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DAF gegen DAF: Ist neu wirklich besser?

23.11.2017 08:00 Uhr
DAF gegen DAF: Ist neu wirklich besser?
Der DAF XF 480 neu tritt gegen den DAF XF 460 alt an
© Foto: Erwin Fleischmann

Optisch kaum verändert, verspricht DAF für seinen frisch erneuerten XF viele spürbare Verbesserungen. Ob das tatsächlich zutrifft, klärt unser Hersteller-internes Duell Alt gegen Neu.

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Irgendwie will das nicht zusammenpassen. Einerseits sparen die DAF-Verantwortlichen nicht an Superlativen, wenn es um ihren frisch erneuerten XF geht: mehr Power, deutlich niedrigere Verbräuche und mehr Komfort für den Mann/die Frau hinterm Steuer. Andererseits gleicht das neue Modell seinem Vorgänger optisch fast wie ein Ei dem anderen.

Also nur geschicktes Marketing oder ist an den Versprechungen der Niederländer tatsächlich etwas dran? Zur Klärung dieser Frage wurden wir beim Nutzfahrzeugvermieter KLVrent vorstellig, wo man uns zwei XF für ein internes Duell Neu gegen Alt zur Verfügung stellte.

DIE OPTISCHEN VERÄNDERUNGEN FIELEN SEHR DEZENT AUS

Zunächst steht man etwas ratlos vor den beiden nebeneinander parkenden Zugmaschinen, Unterschiede fallen erst nach längerem Hinsehen auf. Der DAF-Schriftzug blitzt beim Neuen chromfarben von der silbernen Plakette, die zudem rechts und links um eine Linie (wir nennen es "Pausbacke") erweitert wurde. Neu gestaltet wurde auch die Sonnenblende, die sich laut DAF eleganter an die Kabine schmiegt. Wir finden, dass sie kaum anders aussieht, beides soll aber die Aerodynamik des XF spürbar verbessern. Ebenso wie der überarbeitete Stoßfänger und die neuen schwarzen Luftleitelemente, die der große DAF neuerdings in den Radkästen trägt.

Die nächste Neuerung sticht beim Türöffnen sofort ins Auge. Auf Kopfhöhe strahlt dem Fahrer nun der DAF-Schriftzug entgegen. Das sieht wertiger aus als die drei nackten Schrauben, die beim Vorgänger an gleicher Stelle verbaut sind, und stellt sicher, dass der Fahrer nie vergisst, mit welchem Fabrikat er seinen Job erledigt.

Vielleicht soll's aber auch von den Nachteilen des Einstiegs ablenken, an dem sich das betagte Alter der Kabinen-Grundkonstruktion ablesen lässt, die DAF schließlich seit sage und schreibe 30 Jahren verwendet. Die unteren Stufen fallen schmal aus und sind weit links platziert, zudem öffnet die Fahrertür nicht um ganze 90 Grad. So kollidiert man beim Einsteigen zwangsläufig mit der Tür und muss sich daher nach rechts lehnen.

Oben angekommen fällt die Tür weiterhin blechern ins Schloss. DAF-Fahrer fühlen sich beim Neuen sofort zu Hause. Soll heißen, auch hier blieb auf den ersten Blick alles beim Alten, mal abgesehen von den neuen, freundlicher wirkenden Bezugsstoffen. Warum auch nicht? Schließlich liegt die Super-Space-Kabine in der Fahrergunst weit vorne. Der Schlaf- und Wohnbereich blieb unangetastet, DAF beließ es bei einem formschöneren Bedienpanel mit erweiterten Funktionen am unteren Bett.

Weiter vorn finden sich ebenfalls nur wenige Änderungen, es blieb beim bisherigen Armaturenträger, dessen wuchtige Mittelkonsole weit in den Innenraum ragt. Eine sinnvolle Neuheit, die mittig an der Konsole platziert wurde, ist die neue Bedieneinheit fürs Innenlicht, über die sich Kabinenstrahler und Nachtlicht einfach steuern und neuerdings auch dimmen lassen.

EIN NEUES HEIZUNGSMODUL UND ÜBERARBEITETE ZIFFERBLÄTTER

Auch am Fahrerplatz lassen sich Änderungen finden. Am auffälligsten sind die neuen Zifferblätter der Rundinstrumente, die DAF mit deutlich besserer Ablesbarkeit anpreist. Na ja, halten wir fest, dass sie anders sind, aber auch bei den Armaturen des alten Modells keinerlei Verständnisprobleme auftreten.

Da ist das Bedienpanel für Klima und Lüftung die bedeutendere Neuheit. Gebläse und Luftverteilung werden nun über Drucktasten anstatt über die bisherigen Drehregler eingestellt. Das Teil mag zwar deutlich wertiger wirken, ist aber weniger intuitiv bedienbar als die Regler im Vorgänger, auch weil es weiterhin viel zu tief platziert ist.

