Großbritanniens Premier Boris Johnson hat Hoffnungen auf ein Weihnachten ohne Engpässe an Tankstellen und Supermarktregalen gedämpft. Er teile die Einschätzung von Finanzminister Rishi Sunak, dass die Krise noch bis in die Festtage andauern könnte. Das sagte er in einem BBC-Interview. Gleichzeitig gab der Premier zu, dass sich ein Mangel an Lastwagenfahrer schon seit Langem abgezeichnet hatte.
Die Briten haben derzeit große Schwierigkeiten, an Benzin oder Diesel zu kommen, weil es nicht genügend Lastwagenfahrer gibt. Besonders in London und dem Südosten des Landes ist die Lage angespannt. Wegen des Brexits haben viele Trucker das Land verlassen und sind auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt.
Für Verwunderung bei Deutschen im Land sorgt eine verzweifelt wirkende Briefkampagne, bei der offenbar wahllos Menschen mit entsprechenden Führerscheinen aufgerufen wurden, sich ans Steuer eines Lkw zu setzen - auch wenn sie das zuvor noch nie getan haben. Weil bei Führerscheinen der Klasse 3, die in Deutschland bis 1999 ausgegeben wurden, auch das Fahren eines Lasters bis 7,5 Tonnen erlaubt ist, erhielten einem Bericht des „Independent“ zufolge Tausende Deutsche entsprechende Schreiben. Trotz der Engpässe will Johnson Forderungen nach einer Lockerung der nach dem Brexit verschärften Einwanderungsregeln nicht nachgeben.
In Großbritannien fehlen derzeit Schätzungen zufolge etwa 100 000 Lastwagenfahrer. Das führte auch bereits zu leeren Regalen in Supermärkten.
Zumindest kurzfristig will London aber auf ausländische Fachkräfte zurückgreifen. Um den Kraftstoffmangel in den Griff zu bekommen, kündigte die Regierung am Samstag an, die Fristen für die bereits geplanten Arbeitsvisa zu verlängern. So sollen Visa für 300 Tanklastfahrer umgehend ausgestellt werden und bis März gelten.
Ab diesem Montag, 4. Oktober, ist darüber hinaus das Militär im Einsatz: Etwa 200 Militärangehörige darunter 100 Lastwagenfahrer - sollen helfen, die Nachschubschwierigkeiten an Tankstellen in den Griff zu bekommen.