohngebäudes. "Ein Sturz an der Wohnungstür in einem Mehrfamilienhaus ist daher in der Regel nicht als Wegeunfall versichert", informiert Rechtsanwältin Battenstein.

-. Die Wahl des Verkehrsmittels steht der versicherten Person frei. "Fahrradfahren ist daher ebenso abgedeckt wie Auto- und Motorradfahren oder zu Fuß gehen", sagt die Anwältin.

- Versichert ist grundsätzlich nur der direkte Weg zur und von der Arbeitsstätte.

- Wer eine Fahrgemeinschaft bildet, bleibt auch dann versichert, wenn er vom direkten Weg abweicht, um Kollegen mitzunehmen oder abzusetzen. Versichert sind auch Abweichungen vom direkten Weg, um Kinder in die Kita zu fahren und abzuholen oder wenn der Versicherte infolge besonderer Verkehrssituationen wie einem Stau einen Umweg fährt.

- Nicht versichert sind dagegen Umwege, die für private Erledigungen genutzt werden. Daher ist auch das private Tanken problematisch. "Hat der Versicherte nicht mehr genügend Kraftstoff im Tank, um zur Arbeit zu kommen, ist das Tanken versichert. Wer dagegen tankt, obwohl das nicht notwendig ist, verliert dabei den Versicherungsschutz", erklärt Battenstein.

- Nach einer Unterbrechung des Weges lebt der Versicherungsschutz mit dem Erreichen des direkten Weges wieder auf, es sei denn, die Unterbrechung hat länger als zwei Stunden gedauert.

- Beginnt oder endet der Weg nicht in der Wohnung, sondern an einem anderen, dritten Ort, besteht Versicherungsschutz nur, wenn dieser Weg in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen Weg steht.

- Durch Alkoholeinfluss verursachte Unfälle werden von der Rechtsprechung oft nicht als Wegeunfälle anerkannt.

MITTAGSPAUSE: DER WEG ZUM SUPER-MARKT FÄLLT UNTER DEN SCHUTZ

Problematische Rechtsfragen ergeben sich auch rund um die Mittagspause. "Wege zum Mittagessen und zurück sind grundsätzlich versichert", weiß Battenstein. Das gilt nicht nur für Kantinenbesuche, sondern auch für den Weg zum Supermarkt, um sich dort mit Essen zu versorgen. Das Bundessozialgericht stellt dabei allerdings darauf ab, ob sich der Versicherte noch im öffentlichen Verkehrsraum befindet. Der Versicherungsschutz endet an der Außentür einer externen Kantine oder des Supermarkts. Für den Einkauf selbst, also bei einem Unfall auf Wegen innerhalb des Fremdgebäudes, besteht deshalb kein Unfallversicherungsschutz. "In einer betriebseigenen Kantine dürfte dagegen auch die Nahrungsaufnahme selbst versichert sein", sagt die Juristin.

EIN WEGEUNFALL MUSS INNERHALB VON DREI TAGEN DER BG GEMELDET WERDEN

Bei einem Wegeunfall ist der Mitarbeiter über die Berufsgenossenschaft versichert, für die Transport- und Logistikbranche ist dies die BG Verkehr. In die Berufsgenossenschaft zahlt jeder Unternehmer ein, der Mitarbeiter beschäftigt. "Arbeitgeber sollten daher ein großes Eigeninteresse daran haben, dass die Berufsgenossenschaft den Unfall als Wegeunfall anerkennt", sagt Battenstein. "Die Versicherung zahlt in Ablösung der unternehmerischen Haftpflicht. Der Arbeitgeber wird also von der Haftung freigestellt."

Hinzu kommt, dass die Leistungen der Berufsgenossenschaften wesentlich besser sind als die der Krankenkassen. BG Verkehr-Sprecherin Ute Krohne: "Das sind unter anderem ambulante und stationäre Heilbehandlung, Hilfs- und Heilmittel, Fahrkosten, Verletztengeld, Verletztenrente, medizinische und berufliche Rehabilitationsleistungen, Wohnungshilfe und Kfz-Hilfe". Erleidet ein Mitarbeiter einen Wegeunfall, muss der Arbeitgeber den Unfall binnen drei Tagen nach Kenntnis bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden. Darauf weist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hin. Diese Meldepflicht besteht allerdings nur bei Unfällen, die zu einer Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiter von mehr als drei Tagen führen. Zu beachten ist: Tödliche Unfälle, ein Massenunfall oder Unfälle mit schwerwiegenden Gesundheitsschäden muss der Arbeitgeber sofort melden.

Ein Wegeunfall bedeutet für den Unternehmer eine Menge Papierkrieg: Ein Exemplar der Unfallanzeige muss er an den zuständigen Unfallversicherungsträger senden. "Sie ist vom Personal- oder Betriebsrat mit zu unterzeichnen", erklärt BG Verkehr-Sprecherin Krohne. Eine Durchschrift behält der Unternehmer für seine Unterlagen. "Bei Unfällen in Unternehmen, die der allgemeinen Arbeitsschutzaufsicht unterstehen, hat der Unternehmer eine Durchschrift der Anzeige der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde zu übersenden", so Krohne.

Zudem müssten auch der Betriebsarzt und die Sicherheitsfachkraft über jeden Unfall in Kenntnis gesetzt werden. Auch der verunglückte Mitarbeiter selbst hat das Recht auf eine Kopie. Um einen Mitarbeiter bestmöglich zu unterstützen, rät Anwältin Battenstein den Vorgesetzten, die Unfallanzeige mit größter Sorgfalt aufzugeben. Dem Verunglückten ist zu empfehlen, das Formular gründlich durchzulesen und auf fehlerhafte Angaben zu überprüfen. Ina Reinsch

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