München. Zur Entlastung der Brenner-Transitstrecke wollen die betroffenen Länder und Regionen noch in diesem Jahr mehr Güter auf die Schiene bringen. Bis zu einem Folgetreffen im Mai solle eine Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeiten, wie bestehende Schienenkapazitäten genutzt und die Verlagerung auf die Bahn attraktiver gemacht werden könnten, erläuterten die Teilnehmer nach dem ersten Brenner-Gipfel in München am Montagabend. Bei dem erneuten Treffen in Innsbruck sollten dann Maßnahmen beschlossen und noch dieses Jahr umgesetzt werden.
Die von deutscher und bayerischer Seite kritisierten Blockabfertigungen will Tirol fortsetzen, sie jedoch frühzeitiger ankündigen. Österreich hat den Zustrom mehrfach nach Feiertagen mit Blockabfertigungen gedrosselt und höchstens 300 Lastwagen pro Stunde einreisen lassen. Die Folge waren kilometerlange Rückstaus von Lastwagen in Bayern.
Darum allerdings wurde bei dem Gipfel offensichtlich nicht gestritten. „Wir hatten uns dafür entschieden, nicht Rechtspositionen auszutauschen”, sagte der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU). Im Vordergrund habe die Frage gestanden, wie „kurzfristig mit vereinten Kräften” die rollende Landstraße gestärkt werden könne.
Zusätzliche Kapazitäten auf der Rollenden Landstraße
In nur „wenigen Wochen” könnten auf der Rollenden Landstraße der Bahn zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, sagte Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Bei Rollenden Landstraßen werden Lastwagen oder Sattelzüge mit der Bahn befördert.
Hofers italienischer Kollege Graziano Delrio (PD) kündigte mehr Anreize für Transportunternehmen zum Umstieg an. Auf bayerischer Seite sind laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schon jetzt Möglichkeiten da. Die Zahl der Züge Richtung österreichische Grenze und Brenner könne auf den vorhandenen Gleisen von derzeit 100 auf 200 gesteigert werden.
Die Blockabfertigungen rechtfertigte Hofer als „notwendige Entlastungsmaßnahme” - oder auch „Notfallmaßnahme”. Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter sagte, erst die Blockabfertigungen hätten Bewegung in die Transitproblematik gebracht. Der Verkehr bedeute eine „unglaubliche Belastung für die Bevölkerung”. „Es wird weiter Blockabfertigungen geben, aber ich habe auch zugesagt, dass wir rechtzeitig informieren.”
Herrmann hält Blockabfertigung für inakzeptabel
„Ich halte die Blockabfertigung für inakzeptabel, sie verlagert das Problem anstatt es zu lösen. Es verschlimmert die Belastungen für die Menschen und die Umwelt auf der bayerischen Seite”, teilte Bayerns Innenminister Herrmann hingegen mit. Für die bayerischen Speditionen und Logistikunternehmen bedeute das große Verzögerungen, bei erheblichen Mehrbelastungen für die Fahrer und schlimmstenfalls sogar Vertragsstrafen.
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher sagte, die Stickoxidwerte seien in seiner Region überschritten, die Belastungsgrenze sei erreicht. „Dosiersysteme” wie die Blockabfertigung könnten vorübergehend helfen.
Höhere Mautgebühren im Gespräch
Die Regionen Tirol, Südtirol und Trentino wollen die Strecke über die Alpen auch mit höheren Mautgebühren für den Transitverkehr unattraktiver machen. Sie setzen sich für eine Korridormaut von München nach Verona ein, um die Mautgebühren anzugleichen - und anzuheben. Deutschland blieb hier zurückhaltend. Eine Erhöhung auf einem Streckenpart wäre mit dem deutschen System schwer vereinbar.
30 bis 40 Prozent des Verkehrs an der Brenner-Strecke sei „Umwegeverkehr”, sagte Hofer. „Dieser Verkehr entsteht nur, weil es günstiger ist, über den Brenner zu fahren” - als über andere Alpenpässe. Und es wurde zuletzt immer mehr: Rund 2,25 Millionen Lastwagen hatten nach Angaben der Autobahn-Gesellschaft Asfinag 2017 die Mautstelle Schönberg an der Brenner-Autobahn passiert, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Pkw stieg um rund fünf Prozent auf 11,6 Millionen. (dpa)