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Mut zu neuen Wegen

03.06.2019 08:00 Uhr
Mut zu neuen Wegen
Innovatives Duo: Dietmar Reith und Sohn Julian mit ihrem für die Rundholzlogistik modifizierten MAN 33.500 6x4
© Foto: Gerlach Fronemann

Ein innovativer Familienbetrieb im Main-Spessart-Kreis setzt einen Spezial-TGS ein, der europaweit Aufsehen erregt.

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Untenherum sieht der grasgrüne MAN des Forstunternehmens Reith ja ganz normal aus. Wäre da nicht eine "bessere Hälfte" über dem Motor. Der Betrachter staunt: Die seltsam schmale Fahrzeugkabine hebt sich plötzlich, dreht sich um die eigene Achse und zeigt jetzt in Richtung Rungenauflieger.

Der MAN TGS 33.500 6x4 mit Dreh-Hub-Kabine ist das neueste Fahrzeug des Familienbetriebs aus Arnstein-Hegrumbach. Vor 30 Jahren hatte ihn Dietmar Reith als Lohnrückebetrieb gegründet. Bald begann er selbst Holz im Wald zu kaufen und ernten. Es folgten ein Lkw zum Umsetzen der Maschinen und ein weiterer für die Beförderung von eingeschlagenem Holz.

Früh erkannte Dietmar Reith das Potenzial alternativer Energie aus nicht industriell verwertbarem Holz: Er stieg in den späten Neunzigern als Pionier in die Erzeugung von Biomasse sowie Hackschnitzeln ein. Heute gehen jährlich allein 50.000 Schüttraummeter eigenproduzierte Hackschnitzel mit eigenen Lkw zu den Kunden. Man bietet die volle Palette forstlicher Leistungen: Holzernte, Holzrückung, Holztransport auch für Dritte. Eines der Hauptgeschäftsfelder des von Dietmar Reith, Ehefrau Beate und Sohn Julian geführten Betriebes ist der Rundholzhandel.

HOCHMODERNER KOMMISSIONIER-ZUG FÜR DEN RUNDHOLZEINSATZ

Nun zeigt sich die Firma ein weiteres Mal sehr innovativ: Ihr neuer Lkw ist ein absolutes Spezialfahrzeug. MAN-Partner Toni Maurer rüstete einen MAN TGS 33.500 6x4 mit einer Dreh-Hub-Kabine aus. Diese Konstruktion wurde für den Rundholzeinsatz entwickelt, sie wurde von Doll Fahrzeugbau nach den Vorgaben von Dietmar und Julian Reith ausgestattet und mit einem Doll-Auflieger LOGO 12K komplettiert. Um die Zugmaschine flexibel nutzen zu können, montierte man einen Epsilon-Kran Q170L auf dem Schwanenhals des Aufliegers.

Derzeit steuert Julian das Fahrzeug: "Nach jetzt über einem halben Jahr hat sich unser Konzept bewährt. Wir sammeln damit Teilmengen und bringen sie an zentrale Polter. Dort verladen wir sie auf bereitgestellte Lastzüge oder Auflieger. Unsere Lkw bewegen sich im Umkreis von 100 bis 120 Kilometern. Die Entkoppelung der Verladung durch den Einsatz kranloser Fahrzeuge bringt vier bis sechs Tonnen Nutzlastgewinn, eine bessere Arbeitsplanung und Zeiteinteilung. Das gilt auch für den Einsatz von Speditionsfahrzeugen."

Julian hat eine breite Ausbildung: Nach der Lehre als Forstwirt erwarb er das Fachabitur und studierte nach einem Praxisjahr im väterlichen Betrieb den BWL-Studiengang mit Schwerpunkt Branchenhandel Holz. Praxiseinsätze in der Holzernte in Schweden haben sein Fachwissen abgerundet. Schon heute prägt der 25-Jährige die Unternehmensentwicklung mit.

Der neue Kommissionierzug steht beladen auf dem Betriebshof. Es herrscht emsiges Treiben: Ein Teleskoplader belädt einen Lkw mit Hackschnitzeln, etwas weiter entlädt ein Kurzholzzug Rundholz auf den Sortierplatz. Der Fuhrpark besteht aus Maschinentransportern, Sattelzügen für Rundholz und Hackschnitzel, Hängerzügen für Abrollcontainer, Kurzholzzügen plus den Maschinen (siehe Kasten).

30 Mitarbeiter hat der Betrieb und es wird auch ausgebildet: Maschinenführer, Fahrer im Forsttransport und Kranführer. Für Männer und Frauen, die gern mit modernster Technik im Freien arbeiten und Abwechslung schätzen, ein interessanter Arbeitgeber. Jeder Fahrer hat ein firmeneigenes Tablet und damit Zugriff auf die Lage der Polter, auf die jeweilige Holzart, Menge und Qualität. Die GPS-Ortung ist eingeschlossen. Juniorchef Julian erklärt: "Unser EDV-System ist in Deutschland einmalig und von Fahrern oder Maschinisten schnell zu begreifen."

