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Jobreport: Nachts zur Gockel-Ranch

19.10.2015 08:00 Uhr
Jobreport: Nachts zur Gockel-Ranch
Nachtarbeiter (v. l.): Fahrer Gerhard Heidl, Traktorfahrer Christian Kolbeck und Werner Hierstetter
© Foto: Hans Kitzberger

Wer Tiere zum Schlachthof bringt, arbeitet überwiegend nachts - wie Gerhard Heidl, der regelmäßig Bio-Hähnchen fährt.

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Obwohl 22 Uhr ausgemacht war, steht Gerhard Heidl schon eine halbe Stunde vorher mit seinem Hängerzug bei den Geflügelställen des Hähnchenmastbetriebs von Werner Hierstetter. "Ich komme immer etwas früher, ein kleiner Zeitpuffer schadet nie", sagt der Fahrer. Er weiß, dass beim Verladen der Masthähnchen mehrere Beteiligte möglichst reibungslos zusammenarbeiten müssen.

Tatsächlich warten dann auch schon der Bio-Bauer und ein befreundeter Maurermeister auf Heidl. Sie sind mit zwei Traktoren vorgefahren. Die Anfahrt zu den Ställen ist an diesem Sommerabend vergleichsweise einfach.

IM WINTER KANN DIE ANFAHRT SCHWIERIG WERDEN

Der bayerische Bio-Betrieb liegt zwar malerisch an einem Waldrand zwischen Furth im Wald und Arnschwang, das Gelände ist aber nur über eine holprige Schotterstraße und eine steile Anhöhe erreichbar. Bei winterlichen Verhältnissen lässt Bauer Hierstetter deswegen extra vor der Ankunft des Lkw räumen und streuen. Heute herrschen aber gute Bedingungen, die mondhelle Nacht macht die Anfahrt für Heidl zur leichten Übung.

Den Puffer hätte Heidl an diesem Tag nicht gebraucht. Das Handy von Bauer Hierstetter klingelt: Der Chef der "Fänger" ruft an und meldet, dass er wegen eines Staus den vereinbarten Termin nicht halten kann. Und ohne sie kann das nächtliche Verladen nicht über die Bühne gehen. Die Fänger - in diesem Fall sind es acht junge Rumänen- werden von einer Agentur in Gotha disponiert und fahren von einem Geflügelhof zum anderen.

In der Zwischenzeit hat der Geflügelfahrer das Hubdach des Aufbaus an seinem MAN mit einem Handhebel hochgepumpt. Der Landwirt und sein Traktorfahrer gewinnen damit den Spielraum, den sie nach oben brauchen, um mit ihren Frontladern die Behälter abzuladen und für die Fahrt zum Stall bereitzustellen. Zu zweit sind die Transportbehältnisse schnell abgeladen und es bleibt Zeit für eine kleine Fachsimpelei. Gerhard Heidl erzählt, dass er einen Befähigungsnachweis braucht, wenn er Geflügel zum Schlachthof fahren will. Den dafür notwendigen Lehrgang hat er in der Landwirtschaftlichen Lehranstalt im fränkischen Triesdorf absolviert. Dort lernte er in einer eintägigen Schulung, was der Tierschutz für Lebendtransporte vorschreibt, wie der Rechtsrahmen aussieht und wie man die Vorschriften in die Transportpraxis umsetzt.

EIN BEFÄHIGUNGSNACHWEIS FÜR DEN FAHRER IST PFLICHT

So zum Beispiel die Frage, wie man mit einem verletzten Hähnchen umgehen muss. "Weißt du, was man da macht?", fragt der Fahrer den Bauern. Der gelernte Landwirtschaftsmeister kennt die Antwort. "Erst mit einem Schlag betäuben und dann den Kopf abtrennen", erwidert er. Beide fragen sich, ob es nicht besser wäre, sofort den Kopf abzuschlagen ...

In der Zwischenzeit sind die Fänger eingetroffen und haben sich umgezogen. Jeder Geflügelhof stellt ihnen Kleidung und Schuhe zur Verfügung - damit wird verhindert, dass eventuelle Krankheitskeime von einem Stall zum anderen gelangen. Sobald die Fänger im Stall sind, beginnt eine eingespielte Choreografie. Der Traktorfahrer senkt die erste Transportkiste in den dunklen Stall. Dort gehen die Fänger leise und zielgerichtet vor und greifen sich die Hähnchen. Im Dunkeln bleiben die Tiere ruhiger und lassen sich ohne Aufruhr in die Schubladen des Behälters ablegen. Jeder Fänger bringt sieben Hähnchen, nach drei Fängen ist die Schublade voll. Eigentlich dürften 25 Tiere rein, aber weil die Biohähnchen des Naturland-Bauern wohlgenährt sind, lässt der Bauer nur mit 21 Hähnchen befüllen.

In einer guten Stunde sind über 3000 Hähnchen verladen. Heidl hat dabei wenig zu tun, er weist die Traktorfahrer beim Beladen ein. Der untere Behälter sitzt auf einer Führung auf der Ladefläche formschlüssig fest.

BEI DER LADUNGSSICHERUNG HILFT DAS DACH TATKRÄFTIG MIT

Oben hat der Behälter die gleiche Führung, auf der die obere Kiste in Position rutscht. Nach dem Beladen senkt der Fahrer das Dach und fixiert damit die Behälter, weitere Ladungssicherung ist nicht nötig. Damit ist Heidl auch schon abfahrbereit und macht sich auf die zwei Stunden lange Fahrt zum Schlachthof im niederbayerischen Massing.

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