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Service Spezial: Sicher durch den Winter

26.09.2017 08:00 Uhr
Service Spezial: Sicher durch den Winter
Wenn der erste Schnee fällt, sollte das Fahrzeug bereits fit gemacht worden sein
© Foto: TÜV SÜD

Wer bei Lkw-Fahrern über das Thema Wintervorbereitung referieren will, erntet oft nur gelangweiltes Gähnen. Und trotzdem führt der erste Schnee stets zum Chaos - weil keiner vorbereitet ist. TRUCKER hat den TÜV SÜD um Tipps gebeten, wie man gut durch die kalte Jahreszeit kommt.

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Es ist jeden Winter das gleiche Spiel: Die ersten Schneeflocken fallen und das Chaos auf unseren Straßen bricht aus. Dabei sind es nicht immer Pkw-Fahrer mit ungeeigneter Bereifung und generell mangelhafter Vorbereitung, die für Staus bei Glatteis sorgen. Vielfach sind es die Profis, die aus falsch verstandenem Ehrgeiz - manchmal leider auch, weil der Chef nicht das richtige Material bereithält - weder sich noch ihren Lkw winterfest gemacht haben.

Thema Nummer eins bei der Abfahrtskontrolle sind Eisplatten, die sich unter Umständen schon in der ersten kalten Nacht auf dem Dach gebildet haben. Dabei warnt Dieter Roth, Lkw-Experte von TÜV SÜD, davor, dass die Fahrer mithilfe einer einfachen Leiter Schnee und Eis vom Dach räumen: "Das ist zu gefährlich, die Gefahr des Herabstürzens ist viel zu hoch." Auch das Thema quasi von innen anzugehen, sieht Roth kritisch. "Oft versuchen die Fahrer über die Ladung zu klettern und mit den Steckbrettern oder anderem ungeeigneten Werkzeug die Plane von innen auszubeulen und so die Eisplatten vom Dach zu bekommen. Auch das hat schon zu bösen Verletzungen geführt, wenn man abrutscht. Und wenn dann noch - und das ist schon oft passiert - im falschen Moment jemand neben dem Lkw vorbeigeht, bekommt er die schweren Eisteile auf den Kopf."

PER KNOPFDRUCK DACHSCHRÄGE ERZEUGEN

Roth rät zu zwei vernünftigeren Methoden, wobei er einräumt, dass auch sie kein Allheilmittel sind und nicht überall verfügbar sind: Methode eins ist der sogenannte Roof Safety Airbag. Damit lassen sich die Ablagerungen auf Knopfdruck verhindern - zumindest wenn es sich um Regenwasser handelt, das sich in der Dachplane sammelt.

"Der Fahrer bläst nach dem Abstellen seines Lkw einen Luftsack in der Mitte des Daches auf. Der ist an das Druckluftsystem des Lkw angeschlossen und erzeugt so etwas wie eine Dachschräge. So kann Wasser ablaufen und gefriert nicht über Nacht zu großen Platten." Allerdings hat das System nach Erfahrung der TRUCKER Technik-Redaktion den Nachteil, dass es bei Schnee nur bedingt wirkt. Immerhin meint Roth, kann sich der Fahrzeughalter dieses Ausstattungselement über das Förderprogramm "De-Minimis" finanzieren lassen - sofern rechtzeitig ein Antrag eingereicht wurde.

Eine zweite Methode sind die Gerüste, die an manchen Autound Speditionshöfen stehen und mit deren Hilfe Fahrer einen sicheren Stand finden, um das Dach von Schnee und Eis zu befreien. "Leider müssen wir aber feststellen", bedauert Roth, "dass es noch viel zu wenige Autohöfe und Rastanlagen sind, die derartige Hilfsmittel zur Verfügung stellen. Und ein sicherer Aufstieg auf dem Speditionshof bringt auch wenig, wenn die Lkw unterwegs sind."

Die Situation wird allerdings langsam besser. Mittlerweile finden sich rund 50 Schneegerüste entlang der deutschen Autobahnen, meist an großen Autohöfen. Eine Liste aller bekannten Räumstationen sowie Informationen zum Thema Eis und Schnee stellt der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik BGL online unter www.bgl-ev.de zur Verfügung.

Auch in Österreich wächst das Angebot an Abkehrbühnen. Laut der Autobahnbetreibergesellschaft Asfinag stehen an folgenden Standorten Gerüste: A 14 Richtung Tirol (Grenzübergang Hörbranz), A 12 Richtung Bregenz (Parkplatz Kronburg), A 12 beidseitig (Stellplatz Vomp), A 10 Richtung Villach (Parkplatz Rohr) und Richtung Salzburg (Parkplatz Ried) sowie A 9 Richtung Voralpen (Parkplatz Kleintal) und in Richtung Graz (Parkplatz Ortnerhof).

