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Autonomes Fahren: Ein "Ja" mit vielen "aber"

13.02.2015 08:00 Uhr
Autonomes Fahren: Ein "Ja" mit vielen "aber"
Wer ist verantwortlich, wenn das Fahrzeug immer mehr Funktionen übernimmt?
© Foto: Daimler

Autonomes Fahren könnte schon in naher Zukunft kommen. Die Hürden für autonom fahrende LKW liegen weniger im technischen Bereich als beim Gesetzgeber, der wichtige Regeln festlegen muss.

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Die Hände im Nacken, die Beine bequem von sich gestreckt, den Blick entspannt auf einen Tablet-PC gerichtet - dieses Bild eines LKW-Fahrers bei der Arbeit ist keine Vision mehr. Mercedes-Benz zeigt mit dem Future Truck 2025, dass die Technik bereits so weit ist, LKW auf der Autobahn autonom fahren zu lassen. Während die Technik schon gut in Vorleistung gegangen ist, hinkt die rechtliche Einordnung dieser Entwicklung weit hinterher. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat in einem Presseseminar aufgezeigt, wo die rechtlichen Hürden für das autonome Fahren liegen.

Markus Kirschbaum, Leiter Vorentwicklung autonomes Fahren bei der Daimler AG, und Arne Bartels, Volkswagen AG, skizzierten beim DVR-Seminar zunächst die Vorteile des automatisierten Fahrens.

Die Hersteller verfolgen mehrere Ziele. Zum einen ist es die Vision des unfallfreien Fahrens, zum anderen die Erhöhung von Transporteffizienz. Ganz nebenbei mache das automatisierte Fahren den Fahrerberuf attraktiver, wie Markus Kirschbaum anmerkte.

AUTONOMES FAHREN SOLL SICHERHEIT UND WIRTSCHAFTLICHKEIT VERBESSERN

Bartels Beschreibung der verschiedenen Automationsgrade zeigte, auf welcher Entwicklungsstufe das automatisierte Fahren steht. Der VDA-Arbeitskreis Automatisiertes Fahren teilt die Fahrerassistenzsysteme zunächst in die Kategorien "Driver only" und "Assistiert" ein. Die nächste Generation nennt der VDA "teilautomatisiert" - hier übernimmt der Assistent die Längs- und Querführung, der Fahrer ist jedoch weiterhin zur dauerhaften Überwachung verpflichtet. Die höchsten Kategorien sind "hochautomatisiert" und "vollautomatisiert". Beim vollautomatisierten Fahren kann sich der Fahrer uneingeschränkt mit "fahrfremden Tätigkeiten" - wie eingangs beschrieben - beschäftigen.

Beim Highway-Piloten von Mercedes-Benz kann der Fahrer das schon heute - nur darf er das nicht. Denn nach heutigem Sachstand bekommt ein autonom fahrender LKW in Deutschland keine Zulassung. Lennart S. Lutz von der Forschungsstelle "Robot Recht" der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg, beleuchtete die rechtlichen Hürden und betonte, dass nur Fahrzeuge zugelassen werden können, bei denen der "Fahrer immer die Hauptverantwortung für das Führen des Fahrzeugs behält" und das System durch einen bewussten Eingriff übersteuern kann. Festgelegt sei das in der ECE-Regel 79.

Wenn der Fahrer also das automatisierte Fahrzeug nicht ständig überwachen muss, sondern Nebentätigkeiten nachgehen kann, entspricht das nicht der ECE-Regel 79. Der deutsche Gesetzgeber kann diese Regel nicht mal so eben ändern, weil er nicht von dem übergeordneten europäischen Recht abweichen darf. Eine Neufassung der ECE-Regel 79 sei zwar angestoßen, das kann nach Ansicht von Lutz aber zwei bis drei Jahre dauern.

ES SIND GLEICH MEHRERE RECHTLICHE PROBLEMFELDER ZU BEARBEITEN

Neben dem Zulassungsrecht stellt das Verhaltensrecht ein weiteres Problemfeld für das autonome Fahren dar. Juristen sind sich nicht einig, ob der Einsatz von hoch- und vollautomatisierten Fahrzeugen mit den in der Straßenverkehrsordnung festgeschriebenen Regeln vereinbar wäre. Lutz wünscht sich hier, dass der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung und damit Rechtssicherheit schafft. Im Zusammenhang mit der StVO müsse der Gesetzgeber auch normieren, welche Arten von Nebentätigkeiten bei der Benutzung welcher Assistenzsysteme zulässig sind.

Mit einer Entscheidungsfindung des deutschen Gesetzgebers ist das Problem aber immer noch nicht gelöst. Deutschland hat sich im so genannten "Wiener Übereinkommen für den Straßenverkehr" dazu verpflichtet, bei der Ausgestaltung seiner innerstaatlichen Verkehrsregeln bestimmte Vorgaben zu beachten. Und auch im Wiener Übereinkommen ist festgelegt, dass der Führer sein Fahrzeug dauernd beherrschen muss.

Der Gesetzgeber ist in der Frage des autonomen Fahrens nicht untätig geblieben. Deutschland hat im März dieses Jahres gemeinsam mit Frankreich, Belgien, Österreich und Italien eine Änderung des Wiener Übereinkommens angestoßen. Die Zustimmung der Vertragsstaaten gilt als sehr wahrscheinlich.

In Kraft treten könne die Änderung jedoch frühestens Mitte des Jahres 2016. Bei einer Zustimmung der Vertragsstaaten könnten Fahrzeuge zugelassen werden, wenn ein Fahrzeug entweder den ECE-Regeln entspricht oder das Assistenzsystem übersteuert oder ausgeschaltet werden kann.

Die Frage, wie das autonome Fahren im Zusammenhang mit dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht behandelt werden soll, gibt dem Gesetzgeber weitere Aufgaben auf. "Mit der Einführung automatisierter Fahrzeuge würde das Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht seine ordnende Funktion weitgehend verlieren" sagte Lennart Lutz. Ein automatisiertes Fahrzeug würde laut Programmierung die Verkehrsregeln zwingend befolgen. Und wenn der Fahrer während der Fahrt einer Nebentätigkeit nachgehen darf, könne ihm bei einem Unfall nicht einmal fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden.

Beim autonomen Fahren werden Unfalldatenspeicher an Bedeutung gewinnen. Denn ohne eine Black Box wird nur schwer nachzuweisen sein, ob der LKW zum Unfallzeitpunkt autonom fuhr oder vom Fahrer gelenkt wurde.

Hoch interessant waren die Ausführungen von Sven Hötitzsch, der ebenfalls an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg arbeitet. Er beleuchtete die Haftungsfrage und wies darauf hin, dass beim automatisierten Fahren dem Fahrer kaum noch ein Verschulden zur Last gelegt werden könne. In der Folge werden die Versicherungsunternehmen dazu übergehen, bei einem Unfall anstatt des Fahrers den Halter oder den Hersteller in Regress zu nehmen.

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