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MAN TGX 18.560: Rasantes Sparschwein

25.09.2014 08:00 Uhr
MAN TGX 18.560: Rasantes Sparschwein
Mit Ausnahme der weichen, aber komfortablen Kabinenlagerung ist der MAN top abgestimmt
© Foto: Karel Sefrna

Mit dem neuen D38-Sechszylinder im TGX baut MAN ein neues Flaggschiff. Im TRUCKER-Test legte der Münchener eine flotte Sohle aufs Parkett.

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MAN ist zurück! Zurück im Reigen der Power-Trucks. Der kürzlich in Spanien vorgestellte neue D38-Sechszylinder leistet in den Schwerlastzugmaschinen, die zur IAA vorgestellt werden, 640 PS. Für den Fernverkehr muss man sich zunächst mit 560 Pferdestärken bescheiden ...

Und mit exakt so einer "bescheidenen" Motorisierung rollt die aktuelle Zugmaschine an, die uns MAN für den ersten echten Test in Europa zur Verfügung gestellt hat. Exakt handelt es sich um einen TGX 18.560 XXL - aktuell das Flaggschiff und damit die teuerste 4x2-Sattelzugmaschine, die in München vom Band roll.

TGX 18.560 XXL - EIN AUTO FÜR KUNDEN, BEI DENEN GELD KAUM EINE ROLLE SPIELT

Wir finden, der in leuchtendem Rot lackierte Löwe sieht gut aus. Dabei ist er für ein Testauto gar nicht optimal konfiguriert, was der Optik zugute kommt: schöne breite Alus, 385er Schlappen auf der Vorderachse - wenigstens Efficient Line-Ausstattung. Genau so würde sich jemand seinen MAN bestellen, wenn Geld nicht im Vordergrund steht und wenn schwere Kühlauflieger nach Spanien oder Baumaschinen über den Brenner sollen.

Neben der Optik hat MAN auch einiges in technischer Hinsicht gemacht, um den inzwischen, nennen wir ihn mal "ausgereiften", TGX konkurrenzfähig zu halten. Neben dem neuen Motor bringen die Münchener jetzt ihren "Efficient Cruise" genannten GPS-Tempomaten. Getreu der inoffiziellen Devise des Mutterunternehmens VW "Wenn wir schon nicht als Erste kommen, müssen wir wenigstens die Besten sein" hat der durchaus Qualität. Statt den Fahrer mit Plus-Minus-Toleranzen zu überfordern, wie Mercedes es macht, oder es bei zwei Funktionen zu belassen - sparsam und langsam oder noch sparsamer und Schneckentempo - wie bei Scania, gibt MAN vier Levels vor, die der Fahrer gezielt auswählen kann.

Das funktioniert prima und reicht von einer kleinen Minustoleranz für dichten Verkehr, die immer noch spart, bis zu Level 4 mit höchstem Sparpotenzial. Dafür haben wir uns beim Test entschieden. Konkret heißt das: Bei auf 85 km/h gesetztem Marschtempo lässt der Efficient Cruise das Tempo vor Kuppen auf bis zu 76 km/h fallen. Zugegeben ist das für den potenziellen Hintermann nicht immer ein Vergnügen, weil kaum einer damit rechnet, dass ein LKW vor einer Kuppe Gas wegnimmt. Wobei der MAN das immer noch viel besser macht, weil abgestuft. Scania und Mercedes nehmen das Gas dagegen plötzlich raus, was noch weniger spaßig ist.

Für einen guten Verbrauch ist's allerdings bombig. Und bergab bedient sich MAN eines Tricks, um nicht zu viel Tempo zu verlieren: Rund 40 Sekunden vor der Senke wird Tempo 90 im Gefälle überrollt, indem das System die Zusatzbremsen deaktiviert. Dann läuft der Zug auf 94 km/h hoch. Das bringt Speed, ohne dass der Fahrer sich einen Tempoverstoß einfängt. Ganz legal ist's allerdings nicht. Denn wenn ein Kontrollbeamter das genaue Geschwindigkeitsprofil ausliest, könnte es Ärger geben ...

SPEED SHIFT GIBT ES JETZT, ECO ROLL IST FÜR DEN FERNVERKEHR NICHT LIEFERBAR

Getriebetechnisch hat MAN ebenfalls nachgerüstet. Ab sofort gibt's auch für die automatisierten TGX (und TGS) Speed Shift, ein schnellerer Gangwechsel in den Stufen 10, 11 und 12. Das funktioniert hervorragend, ersetzt ein wenig eine verschleißträchtige Doppelkupplung und zahlt sich vor allem durch sehr schnelle Schaltungen und kurze Zugkraftunterbrechungen am Berg aus.

Auf Eco Roll verzichtet man bis dato - diese Funktion gibt es nur für die zur IAA vorgestellten Baufahrzeuge. Noch ein kleiner Tipp nach München: Wenn ihr Eco Roll für die Fernverkehrsfahrzeuge einführt, orientiert euch bitte nicht an DAF und Iveco, wo ebenfalls ZF-Getriebe zum Einsatz kommen. Bei beiden Herstellern sind die Rollphasen in Neutral viel zu kurz, als dass man die kinetische Energie des LKW tatsächlich optimal nutzen könnte. Das Thema haben Mercedes und Scania besser drauf.

