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Freightliner "New Cascadia": Haube und High-Tech

25.09.2016 08:00 Uhr
Freightliner "New Cascadia": Haube und High-Tech
Freightliner-CEO Martin Daum präsentierte den "New Cascadia" in den Farben der 12 größten Kunden, die 60.000 Lkw haben
© Foto: Gregor Soller

Daimler Trucks Nordamerika präsentierte den umfassend überarbeiteten "New Cascadia". Müssen wir die US-Fahrer um diesen neuen Hauber beneiden?

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Alles ist größer bzw. höher in den USA: Die Entfernungen, die erlaubten Geschwindigkeiten (bis 120 km/h), die Hauben der Lkw und deren Kabinen! Das gilt auch für Freightliners neuen Cascadia, der dort das Actros-Pendant gibt und sich den Technikbaukasten im Prinzip mit seinem europäischen Verwandten teilt.

Die Motoren heißen - anstelle der "Ölmotoren-Kürzel" OM 470, 471 und 473 - dort allerdings Detroit Diesel DD 13, DD 15 und DD 16. Das Powershift-Getriebe läuft unter Detroit DT 12. Es kann jetzt mit einer ellenlangen 2,16er-Achse kombiniert werden, um Drehzahl und Verbräuche auch bei hohen Geschwindigkeiten zu senken. Langfristig plant man bei Daimler laut einem in den USA tätigen schwäbischen Mitarbeiter sogar eine Übersetzung mit "2,0-ebbes", also "2,0-irgendetwas", um selbst bei 120 km/h keine vierstellige Drehzahl mehr zu benötigen ...

NIE MEHR WEGEN EINES UPDATES IN DIE WERKSTATT

Ob man dann allerdings noch mit zwölf Gängen und deren Spreizung auskommt? Dazu muss man wissen: In den US-Flotten sind neben dem Verbrauch die Standzeiten für Wartung und Reparaturen das wichtigste Kriterium. Dort legen Fernverkehrstrucks jährlich schnell 200.000 Kilometer zurück. Umso erstaunlicher sind da die kurzen Wartungsintervalle, die auf bis zu 90.000 Kilometer "gestreckt" wurden - trotz Actros-ähnlichem Antriebsstrang. Doch Ölqualitäten und -wechselintervalle sieht man in den USA eher lax, deshalb gibt man lieber kürzere Intervalle vor ...

DER AUTONOME "INNOVATION TRUCK" STAND OPTISCH PATE

Dank des überarbeiteten Triebstranges soll der "New Cascadia" noch mal bis zu acht Prozent sparsamer als der Vorgänger "Cascadia Evolution" sein, wozu neben der 2,16er-Übersetzung überarbeitete Hinterachsen beitragen sowie die Aerodynamik, die abermals optimiert wurde. Optisch nahm der autonom fahrende "Innovation Truck" das Design bereits vorweg, wenngleich Freightliner-CEO Martin Daum bei diesem Thema etwas zurückrudert. "Autonom fahrende Lkw werden in den nächsten vier bis fünf Jahren kein Serienstand sein." Trotzdem entwickele man das Thema weiter.

Auch und gerade bei der Software: Denn der neue Cascadia wird der erste Lkw sein, der sich automatisch "updaten" kann, was auch an der Hardware der neuen Softwarebox liegt, die Daimler bereits für den aktuellen Actros im Zusammenhang mit "Uptime" präsentierte. In die Werkstatt, nur um neue Software aufzuspielen? Nie mehr! Und da die großen US-Flotten zig Manager allein zur Datenanalyse beschäftigen, legt Freightliner da noch mal nach: Laut Matt Pfaffenbach, dem Connectivity-Verantwortlichen, sollen künftig neben dem Fahrer, der Beladung und dem Streckenprofil zum Beispiel auch Wetterdaten in die Analysen einfließen. "Wie ändert sich der Verbrauch, wenn das Wetter umschlägt? Solche Fragen wollen wir künftig beantworten können", erklärt er. Gleichzeitig können die Ingenieure von Daimler künftig solche Parameter in die Konstruktion mit einbeziehen.

Auch die Hardware optimierte Freightliner: In der neuen Armaturentafel stammen die Instrumente, Tasterleiste und das Lenkrad samt Lenkstockhebel von Actros und Co.

Die Sicherungen packte man alle vor den Beifahrersitz und der obere, aus Softtouch-Material bestehende Teil der Armaturentafel lässt sich in einem Stück abheben: So entfällt im Falle eines Falles der Ausbau des Armaturenträgers. Außerdem optimierten die Ingenieure die Dämmung und Verarbeitung der Kabine, die nach wie vor aus Alu mit mehr oder weniger großen Kunststoffdächern besteht.

Entsprechend wenig wiegt so ein Cascadia 6x4 mit dem großen Topsleeper - trotz schwerem Detroit-Diesel: Laut Entwicklungsleiter Wilfried Achenbach bringt der so ausstaffierte typische Fernverkehrs-Cascadia kaum mehr als 8,5 Tonnen auf die Waage - was umso wichtiger ist, da die Standardkombinationen in den USA nicht mehr als 36 Tonnen wiegen dürfen. Am Heck optimieren optional Aerodynamikverkleidungen den Luftstrom - dazu gehören neben den Abdeckungen zwischen den Rädern Radkappen, die sich mit einem Dreh entfernen lassen, wie Achenbach demonstriert.

Ein glatter Unterboden? Ist laut Achenbach nicht nötig, da der Stoßfänger vorn so weit wie möglich nach unten gezogen wurde und die Luft so zusammen mit den Seitenverkleidungen gut am Auto vorbeileitet, wie im Windkanal ermittelt wurde.

UND SO FÄHRT SICH DER "NEW CASCADIA"-HAUBER

Nach so viel Theorie wird es Zeit für die Praxis und eine erste Ausfahrt ab Colorado Springs, die uns auf den Highway 25 nach Süden führt. Da wird schnell deutlich, wofür die Amis nicht so gern bezahlen: Trotz verbesserter Geräuschdämmung ist der Actros leiser als der Cascadia. Und trotz des langen Radstandes und der luftgefederten Hinterachsen federt der straff gelagerte Cascadia vergleichsweise herb über die schlechten US-Pisten, was durch die gewichtssparende Einblattparabel an der Vorderachse nicht besser wird. Auch die Schaltzeiten dauern gefühlt eher lang - was unser Begleiter damit begründet, dass Kollege Computer die Gangsprünge immer gern so groß wie möglich wählt, um schnell die hohen Fahrstufen zu erreichen.

Auch "Ecoroll" kann der Cascadia: Dann kann der Zug ausgekuppelt mit 120 km/h in der Leerlaufdrehzahl von gut 500 Touren über den Highway "segeln". Die Verarbeitung präsentiert sich trotz reichlich verbautem harten Kunststoff routiniert. Auch auf wüsten US-Straßen lässt sich der Cascadia nicht zu Klappergeräuschen hinreißen. Trotzdem wirkt die Haptik viel weniger wertig als in Euro-Trucks. Denn die Chefs in den USA investieren lieber in Aerodynamik und Telematik, um sich so überall ein paar Cent zu holen.Was bei den dortigen Größen von Fuhrpark und Fahrleistungen täglich ganz großes Geld bringen kann.

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