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Schwertransport mit 350 Tonnen

04.02.2013 08:00 Uhr
Schwertransport mit 350 Tonnen
Um den Verkehr möglichst wenig zu behindern, werden Schwertransporte nach Möglichkeit nachts durchgeführt.
© Foto: Jens Hadel

Die Energiewende sorgt bei Firmen wie P. Adams für Aufträge. Etwa beim Transport in ein Pumpspeicherkraftwerk.

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Freitagabend am Moselanleger der Firma Hein in Bech-Kleinmacher. Punkt 20:00 Uhr starten die Fahrer Manfred Geier und Dany Schmidt ihre vierachsigen Schwerlast-Zugmaschinen, die mit sattem Grollen den Dienst antreten. Ihre nächtliche Fracht: der größte Trafo, der je auf Luxemburgs Straßen unterwegs war. Ziel des Transports: das Pumpspeicherkraftwerk Vianden.

Hier wird seit 2010 an der Erweiterung für zusätzliche 200 Megawatt gearbeitet, der Trafo stellt ein Herzstück dar. Vianden ist eines der größten derartigen Kraftwerke in Europa, die mit der Energiewende einen Boom erleben. Es dient als Energiereservoir fürs deutsche Amprion-Netz. Neben dem Staat Luxemburg ist RWE daran beteiligt.

VORFÜHREFFEKT: ERSTER SLT-ACTROS IM EINSATZ

Um die enge Ortsdurchfahrt von Remich zu meistern, rollt der 211 Tonnen schwere Trafo auf nur 16 Achsen. Schaulustige säumen die Strecke und staunen über die Wendigkeit des rund 47 Meter langen Gespanns. Der Actros 4165 an der Spitze des Zuges erledigt hier als Vorführgerät von Mercedes-Benz seinen ersten Einsatz für die Spedition P. Adams. Gerade weil das Luxemburger Unternehmen bisher hauptsächlich Fahrzeuge von MAN und Scania als Schwerlasttrucks im Einsatz hat, nutzte man das Angebot, dieses Kraftpaket einmal ausgiebig im Einsatz zu testen.

Die besonderen Anforderungen der Strecke werden schnell deutlich, schon kurz nach dem Ortskern ist ein erster Stopp nötig. Für die jetzt anstehende zwölfprozentige Steigung wird eine weitere Zugmaschine vor den Tross gespannt. Insgesamt rund 2000 PS (TGX 41.680, Actros 4165 und TGX 41.680 8x6) bewegen den Trafo dann zügig bis zur ersten Umbaustelle auf der N2 nach Bous.

FLY OVER: 52 METER, UM DEN FLUSS ZU QUEREN

Um die Achslast auf die üblichen zwölf Tonnen zu drücken, müssen weitere Achsen an den Anhänger montiert werden. Damit der Umbau ohne erneutes Verladen oder Kraneinsatz vonstatten gehen kann, hat sich das Team von P. Adams eine perfekte Lösung einfallen lassen: An beiden Enden des Anhängers sind dreiachsige Module verbaut. Die werden nun abgeschraubt und durch Fünfachser ersetzt. So wird aus dem 16-Achser binnen drei Stunden ein 20-achsiger Anhänger.

Die restliche Strecke der Nacht beinhaltet einige Kreisverkehre und Ortsdurchfahrten. Gegen 2:00 Uhr morgens erreicht der Konvoi aber problemlos den Flughafen Findel, wo man bis Samstagabend pausiert. Während Fahrer und einige Begleiter ausschlafen können, beginnt ein Montageteam von P. Adams in Diekirch damit, eine große Fly-Over-Brücke über die Sauer zu bauen, insgesamt 52,8 Meter muss die Traverse lang sein.