Dass man auch ohne Eco Roll sparsam unterwegs sein kann - auf bestimmten Streckenabschnitten vielleicht sogar sparsamer als mit - stellt der MAN unter Beweis. Schon wegen der breiten Reifen auf der Vorderachse und der für unsere Strecke nicht optimalen 2,71er-Hinterachse (die 2,53er wäre durch das nochmals verringerte Drehzahlniveau deutlich sparsamer) hätten wir keine Verbrauchsrekorde erwartet.

Umso erstaunlicher fällt das Ergebnis aus, bei dem der 560er-TGX mit einem Mittel von 25,7 l/100 km den in Heft 7/2013 getesteten Scania R 520 Streamline in Euro 6 um rund 1,5 Liter unterbietet - ohne langsamer zu sein! Mit Ausnahme der Landstraßenetappe, auf der der Scania wegen eines Computerfehlers 65 statt 60 km/h fuhr, ist der MAN auf vier von fünf Teiletappen schneller. Sollte man ja bei 40-Mehr-PS auch erwarten können.

Ein Teil dieses Mehrtempos geht auf das Konto der besseren GPS-Tempomatsteuerung im Münchener. Der bessere Verbrauch liegt wohl am moderneren Motorenkonzept und der generell geringeren inneren Verluste im Sechszylinder. Faszinierend ist die Fähigkeit des neuen D38, auch bei absolut niedrigen Drehzahlen zu ziehen wie ein Bulle. Selbst auf der Landstraße, wo bei 60 km/h knapp 800 Touren anliegen, läuft er mit Kraftreserven, äußert geschmeidig und ohne jegliche Vibrationen. Das hat er dem kleineren D26 auf jeden Fall schon mal voraus.

Ein Blick auf die Papierwerte belegt dann auch das enorme Drehmoment. Mit 178 Millimeter Hub bei 138 Millimeter Bohrung ist das moderne Aggregat klar mehr auf Moment als auf Drehzahl ausgelegt. Wobei der Sechszylinder locker bis 2000/min tourt, wenn's der Fahrer abverlangt. Nötig ist das allerdings nie. Mehr als 1400 Touren sind pure Verschwendung.

Die Anfahrregelung, wie auch die generelle Kupplungsarbeit, hat MAN in Zusammenarbeit mit dem Komponentenlieferanten ZF jetzt überarbeitet und gut im Griff. Die Schaltgeschwindigkeit passt und Schwächen von früher, wie das Öffnen der Kupplung im Kreisverkehr oder Schaltwechsel im ungünstigsten Moment beim Abbiegen, zeigt das System im aktuellen TGX nicht mehr.

BEI FAHRWERK UND LENKUNG SETZT DER TGX NOCH IMMER MASSSTÄBE

Fahrwerk und Lenkung haben keine Überarbeitung erfahren, das war aber auch nicht nötig. Der neue Motor ist um einiges schwerer als der D26 und lastet entsprechend schwer auf der Vorderachse. Wohl ein Grund, warum der Testwagen mit Dreiblatt-Parabelfeder ausgerüstet ist. Die spricht allerdings schön an, federt geschmeidig und bietet jede Menge Komfort. Grundsätzlich zeigt der große MAN keine so "kopflastige" Auslegung wie etwa ein V8-Scania oder ein Mercedes mit dem starken OM-473-Motor. Willig lenkt er in Kurven und umrundet Kreisverkehre durchaus behände.

Ein - wenn man es überhaupt so nennen kann - Problem ist die weiche Kabinenlagerung der XXL-Hütte. Die neigt sich in Kurven gewaltig, hält sich aber zumindest beim Bremsen mit dem Nicken halbwegs zurück. Legt man zugrunde, dass der TGX mehr ein Autobahn- als ein Landstraßenauto ist, wird den meisten Fahrern der Komfort wohl wichtiger sein als eine sportlich straffe Abstimmung.

Die Hinterachse mit ihrem typischen X-Lenker spurt ebenfalls sauber und federt ungeachtet des Beladungszustands gut. Allerdings folgt auch MAN dem nicht unumstrittenen Trend, an der Hinterhand mehr in Richtung hart als in Richtung Komfort zu gehen. Die Lenkung gefällt durch Direktheit. Zu Missstimmung führen höchstens die unergonomisch platzierten Knöpfe des Multifunktionslenkrads.

TROTZ 14 JAHREN BAUZEIT IST DER "TG" NACH WIE VOR AUF DER HÖHE DER ZEIT

Motor, Getriebe und Fahrwerk sind auf jeden Fall schon mal zeitgemäß. Da muss sich der TGX nicht hinter teils jüngeren Mitbewerbern verstecken - er hat fallweise sogar die Nase vorne. Vor allem, was den tollen neuen Motor betrifft.

Auch weitere wichtige Qualitäten wie Geräuschemissionen, Klimatisierung, Sitzkomfort oder Betten sind selbst nach über zehn Jahren "TG"-Baureihe auf der Höhe der Zeit. Vom Bedienkonzept und der Organisation der Stauräume kann man das nicht unbedingt sagen. Und dennoch schafft der Münchener am Ende ein Top-Ergebnis. Letztlich ist er doch ausgereift und nicht angejahrt.

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