Ein großes Manko, das ebenfalls dem Alter der Kabine anzulasten ist, sind die bescheidenen Sichtverhältnisse nach draußen. Vor allem der hoch stehende Armaturenträger schränkt den freien Blick ein. Nicht mehr zeitgemäß ist auch die schmale Windschutzscheibe, die außerdem zur Folge hat, dass DAF als einziger Hersteller immer noch drei Scheibenwischer verbauen muss - auch wenn das zugegebenermaßen einen gewissen Charme hat. Die Designer kaschierten die schmale Scheibe bereits beim alten Modell geschickt, indem sie sie per schwarzem Kunststoffband außen optisch nach unten verlängerten.

Ansonsten gibt's wenig zu meckern. Der Knopf der Lenkradverstellung wirkt zwar antiquiert, erfüllt aber seinen Zweck, mögen auch andere Hersteller beim Thema Verstellweg mittlerweile mehr Möglichkeiten bieten.

Den 12,9 Liter großen Paccar-MX-13 zum Laufen zu bringen, geschieht per gewohntem Dreh am Zündschlüssel. Doch sogleich wird man hellhörig: Irgendwie scheint der Common-Rail-Sechszylinder im neuen XF schon im Leerlauf dezenter vernehmlich. Unser Schallmessgerät kommt dann auch auf minus drei Dezibel im Vergleich zum Vorgänger. Gut gemacht, denn im Neuen ist es auch während der Fahrt deutlich leiser (siehe Kasten technische Daten), ein Nebenverdienst der intensiven Überarbeitung, die DAF dem Motor zukommen ließ.

INNERMOTORISCHE MASSNAHMEN FÜR NIEDRIGERE VERBRÄUCHE

Unter anderem wurden die Luftansaugung, die Abgasrückführung sowie die Ventilsteuerung optimiert und das Aggregat auf ein höheres Verdichtungsverhältnis umgestellt. Zudem besorgt ein effizienterer Turbolader die Beatmung. Reibungsärmere Kolben sowie neue Einspritzdüsen und Verbrennungssoftware sorgen für ein etwas dumpferes Verbrennungsgeräusch - vor allem aber sollen sie den Verbrauch um bis zu sieben Prozent gegenüber dem Vorgänger senken. Letzteres konnten wir mit den beiden nicht eingefahrenen Vermietfahrzeugen noch nicht überprüfen. Die meisten Fahrer werden sich sowieso mehr für die Leistungsdaten interessieren. Ausgehend von der 462 PS starken Einstellung des Vorgängers stieg die Motorleistung um exakt 21 auf 483 Pferdestärken an.

Ebenfalls moderat erhöht, nämlich um 50 Newtonmeter in den Gängen 1 bis 11, wurde das Drehmoment. Mehr Power steht nun in der zwölften Fahrstufe zur Verfügung, hier hinterlegten die Ingenieure eine Drehmomenterhöhung um 150 Newtonmeter, sodass sich bis zu 2500 Nm gegen Steigungen stemmen. Das macht sich in der Praxis bemerkbar: Beide Testfahrzeuge hatten mit unserem knapp 29 Tonnen schweren Testauflieger von Schmitz Cargobull die gleiche Transportaufgabe zu bewältigen, aber der neue XF erklimmt viele Steigungen noch im höchsten Gang, wo sich das Vormodell längst per Rückschaltung in höhere Drehmomentgefilde retten muss.

Auch in den unteren Gängen bescheinigen wir dem neuen Modell eine bessere Performance. Das maximale Drehmoment liegt nun 100 Touren früher an als beim Vormodell. So findet sich der Zeiger des Drehzahlmessers regelmäßig im drehzahlschonenden Bereich von 800 Touren wieder, während im Vorgänger meist bei 1000 Touren zurückgeschaltet wird.

Apropos schalten: Auch hier gibt es Neues. Die in die Jahre gekommene AS-Tronic von ZF wurde vom Traxon-Getriebe, bekannt aus MAN und Iveco, abgelöst. Traxon, auch von ZF zugekauft, kommt zwar ebenfalls nicht an die Feinfühligkeit anderer Schaltautomaten made in Göteborg oder Södertälje heran, wechselt die Gänge aber spürbar schneller und vor allem intelligenter als die Vorgängergeneration.