SEITLICH NEBEN DEM FAHRERSITZ PLATZIERTE LKW-ARMATUREN

Jetzt entert Julian die Kabine des Spezialfahrzeugs über breite Trittstufen. Ein schmaler Beifahrersitz rechts vom mittig platzierten Fahrersitz erlaubt dem Autor die Mitfahrt. Die Kabine stammt aus dem Agrarbereich von Claas Industrietechnik, der Fahrersitz ist der eines Maschinisten. Links und rechts an den Armlehnen befinden sich Joysticks für die Bedienung der Dreh-Hub-Funktion sowie der Kran- und Aufliegerhydraulik.

Die Rundumsicht ist einmalig. Da die Frontscheibe bis zum Boden reicht und kein Armaturenträger vorhanden ist, wurden die Lkw-Anzeigen seitlich vom Chauffeur platziert. Die bei MAN an der Lenksäule angebrachten Funktionen sind geblieben, auch jene für die Automatikschaltung; weniger Wichtiges sitzt über den Front- und Seitenscheiben. Rechts liegen die Halterung für das Tablet und das Doll-eigene Farbdisplay mit Kontrollfunktionen für Kran, Fahrniveau, Achslastanzeigen, Rundumleuchte, Arbeitsscheinwerfer und mehr.

Julian bringt den Zug in Entladestellung, löst die Hände vom Lenkrad und greift die beiden Armstützen mit den je vier Funktionsknöpfen. Die Kabine hebt sich und schwenkt rechts um 180 Grad zum Auflieger, möglich sind 300 Grad Schwenkradius. Auf Knopfdruck senken sich die Hydraulikstützen des Krans und finden sicheren Stand. Nun hebt sich der Kran und die Entladung beginnt. Die Dreh-Hub-Kabine bietet die Vorteile des Loglift-Systems HiVision, zugleich aber deutlich mehr direkte Rundumsicht auf Kran, Ladegut und Fahrzeugstützen. Die Rückfahrkamera sichert zum Heck.

Zum Positionswechsel entlang dem Rundholzlager kann Reith den Zug nach Anheben der Hydraulikstützen sofort bewegen, später schiebt er ihn mit Blick über den Auflieger über eine größere Distanz rückwärts.

VIELE FUNKTIONSKNÖPFE SIND IN DIE ARMLEHNEN INTEGRIERT

Nach dem Abfegen des Aufliegers geht es auf Ladetour in ein nahes Forstgebiet. Julian: "Die Sicht von der Mitte der Kabine aus ist ausgezeichnet; man muss sich jedoch erst an diese Position gewöhnen." Die Forststraße im Wald ist schmal, aber nur wenige Äste berühren das hoch platzierte Fahrerhaus. Schon hält der Zug neben am Rand liegenden Stämmen. Reith zieht die Bremse und wechselt zu den Funktionsknöpfen in den Armlehnen. Die Kabine hebt sich bei gleichzeitiger Drehung, die Kranstützen klappen nach unten, finden Halt. Dann dreht sich der Kran, der Greifer packt zu und legt das Holz auf dem Rungensattel ab. Zur Fahrt ans nächste Polter schwenkt Reith die Kabine zurück, senkt sie und greift das Lenkrad, um den Hub-, Dreh- und Ladevorgang zu wiederholen. Beim geringen Abstand zum nächsten Polter dreht er die Kabine auf 270 Grad, kann also seitlich, nach hinten und vorn in Fahrtrichtung blicken und mit bis zu 12km/h zur nächsten Kranung rollen. Nach der Beladung erfolgt die Sicherung mit fest an den Rungen angebrachten Gurten für den kurzen Rückweg zum Sortierlager.

ENTSPANNT UND GESCHÜTZT VOR WIND UND WETTER ARBEITEN

Der Zeitaufwand für das Laden von vier Partien war erstaunlich gering - das Umsteigen vom Fahrer- zum Kranarbeitsplatz entfällt. Hinzu kommt der hohe Komfort für den Kranführer, der vor Wind und Wetter geschützt arbeitet. Ein großer Vorteil ergibt sich daraus, einerseits an einem zentral eingerichteten Polter Fahrzeuge zu beladen, danach oder während des Wartens auf weitere Lkw neue Holzvorräte herbeizuschaffen und bei Bedarf einen vorgeladenen Auflieger umzusetzen oder an einen anderen Ort zu fahren. Noch steuert Julian den einzigartigen Lastzug selbst, doch könnte dies auch bald schon ein auf neueste Technik und Arbeiten in der Natur erpichter Fahrer nach guter Einarbeitung erledigen.

FIRMENPROFIL

Anschrift
Forstunternehmen Reith e. K.Am Wehr 1 97450 Arnstein-Heugrumbach Tel.: 0 93 63/99 45 45
www.forstunternehmen-reith.de

Hauptaktivitäten
Holzernte und -rückung, Holztransport, Rundholzhandel, Produktion von Hackschnitzeln und Brennholz

Fuhrpark
12 Lkw, 8 Forstmaschinen, 2 Schlepper, 1 Verladebagger, Teleskoplader und Holzhäcksler

Anforderungen an Fahrer
Führerschein CE mit Fahrpraxis (Baustelle oder Forst von Vorteil), Umgang mit Tablet, selbstständiges Arbeiten, Vielseitigkeit, möglichst Kranbedienung, Schulungen auf Forst-Lkw/-Kran und Forstmaschinen sind möglich

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