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Reportage: In nur 33 Tagen "back on the road"

27.07.2020 15:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Reportage: In nur 33 Tagen "back on the road"
Eine solch stimmige Kombination aus Zugmaschine, Tieflader und „Ladegut“ sieht man nur sehr selten
© Foto: Flückiger/TII

Weil der Chef Geburtstag hatte, restaurierten seine Familie und Mitarbeiter im Geheimen zwei altgediente Oldtimer. Und weil’s schnell gehen musste, quasi im Eilzugtempo. Gut, dass noch eine alte, aber in Topzustand befindliche Zugmaschine vorhanden war.

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Man schrieb das Jahr 1964, als Fritz Flückiger, damals Chef der FLAG, einen Scheuerle-Tieflade-Anhänger für Schwertransporte beschaffte. Damit konnte er endlich seine Baumaschinen mit eigenen Fahrzeugen transportieren. Mit auf 30 km/h beschränkter Höchstgeschwindigkeit waren Lasten bis zu 48 Tonnen erlaubt – vor 56 Jahren eine echte Hausnummer. Und mit den damaligen schwach motorisierten Zugfahrzeugen wären höhere Geschwindigkeiten bei solch schweren Lasten sowieso nicht drin gewesen.

Oft setzte Flückiger den Anhänger zum Transport seiner Link-Belt-Bagger ein. Von diesen Geräten aus amerikanischer Produktion hatte FLAG zwei Stück im Einsatz. Mit einem Gesamtgewicht von 22 Tonnen bringen diese für damalige Verhältnisse ebenfalls großen Maschinen ein respektables Transportgewicht auf die Waage. Zu Beginn der 80er-Jahre nahm die FLAG einen der letzten Saurer in Schwerlastausführung in Betrieb – damit war das Trio aus Zugmaschine, Tieflader und Bagger komplett.

Die stolze Flückiger-Truppe
© Foto: Flückiger/TII

Die Flückigers sind bodenständige und nachhaltige Menschen und was nicht kaputt ist, wird auch nicht weggeworfen. Also behielt man nach der Außerbetriebsetzung vor bald 20 Jahren Anhänger, Baumaschine und den Saurer und stellte sie beiseite. Oft mussten sie umziehen, aber hergeben kam nicht infrage – es fand sich immer irgendwo ein neues Plätzchen auf dem großen Flückiger Firmengelände. Großen Anteil am Erhalt der drei Veteranen hatte der aktuelle Chef Heini Flückiger. Immer wenn jemand das „alte Zeug“ entsorgen wollte, legte er sein Veto ein. „Diese Maschinen werde ich nach meiner Pensionierung restaurieren“, so seine gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung – was freilich keiner so recht glauben wollte.

Das Schrauber-Quartett präsentiert sich stolz vor dem fast fertigen Bagger
© Foto: Flückiger/TII

Dann stand eines Tages der runde Geburtstag an. Einige Zeit herrschte große Unschlüssigkeit, was man denn dem verdienten Unternehmer und Vater schenken könnte. Dann erinnerte sich jemand an die mehrfach von Heini gemachte Aussage. Daraus entstand die Idee: „Wir könnten doch den Saurer mit dem zugehörigen Anhänger und einem passenden Bagger als Ladung restaurieren und unseren Chef damit überraschen!“

Das Ansinnen war mehr als ambitioniert. Eine Restauration in diesem Umfang dauert üblicherweise Monate, wenn nicht Jahre. Die Aktion vor dem Chef zu verheimlichen, dem jede Veränderung auffällt, war mit die größte Herausforderung. Es blieb nur die Zeit zwischen Weihnachten und Ende Januar, als Heini und seine Frau Monica Urlaub im Ausland machten.

Mit dem Bagger auf der Pritsche hat die Kombination deutliche Überlänge
© Foto: Flückiger/TII

Die anfängliche Idee, aus Zeitmangel nur eine oberflächliche Aufhübschung zu machen, haben die Beteiligten schnell verworfen. „Entweder richtig oder gar nicht!“, war die Devise – mit allen Konsequenzen. Wer die Bilder des frisch renovierten Nutzfahrzeug-Trios betrachtet, wird bestätigen: Das Resultat kann sich wirklich sehen lassen. Und auch wenn Heini Flückiger nicht selbst Hand angelegt hat, so standen ihm doch Freudentränen im Gesicht, als ihn bei der Geburtstagsfeier Familie und Mitarbeiter das Resultat ihrer gut einmonatigen Aktion zeigten.


Das Oldie-Trio

Link-Belt Cranes ist ein US-Unternehmen mit Hauptsitz in Lexington, Kentucky, welches sich auf schwere Teleskop- und Gittermastkrane spezialisiert hat. Link ist eine Tochtergesellschaft der japanischen Sumitomo Heavy Industries. Die Ursprünge gehen auf das Jahr 1880 zurück, in dem William Dana Ewart die Link-Belt Machinery Company gründete.

Saurer in Arbon am Bodensee war der größte Schweizer Hersteller von mittleren und schweren Lastwagen. Die noch immer existierende Firma ist einer der größten Textilmaschinen- und Fahrzeuggetriebehersteller der Welt und gehört heute der chinesischen Jinsheng-Gruppe. Gegründet wurde Saurer 1853 und produzierte anfangs Stickmaschinen. Ab 1877 ergänzte Franz Saurers Bruder Hippolyt als Kaufmann das Unternehmen.

1903 begann die Herstellung von Nutz­­fahrzeugen. 1929 wurde Saurer Mehrheitspartner bei Berna, dem zweiten großen Nutzfahrzeughersteller der Schweiz. Saurer war in dieser Ära führend bei der Dieselmotoren-Entwicklung. 1983 wurde der letzte zivile Saurer ausgeliefert. Beim Flückiger-Lkw handelt es sich um einen D330B mit 11,95 Liter großem Reihen-Sechszylinder mit 330 PS, Anhängerhydraulik, Differenzialsperren und Kipper­hydraulik. Das Fahrzeug ist stahlgefedert, verfügt über ein mechanisches Getriebe und 12 R 22.5er-Bereifung.

Scheuerle hat seinen Ursprung in einer 1869 von Christian Scheuerle erworbenen Schmiede in Pfedelbach, aus der 1937 die vom Enkel Willy gegründete Scheuerle Fahrzeugfabrik hervorgeht. 1949 baut Scheuerle die ersten Tieflader mit patentierten abfahrbaren Fahrwerken sowie Allradlenkung. 1956 folgen hydraulisch abgestützte Pendelachsen. Durch sie wird es möglich, mehrere Achsen in Reihe anzuordnen. 1970 folgt eine hydraulische Vielweglenkung, mit der die Pendelachsen via Lenkrad in eine 90-Grad-Position gedreht werden können – aus der zwei Jahre später die erste elektronische Vielweglenkung hervorgeht. Heute gehört Scheuerle zusammen mit Nicolas, Kamag und Tratec zur TII Group.



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