TRAXON VERTRAUT MEHR AUF NIEDRIGERE DREHZAHLEN

Beispielsweise weiß der neue Automat mit Abbiegevorgängen besser umzugehen: Er vertraut länger auf das Drehmoment des Motors und lässt diesen nach dem Abbiegen aus dem Drehzahlkeller beschleunigen. Dasselbe Manöver verleitet das Vorgänger-Getriebe zu hektischen Rückschaltungen zum falschen Zeitpunkt. Nämlich genau dann, wenn der Zug gerade maximal verspannt ist und die 38 Tonnen schwere Testfuhre so fast zum Stillstand kommt.

Beschleunigungsvorgänge machen dagegen im alten XF mehr Spaß. Hier dreht die Elektronik die Gänge bis 1700/min aus. Im neuen Modell ist grundsätzlich bei 1500 Touren Schluss, weshalb der neue XF sich im zugegebenermaßen zweitrangigen Duell von 0 auf 85 km/h um sechs Sekunden geschlagen geben muss - trotz des per Knopfdruck am rechten Lenkstockhebel deaktivierten Eco-Modus.

DER FAHRER HAT KEINE MÖGLICHKEIT, MANUELL EINZUGREIFEN

Diese Strategie kostet den Fahrer vor allem dann, wenn er nach Wendemanövern schnell wieder auf Geschwindigkeit kommen muss, einige Nerven. Zumal er beim neuen Modell wie beim alten chancenlos ist, das Treiben in irgendeiner Weise zu beeinflussen, denn die Möglichkeit eines manuellen Schalteingriffs gewährt DAF nicht mehr. Beim Runterschalten können wir diese Strategie aus verbrauchstechnischen Gründen noch nachvollziehen, warum der Fahrer aber auch keine Hochschaltungen einleiten darf, erschließt sich uns dagegen nicht. Denn vor allem auf Landstraßen könnte die Getriebesteuerung eine helfende Hand gut gebrauchen, da sie hier regelmäßig unnötig hohe Drehzahlen bemüht.

Immerhin, im Motorbremsmodus gewährt das System Eingriffe des Fahrers. Auch der MX-Bremse genügen jetzt niedrigere Drehzahlen, denn zwischen 1200 bis 1500/min steigerte DAF die Leistung um 30 Prozent. Wir plädieren trotzdem für den in beiden Testwagen verbauten ZF-Intarder, der für gute und vor allem verschleißfreie Verzögerungswerte sorgt.

Das trägt dazu bei, dass die Endabrechnung für den neuen XF positiv ausfällt. Viele der von DAF versprochenen Verbesserungen können wir bestätigen. Das älteste Lkw-Konzept am Markt sollte so noch locker einige Jahre mit den jüngeren Konkurrenten mithalten können. JB

KABINENWERTUNG

Die konsequente Modellpflege sorgt dafür, dass der DAF XF bei Fahrern weiterhin hoch im Kurs steht. Daran wird sich auch nach dem Modellwechsel nichts ändern, denn die große Super-Space-Kabine, die DAF bereits 1994 einführte, bleibt fast wie gehabt im Programm. Das größte Fahrerhaus nutzt den zur Verfügung stehenden Raum bei Länge und Höhe nahezu komplett aus und bietet daher Platz und Stauraum in Hülle und Fülle. Satte 2,10 Meter Stehhöhe hat die Kabine sogar noch auf dem 15 Zentimeter hohen Motortunnel. Allenfalls an dem wuchtigen und weit in den Innenraum ragenden Mittelteil des Armaturenträgers ist das fortgeschrittene Alter des Fahrerhauses erkennbar. Ebenso an der schmalen Frontscheibe, die einerseits drei Scheibenwischer nötig macht, vor allem aber die Sichtverhältnisse stark einschränkt.

Ein Pluspunkt ist das bequeme, 81 Zentimeter breite untere Bett mit seinem Federfinger-Rost. Der Aufstieg zur oberen Schlafstatt funktioniert mittels der verschiebbaren Klappleiter. Leider lässt sich das obere Bett aber nicht, wie beispielsweise im Iveco Stralis, komplett an die Rückwand klappen, was teils stört und sich nachteilig auf das Raumgefühl im großen DAF auswirkt.

FAZIT Spürbar verbessert

Ehrlich gesagt war ich im Vorfeld skeptisch ob der von DAF angepriesenen Verbesserungen. Doch der Test zeigt, dass die Niederländer es wieder mal geschafft haben, ihren altehrwürdigen XF deutlich zu verbessern. Der neue ist leiser, schaltet schneller und geht spürbar kräftiger zu Werk. Ob er aber auch sparsamer wurde, kann nur eine hoffentlich baldige Fahrt über unsere Testrunde zeigen. An manchen Stellen lässt sich das Alter des XF nicht verleugnen, aber diese Kritikpunkte ließen sich nur mittels erheblichen Aufwands abstellen. Oder mit einer ganz neuen Kabine - aber das widerspricht eben der DAF-Philosophie.

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