Doch zuvor wartet die Querung der A1. Da die Brücke nicht überfahren werden kann, muss man die Autobahn selbst nutzen, die teils komplett gesperrt wird. Während der samstägliche Verkehr über eine Fahrspur am Transport vorbeifließt, drehen die Zugmaschinen um. Entgegen der vorherigen Fahrtrichtung geht es dann über die Zufahrt wieder von der Autobahn herunter. Die weitere Route mit engen Ortsdurchfahrten, Brücken und Kreiseln ist problemlos, ja, fast entspannt ist die nächtliche Atmosphäre. Nach knapp drei Stunden erreicht der Tross die überbaute Brücke in Diekirch. Doch die Abzweigung unmittelbar dahinter ist mit 20 Achsen nicht zu schaffen. Also schrumpft der Hänger wieder auf 16 Achsen.

Pünktlich um 9 Uhr am Sonntag erwachen die Maschinen, um die Brückenfahrt in Angriff zu nehmen. Langsam zieht der TGX mit Manfred Geier am Lenkrad den 16-achsigen Tiefladeanhänger auf die improvisierte Brücke.

EINER ZOG, EINER SCHOB: BLOSS KEINE HEKTIK

Dany Schmidt schiebt mit dem Actros vorsichtig am Heck, während Transportleiter Robert Müller die Ausrichtung des Gespanns auf der Fly-Over-Brücke koordiniert. Fast lautlos biegen sich die vorgespannten Segmente des Fly-Over-Systems unter der Last von knapp 350 Tonnen. Auf der anderen Seite wartet das nächste Problem: Die Brücke lässt sich nur in gerader Fahrt bewältigen. Da das Gespann gepresst zwischen Hauswänden und Fly-Over steht, werden die schrägen Abfahrten der Behelfsbrücke demontiert. Die wenigen Meter reichen, um schräg zurückzusetzen, abzukuppeln und die Zugmaschine auf der linken Seite der Verkehrsinsel wieder anzukuppeln.

Gegen Mittag erreicht der Konvoi die CR342 bei Hosingen. Die schmale Straße mit vielen Kurven und steilen Gefällepassagen wird höchste Konzentration erfordern. Für die extremsten Kurven nimmt Robert Müller die Steuerung des Anhängers in die Hand und lenkt per Fernsteuerung das Heck manuell nach - echte Millimeterarbeit, da Berg und Abhang eine enge und absolute Grenze setzen.

Inzwischen hat das Montageteam Teile des Fly-Over-Systems in Diekirch abgebaut, nach Obereisen bach geschafft und wieder aufgebaut, da hier ein kleiner Bach zu queren ist. Auf der stark abfallenden Gefällestrecke unmittelbar zuvor muss der Actros am Heck die Bremsleistung so weit hochfahren, dass die hinteren Reifen die feuchte Straße trocknen. Dann ist der Weg frei zum Parkplatz vor dem Kraftwerk Vianden.

Doch bevor am Montag die Einfahrt in die Kaverne ansteht, muss das gesamte Team eine Sicherheitsunterweisung mit anschließender Prüfung am Computer absolvieren. Um den Anhänger später unter dem Trafo herausziehen zu können, werden vor der Einfahrt in den Stollen Generator und Hilfsmittel entladen. Für den Verkehr war die Straße seit der Nacht gesperrt, die Zufahrt der Behelfsstraße muss für den weit ausschwenkenden Schwertransport teils per Bagger entfernt werden.

Bei der Einfahrt in die Kaverne rollt das Gespann extrem langsam, feiner Baustaub hätte eine abrupte Bremsung unmöglich gemacht. Neben der seitlichen Ausrichtung müssen Fahrer und Helfer den knappen Abstand zum Luftschacht über dem Trafo im Blick behalten. 45 Minuten braucht der Tross bis zur Entladestelle. Als der Begleiter des Trafoherstellers Siemens den Shock-Absorber prüft und eine "perfekte Null" attestiert, weiß das Team von P. Adams, dass sich der Aufwand gelohnt hat.

