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Unbezahlte Überstunden: Das können Sie tun

02.04.2019 08:00 Uhr
Unbezahlte Überstunden: Das können Sie tun
Arbeit gegen Geld, so lautet die Vereinbarung. Mehrarbeit muss in der Regel bezahlt werden.
© Foto: Friso Gentsch/dpa/picture-alliance

Welcher Fahrer kennt das nicht: Überstunden sind zwar nicht vertraglich verabredet, fallen aber trotzdem an. Wann Sie die Mehrarbeit geltend machen können.

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Das Problem ist so alt wie die Branche selbst: Berufskraftfahrer arbeiten viel, manchmal zu viel. Trotz vieler gesetzlicher Auflagen und streng kontrollierter gesetzlicher Höchstarbeitszeiten ist die Arbeitsbelastung meist überdurchschnittlich hoch.

Unabhängig von den Höchstgrenzen (etwa der Stundenanzahl pro Tag) stellt sich dabei auch die Frage nach der Bezahlung. Die rechtliche Beurteilung dieser Frage kann aber durchaus unabhängig von den Arbeitszeitregelungen nach dem Arbeitszeitgesetz vorgenommen werden. Denn während dieses Gesetz reine Arbeitnehmerschutzvorschriften beinhaltet, die letztlich dem Gesundheitsschutz der angestellten Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer dienen, geht es bei der Vergütungspflicht um etwas anderes, nämlich um die Frage: Was schulde ich meinem Arbeitgeber für das gezahlte Gehalt und wann muss er mir Mehrarbeit vergüten?

Arbeitszeit ist dabei zunächst die Zeit, in der der Arbeitnehmer "fremdnützige" Tätigkeit verrichtet. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zählen zur Arbeitszeit, die zu vergüten ist:

- die eigentliche berufliche Tätigkeit,

- jede vom Arbeitgeber im Rahmen

des Arbeitsvertrages verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt.

Oft werden im Berufsalltag von Lkw-Fahrern zum Beispiel Wartezeiten nicht vergütet - doch kann sich hier im Einzelfall eine Vergütungspflicht ergeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Dauer der Wartezeit nicht bekannt ist. Unbestimmte Wartezeit ist sowohl arbeitszeitrechtlich als auch vergütungsrechtlich in der Regel als Arbeitsbereitschaft anzusehen, die vergütungspflichtig ist.

GRUNDSÄTZLICH GILT: GELEISTETE ARBEIT MUSS ENTLOHNT WERDEN

Darüber hinaus finden sich in Arbeitsverträgen häufig Regelungen über eine wöchentliche Höchstarbeitszeit, zum Beispiel 40 oder 48 Stunden, und die Klausel, dass Mehrarbeit mit dem Lohn bereits abgegolten sei.

Derartige Klauseln sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, die von der Rechtsprechung sehr eng gefasst werden. Grundsätzlich gilt, dass für geleistete Arbeit Vergütungspflicht besteht. Nur ausnahmsweise und in engen Grenzen kann der Arbeitgeber durch arbeitsvertragliche Regelungen von der Vergütungspflicht abweichen.

Die betriebliche Praxis sieht leider oft anders aus: Überstunden werden als selbstverständlich vorausgesetzt, und falls doch jemand einmal nach einer Bezahlung für die Überstunden fragt, wird nicht selten geantwortet, es sei doch vertraglich geregelt, dass alle Arbeitszeiten mit dem Gehalt abgegolten seien.

Dies ist bei rechtlich korrekter Betrachtung freilich nicht immer richtig. Weitaus häufiger ist es so, dass die Überstunden vergütungspflichtig sind.

Wie kann ein Fahrer Überstunden geltend machen? Auch wenn das Bundesarbeitsgericht die Darlegungslast für den Arbeitnehmer in den letzten Jahren etwas verringert hat: In der ersten Stufe muss der Arbeitnehmer seine tatsächlichen Arbeitszeiten darlegen und erklären, warum es sich dabei um übervertragliche Mehrarbeit handelt. Dafür ist eine kalendertägliche Darstellung der Aufgaben nötig.

Zunächst einmal ist die Fahrerkarte ein taugliches Mittel zur Aufzeichnung von Tätigkeitszeiten und es besteht die Möglichkeit, Kopien der Aufzeichnung zu erhalten. Allerdings sind Differenzen zwischen den dokumentierten Arbeitszeiten und den vergütungspflichtigen Arbeitszeiten zu erwarten. Fahrfremde Tätigkeiten sind nicht immer durch die Karte dokumentiert.

In der Praxis hat es sich bewährt, selbst genaue Aufzeichnungen zu führen. Dafür ist eine Liste, die im Internet leicht heruntergeladen werden kann (auch auf www.trucker-anwalt.com), sinnvoll, um die täglichen Arbeits- und Pausenzeiten zu dokumentieren.

Wer diese Dokumentation vorlegen kann, hat zumindest den Arbeitgeber in die Situation gebracht, im Fall eines Gerichtsverfahrens vorzutragen, welche Arbeit er zugewiesen hat und von wann bis wann der Arbeitnehmer diesen Weisungen nachgekommen ist oder nicht. Angesichts der genauen Dokumentation von Fahrzeiten über die Fahrerkarte fällt es hier dem Arbeitgeber regelmäßig schwer, substanziiert entgegenzutreten.

ANSPRUCH AUF NACHVERGÜTUNG? NICHT ZU LANGE WARTEN

Schließlich müssen die Mehrarbeitsstunden rechtzeitig geltend gemacht werden. In der Regel verjähren Ansprüche auf Vergütung nach drei Jahren. Das Jahr, in dem der Anspruch entstanden ist, wird dabei vom Gesetzgeber nicht mitgezählt. Ende 2019 verjähren also Vergütungsansprüche, die im Jahre 2016 entstanden sind.

Viele Arbeitsverträge enthalten allerdings sogenannte Ausschlussfristen, nach denen entsprechende Ansprüche sehr viel schneller, nämlich schon nach wenigen Monaten, nicht mehr geltend gemacht werden können. Solche Ausschlussfristen sind zwar prinzipiell zulässig, sie müssen aber korrekt gefasst sein, um den Vorgaben der Rechtsprechung zu genügen. Achtung: Ausschlussfristen von weniger als drei Monaten sind dabei in der Regel von vornherein unwirksam.

In jedem Fall lohnt es sich, beim prall gefüllten Überstundenkonto tätig zu werden, um die faire Bezahlung berechtigter Ansprüche durchzusetzen.

Autor: Volker Krane

DER AUTOR

Volker Krane ist seit 1996 als Rechtsanwalt zugelassen und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Arbeitsrecht. Seit 1999 ist er Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Sitz im brandenburgischen Nauen.

Über das Portal www.trucker-anwalt.com bietet Volker Krane Berufskraftfahrern Unterstützung bei der Geltendmachung von Überstunden an.

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