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Fahrer im Gespräch mit dem Verkehrsminister

15.03.2013 08:00 Uhr
Fahrer im Gespräch mit dem Verkehrsminister
Winfried Hermann, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, diskutiert mit LKW-Fahrern
© Foto: Martin Orthuber

Der grüne Minister Hermann sucht Ideen für den Verkehr im "Ländle" - und das Gespräch mit LKW-Fahrern.

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Dass Winfried Hermann ein Grüner ist, daraus macht er keinen Hehl. Seines Erachtens wird zu viel transportiert und nicht umweltfreundlich genug. Die starke Zunahme des Gütertransports auf der Straße nannte der Verkehrsminister von Baden-Württemberg eine Fehlentwicklung, die kaum mehr umzukehren ist.

Europa- und Bundespolitik, Gesetze, Kosten und praktische Zwänge lassen jedoch ebenso wenig Spielraum für grüne Ideen wie für schnelle Abhilfe bei den akuten Problemen der LKW-Fahrer.

An Verkehrsproblemen tragen aus Sicht Hermanns vor allem die Unternehmen Schuld. Zunehmend hätten diese ihre Probleme auf die Allgemeinheit verlagert. Anstatt den Betrieb so zu organisieren, dass das Produktionsmaterial vor Ort ist und die Zulieferer in der Umgebung sind, habe man die rechte Autobahn-Spur zur verlängerten Werkbank gemacht und die Parkplätze zu Lagerräumen. Jetzt verlange man, dass der Staat das in Ordnung bringe, was eigentlich nicht seine Aufgabe sei.

Nichtsdestotrotz sei man auch in Baden-Württemberg mit Hochdruck dabei, die akute LKW-Parkplatznot zu lindern. Hermann gibt allerdings zu bedenken, dass es dabei langwierige gesetzliche Verfahren gibt. Auch habe es beispielsweise 3500 Stellungnahmen gegen den Bau einer Rastanlage gegeben. "Das Problem haben wir nicht nur bei Parkplätzen, sondern auch bei Bahnhöfen", witzelt der Minister.

DEUTSCHLAND IST NICHT CHINESISCH

Den Einwurf eines Transportunternehmers, der sich wünschte, in Deutschland würde es manchmal "chinesischer" zugehen, weil die Betonmischer dort 24 Stunden am Tag fahren würden, wischt Hermann zur Seite: "In China ist vieles anders. Das ist kein Rechtsstaat, dort gibt es diktatorische Mittel." Durch viel Bauen würden die Verkehrsprobleme dort nicht gelöst.

SELBST AM BESSEREN IMAGE MITARBEITEN

Auch in anderer Hinsicht muss Hermann darauf verweisen, dass die Verhältnisse in Deutschland anders sind als in China. Zwar zollt der Minister dem Transportgewerbe und den Fahrern im Besonderen höchsten Respekt für ihre Arbeit und merkt an: "Für einen grünen Verkehrsminister habe ich dazu schon deutliche Worte gesprochen."

Die Forderung aus dem Publikum, die Politik möge dafür sorgen, dass die Transportbranche in den Medien besser dargestellt werde, erteilt der Minister aber eine klare Absage: "Journalisten mögen es gar nicht, wenn Politiker ihnen sagen, was sie schreiben sollen und was nicht", ruft er einige Fälle aus der jüngsten Vergangenheit in Erinnerung und ergänzt: "Das ist auch gut so." Allerdings arbeite man gerade an einer Kampagne, die für Fairness und Respekt im Straßenverkehr werbe.

Für die Sorge um das Image der LKW-Fahrer zeigt Hermann großes Verständnis. Ganz klar sei ihm das auch nicht, warum das in anderen Ländern anders sei als in Deutschland. Der Minister staunt, als ein Fahrer von Großbritannien berichtet: Dort werde man als LKW-Fahrer auch mit der Lichthupe angeblinkt, aber nicht um zu meckern, sondern um zu signalisieren: "Ich lasse Dich raus."

Hermann nimmt die Berufsverbände und die Fahrer selbst in die Pflicht: "Vor 20 Jahren hatte jeder Fußballtrainer einen Trainingsanzug an. Heute tritt keiner mehr ohne Anzug vor die Kamera." Dadurch habe man gezeigt: "Wir sind etwas Besseres". Das Image des Fußballsports habe sich verändert. So sei auch die Transportbranche selbst für das eigene Image mitverantwortlich.

FAHRER UND SPEDITEURE SCHLECHT ORGANISIERT

Der Verkehrsminister beklagt, dass die Branche schlecht organisiert sei: "Den Berufsgruppen, die am wenigsten organisiert sind, geht es immer am schlechtesten." Sowohl Fahrer als auch Unternehmer müssten sich zusammentun, um höhere Preise und bessere Löhne durchzusetzen, appelliert Hermann. Aus seiner Sicht sei es unverständlich, warum in der Bankenbranche niemand mehr etwas unter zehn Prozent Rendite anfange, während sich ein Spediteur mit einem Prozent zufrieden geben muss.

Die Politik könne dabei wenig ausrichten, obgleich es aus grüner Sicht wünschenswert wäre, wenn sich der Transport verteuern würde. Die Anregung eines Fahrers, die EU-Subventionen für grenzüberschreitenden Gütertransport zu streichen, nimmt Hermann da gerne auf. Dem Lang-LKW erteilt der Grüne eine klare Absage: "Wir brauchen nicht immer neue Gefäße für den Transport." Aus seiner Sicht würde das dazu führen, dass der Transport auf der Straße noch billiger und damit weiter zunehmen würde.

Wenig Hoffnung macht er hinsichtlich des Fahrermangels. In Deutschland gebe es immer weniger junge Menschen. Diese würden sich auch in Zukunft zunächst besser bezahlte Berufe aussuchen. Aus seiner Sicht werde der Mangel so lange zunehmen, bis sich die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung deutlich verbessern.

Ein paar konkrete Ankündigungen macht der Verkehrsminister: Die Spurführungen vor einigen Autobahnkreuzen werden geändert, so dass man sich frühzeitig entsprechend einordnen könne. Die Freigabe von Seitenstreifen in Stoßzeiten werde an vielen Stellen geprüft, häufig seien sie aber nicht breit genug oder nicht auf starke Belastung ausgelegt.

Und schließlich wolle man ein "Fahrertelefon" einrichten, bei dem man auf schlechte Beschilderung und schnell zu behebende Mängel hinweisen kann. Am anderen Ende wird dann aber wohl nicht der Verkehrsminister selbst sitzen. MO

"Geiz ist nicht geil, sondern asozial. Er geht zu Lasten der Beschäftigten und der Umwelt."

Winfried Hermann (Grüne), Verkehrsminister von Baden-Württemberg

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