Dany Schmidt fährt MAN TGA 41.660

Vor über 30 Jahren begann ich als LKW-Fahrer, fuhr zu Beginn mit einem Planenzug und später Innenlader für Glas. Bei P. Adams bin ich seit 14 Jahren, zuerst auf einem 6x2 Scania mit Telesattel, später auf Volvo und MAN. Meine erste richtige Schwerlastzugmaschine war ein vierachsiger Mercedes 3550. Aktuell fahre ich einen MAN TGA 41.660 mit V10-Motor. Um mit den Selbstfahrern sicher umgehen zu können, war ich bei Goldhofer auf Lehrgang. Am Beruf des Schwerlastfahrers reizt mich immer noch, dass ich jeden Tag Neues lerne, neue Aufgaben meistern muss und flexibel reagieren muss. Die meist nächtlichen Arbeitszeiten und die körperlichen Anstrengungen beim Umbau der Anhänger und Auflieger fordern einen bis ans Limit. Trotzdem überwiegt der Stolz auf die geleistete Arbeit. Bei diesem Trafo-Transport durfte ich einen neuen Mercedes Actros Titan 4165 probefahren. Gerade durch den Test im Einsatz konnte ich die aktuelle Fahrzeugtechnik der beiden großen Hersteller gut vergleichen. Der Actros Titan 4165 mit Voith VIAB Turbokupplung lässt sich ruckfrei anfahren und sehr feinfühlig rangieren. Die Kraft bringt der Vierachser mit Stern gut auf die Straße. Komfort und Platzangebot machen den harten Arbeitsalltag angenehmer.

Manfred Geier fährt MAN TGX 41.680 8x6

1990 begann ich als Fahrer für Schwertransporte bei Schütz/Hagen, wo man viel Wert auf präzises Arbeiten legte. Grundlagen und Möglichkeiten der Technik erhielt ich in Lehrgängen bei Goldhofer, Scheuerle und Titan. Gefahren bin ich auf einem V12 Titan, mit dem ich in mehreren Fachbüchern zu sehen bin. Damals mussten die Fahrer vor Ort oft Verantwortung übernehmen und Lösungen finden. Heute wird dies durch umfangreiche Vorplanungen und Computersimulationen im voraus erledigt. Auch sind die zu fahrenden Strecken durch den kombinierten Transport auf dem Wasserweg viel kürzer. Später kam ich zu Felbermayr, wo die Schwerlast-SK 3850 (Basis dreiachsiger Export-Mercedes SK 2636 V10) eingesetzt wurden. Rückblickend ist der MAN 41.602/603 mein Lieblingstruck, da hier noch ohne Computer gefahren werden musste. Bei den neuen Zugmaschinen begrenzt die Elektronik die Möglichkeiten der Technik. Mein aktueller MAN TGX 41.680 8x6 ist ein wunderbares Auto, aber der V10 hatte mehr Kraft. Mittlerweile sind Wirtschaftlichkeit, simple Handhabung und auch Optik mehr in den Vordergrund gerückt. Beim Trafotransport nach Vianden waren die Fly-Over-Überfahrt und die Einfahrt in den Stollen herausfordernd. Hier werden keine Fehler verziehen.

HINTERGRUND: P. ADAMS

Gegründet: 1988
Standorte: Belgien, Lux., Dresden
Mitarbeiter aktuell: 30
Fuhrpark: 15 Zugm., 20 Auflieger 3-6 Achsen, 100 Modulachsen
Spezialitäten: Schwertransporte aller Art bis 1000 t (Windkraft, Baumaschinen, Industrie, Energie), Trafomontagen
Referenzen: Kraftwerk Irsching, Transport der weltgrößten Gasturbine (500 t); Windpark Estinnes: Transport von 11 Enercon E-126-Anlagen (insgesamt ca. 900 Schwertransporte); Kesselbauer Coek: Regelmäßige Transporte von Reaktoren und Autoklaven bis 750 t Gewicht

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