BEI UNFÄLLEN IST DER FAHRER VERANTWORTLICH

Und noch ein Hinweis vom TÜV SÜD-Experten: "Wir wissen, dass sich Fahrer oft im Dilemma befinden. Eis auf dem Dach, aber keine geeignete Aufstiegsmöglichkeit - die Leiter ist laut Berufsgenossenschaft verboten. Trotzdem stehen Fahrer voll in der Verantwortung, falls durch herabfallende Eisplatten Unfälle und Schäden entstehen."

  • GUT GESEHEN

Ein Klassiker ist in der kalten und dunklen Jahreszeit besonders wichtig: Sehen und gesehen werden. Daher sollte man bei der Abfahrtskontrolle dem Check der Beleuchtungs-Einrichtungen besondere Bedeutung beimessen.

  • GUT BEREIFT

Sind die kompletten Gespanne mit M+S-Reifen ausgestattet, lassen sich dadurch deutlich kürzere Bremswege erreichen. "Das wird aber meist nur von Unternehmen gemacht, die ihre Fuhren häufig in Gegenden mit extremen Witterungsverhältnissen schicken - andere beschränken sich meist auf die gesetzlichen Vorgaben: M+S-Reifen allein auf der Antriebsachse", so die Erfahrung von Dieter Roth. Grundsätzlich könne bei Lkw wegen der hohen Lasten nicht wie beim Pkw-Reifen über die weichere Gummimischung eine bessere Traktion erreicht werden. Anpassung ist hier allein über die Profilgestaltung möglich.

  • GUT UNTER DRUCK

Der richtige Luftdruck in den Reifen ist beim Nutzfahrzeug besonders wichtig. Ist der Druck zu gering oder zu hoch, dann verkleinert sich die Aufstandsfläche - und die Kanten greifen nicht richtig. Zudem setzt sich das Profil schneller mit Schnee zu. Die Folge: weniger Traktion, schlechtere Bremswirkung.

  • GUT BELADEN

Wie viel Fracht an Bord ist, wirkt sich insbesondere auf das Traktionsverhalten des Zugfahrzeugs aus. Mit leeren Zugfahrzeugen kommt es gerade im Winter an Steigungen oder auf glatter Straße häufig zu Problemen. Bei Teilbeladungen sollte man darauf achten, dass in jedem Fall die Antriebsachse der Zugmaschine maximal belastet wird. Natürlich sind die zulässigen Achslasten und eine entsprechende Ladungssicherung im Blick zu behalten.

Gut unterwegs: Wenn alle technischen und organisatorischen Voraussetzungen stimmen, dann kommt es auf einen weiteren Klassiker an: Abstand halten und Geschwindigkeit den aktuellen Witterungsbedingungen und Straßenverhältnissen anpassen.

KLEINIGKEITEN SOLLTE MAN NICHT VERGESSEN

All die "großen" Dinge nützen nicht wirklich viel, wenn der Fahrer oder die Werkstatt die zahlreichen kleineren Details für die Wintervorbereitung vergessen haben. Der Kühlerfrostschutz bedarf kaum noch einer gesonderten Erwähnung, da die Kühlsysteme eine kälteresistente Dauerfüllung haben. Von Zeit zu Zeit zu prüfen, kann dennoch nicht schaden.

Allerdings sollte man sich rechtzeitig um den Frostschutz für die Scheiben- und Scheinwerferreinigungsanlage kümmern - und nicht erst nach der ersten Frostnacht, wenn es zu spät ist. Auch wenn es Verschwendung sein mag, muss der Sommerreiniger raus, ehe man Gefrierschutz einfüllen kann. Und bei der Gelegenheit kann man gleich die Wischerblätter prüfen und gegebenenfalls tauschen sowie die Scheibe von innen reinigen. Denn saubere Scheiben beschlagen deutlich weniger schnell als schmutzverkrustete.

In diesem Zusammenhang kommen wir auf die Klimaanlage. Ungeachtet dessen, dass die Systeme auch im Winter regelmäßig eingeschaltet werden sollten, sodass unter anderem die Dichtungen nicht verspröden, hilft die Aircondition, dass die Scheiben frei bleiben. Wann haben Sie übrigens zum letzten Mal den Innenraumfilter der Klimaanlage gereinigt? - Wissen Sie nicht? Dann ist es vielleicht ein guter Zeitpunkt, das zu prüfen.

DER FEUCHTIGKEIT IM INNENRAUM VORBEUGEN

Lust but not least das Thema Druckluftanlage. Mit einem modernen Truck sind die Zeiten des Frostschutzes ja eigentlich vorbei. Zumindest aber sollte man sich der Trocknerpatrone annehmen, die das Druckluftsystem vor Feuchtigkeit und damit Frostausfällen schützt. Zeigt sich die Patrone schon gammelig, kann auch deren Tausch nicht schaden.

Und für den Fall, dass man über die Tage viel Feuchtigkeit in den Innenraum getragen hat, hilft noch immer die gute alte Tageszeitung unter der Fußmatte. Wer es eleganter mag, kauft im Baumarkt Entfeuchter-Packs und platziert sie an unauffälliger Stelle im Innenraum. Die wirken Wunder. Man muss nur regelmäßig das aufgefangene Wasser auskippen und das Trocknergranulat rechtzeitig tauschen - was nicht sehr teuer ist.

Wer übrigens in schneereichen Gegenden unterwegs ist, sollte rechtzeitig an Ketten denken. Nicht nur, dass die Traktionshilfen vollständig und beschädigungsfrei sind. Wenigstens einmal vor dem Einsatz im Trockenen üben, mag einen zwar den Spott der Kollegen einbringen. Wer aber im Fall der Fälle seine Handgriffe perfektioniert hat, fährt schon wieder und sitzt im warmen Lkw, wenn sich die anderen noch in der Kälte plagen.

M+ S vs. 3PMSF - Winterreifen auf welchen Achsen

Bei einigen Fahrern herrscht Verunsicherung, weil sie gehört haben, dass M+S-Reifen künftig nicht mehr den Anforderungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung StVZO genügen. Dazu ein paar klärende Worte, was tatsächlich neu ist:

Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass bisher die Reifenhersteller selbst den Reifen als M+S oder mit einer Schneeflocke (Three Peak Mountain Symbol; 3PMSF) als Winterreifen gekennzeichnet haben. Nun wird der Reifen tatsächlich getestet und darf erst nach Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt KBA mit dem "Alpine"-Symbol vertrieben werden. Ältere Reifen, die vor dem 1.1.2018 in Verkehr gebracht werden, dürfen noch bis 30.9.2024 betrieben werden.

Zum Profil sagt die StVZO: Das Hauptprofil muss am ganzen Umfang eine Profiltiefe von mindestens 1,6 Millimeter aufweisen. Als Hauptprofil gelten die breiten Profilrillen im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt. Wobei TÜV SÜD die Meinung vertritt, dass diese Mindestprofiltiefe im Winter völlig ungeeignet ist. Eine Mindestprofiltiefe von wenigstens fünf Millimeter wird angeraten.

Reifen für winterliche Wetterverhältnisse sind Luftreifen, durch deren Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Bauart vor allem die Fahreigenschaften bei Schnee gegenüber normalen Reifen hinsichtlich ihrer Eigenschaft beim Anfahren, bei der Stabilisierung der Fahrzeugbewegung und beim Abbremsen des Fahrzeugs verbessert werden. Sie sind mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) gekennzeichnet. Abweichend gelten bis zum 30.9.2024 als Reifen für winterliche Wetterverhältnisse auch Reifen, die die zuletzt durch die Richtlinie 2005/11/EG (ABl. L 46 vom 17.2.2005, S. 42) beschriebenen Eigenschaften erfüllen (M+S Reifen) und die nicht nach dem 31.12.2017 hergestellt wurden. Im Fall des Satzes 1 Nummer 2 maßgeblich ist das am Reifen angegebene Herstellungsdatum.

Zur Nutzung von Winterreifen sagt die Straßenverkehrsordnung StVO: Der Führer eines Nutzfahrzeuges, also Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3 (Busse), N2, N3 (Lkw > 3,5 t), darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn mindestens die Räder der permanent angetriebenen Achsen und der vorderen Lenkachsen mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen.

Anmerkung der Redaktion: Die Vorgabe, Winterreifen auch auf der Lenkachse zu montieren, steht zwar bereits in der VO. Es gibt aber eine Übergangsfrist. Die Vorgabe tritt erst sechs Monate, nachdem das Bundesverkehrsministerium dem Bundesrat einen Bericht über eine Felduntersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt über die Eignung vorgelegt hat, spätestens jedoch zum 1.7.2020, in Kraft.

Im Klartext: Bis auf Weiteres genügen - wie bisher - für die genannten Fahrzeuge Winterreifen auf der Antriebsachse.

HINWEIS: Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei Sichtweiten unter 50 Meter, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

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