-- Anzeige --

Interview: Google-Sammelwut auf Android-Handys – Was tun?

11.08.2025 13:32 Uhr | Lesezeit: 4 min
Guido Belger, Leiter der Rechtabteilung das Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL)
Guido Belger, Leiter der Rechtabteilung das Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) spricht im Interview über die Kooperation des Verbandes mit Privacy ReClaim. Das Unternehmen strebt eine Datenschutzklage gegen Google an und bietet Nutzern von Android-Handys eine pauschale Entschädigung, wenn diese ihre Ansprüche abtreten
© Foto: BGL

Für 40 Euro kauft Privacy ReClaim Schadensersatzansprüche wegen möglicher Datenschutzverstöße auf Android-Handys durch Google. Das Unternehmen strebt eine Klage an. Warum das Ganze? Selbst klagen, Ansprüche abtreten? Guido Belger, Leiter der Rechtabteilung des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), zu den Hintergründen.

-- Anzeige --

Dass Google Daten von unseren Android-Smartphones abgreift, ist an sich nichts neues oder überraschend. Privacy ReClaim, ein Kooperationspartner von Ihnen, hat ein internes Expertengutachten dazu erstellen lassen. Welche Erkenntnisse konnte das Unternehmen denn dabei gewinnen, also gab es da überraschendes?

Die Experten haben geprüft, welche Daten Android-Handys jeden Tag an Google-Server übermitteln und in welchem Umfang das passiert. Dabei haben sie festgestellt, dass Google sehr viele Daten dabei sammelt – also nach Ansicht unseres Kooperationspartners mehr als die Datenschutzbestimmungen umfassen, in die Sie einwilligen. Das ist der eine Punkt. Der andere: Für eine wirksame Einwilligung dürften die Schaltflächen nicht vorausgewählt sein. Das sagt zum Beispiel der Europäische Gerichtshof, der EuGH. Das ist aber beim Einrichten eines Android-Handys bei zahlreichen Datenschutzeinstellungen der Fall.

Nochmal kurz zurück: Google sammelt also zu viele Daten, wenn ich die Apps nutze….

Je nach Ihren Datenschutzeinstellungen auf dem Handy kann Google nachvollziehen, welche Apps sie nutzen oder ihre Standortdaten.  Ein Großteil dieser Daten ist dabei über das Handy, unter anderem der Identifikationsnummer Ihres Handys, die sogenannte IMEI, mit Ihnen verknüpft. Denken Sie etwa an Dating-Apps, Mobilitäts-Apps oder Gesundheits-Apps. Das ermöglicht Rückschlüsse auf ihre persönlichen Daten, ihre Vorlieben. Ganz unabhängig von Ihren Datenschutzeinstellungen kann Google zudem nachvollziehen, welche Apps Sie sich im Playstore angeschaut oder heruntergeladen haben.

Aber weist Google nicht in seinen Datenschutzbestimmungen darauf hin, dass es Daten sammelt?

Nach Auffassung unseres Kooperationspartners geschieht dies nicht ausreichend und transparent genug. Bei berechtigtem Interesse dürfen Unternehmen Daten in begrenztem Umfang sammeln, etwa um Apps weiterzuentwickeln. Aber eine derart umfassende Datensammlung sehen unsere Partner nicht von diesem berechtigten Interesse gedeckt.

Warum hat Privacy ReClaim das Gutachten in Auftrag gegeben?

Damit will es eine Schadensersatzklage gegen den Konzern vorbereiten. Laut Artikel 82 der Datenschutzgrundverordnung können Sie als Privatperson bei Datenschutzverstößen einen immateriellen oder materiellen Schaden geltend machen. Für einen immateriellen Schaden kann es ausreichen, wenn Sie einen Kontrollverlust über ihre eigenen Daten erleiden, oder wenn Sie Angst vor einem Missbrauch haben – so der EuGH 2023.

Ganz uneigennützig ist das sicher nicht, schließlich ist das Unternehmen, das dahintersteht, die CAG aus Baiersbronn, ein Rechtsdienstleister und nicht zum Beispiel eine Organisation wie die Verbraucherzentrale…

Natürlich steckt ein Geschäftsmodell dahinter: Um Schadensersatz geltend zu machen, benötigen Sie Ansprüche, die Android-Nutzern möglicherweise zustehen. Privacy ReClaim kauft diese Ansprüche – und das schon über einen längeren Zeitraum, bevor der BGL im Mai 2025 Kooperationspartner wurde.


"Der Dienstleister bietet über die Anmeldemaske aber auch die Möglichkeit, Sie mit einem entsprechenden Anwalt in Verbindung zu bringen, wenn Sie lieber selbst eine Klage anstreben."

Guido Belger, BGL


Das Unternehmen bietet Ihnen als Privatperson 40 Euro als pauschale Sofortentschädigung und kauft Ihnen damit Ihre möglichen Ansprüche auf Schadensersatz ab. Es will dann mit den gesammelten Ansprüchen vor Gericht gehen. Das Unternehmen möchte sich damit auch für den Datenschutz einsetzen. Letztinstanzlich entscheidet das Gericht, ob ein Datenschutzverstoß vorlag oder nicht. Meistens ist es so, dass man sich auf dem Vergleichsweg trifft, allerdings oft erst, wenn schon eine Klage eingereicht ist.

Nehmen Sie das Angebot an, müssen sich danach um nichts mehr kümmern, können aber auch nicht nachträglich noch eine eigene Klage anstreben. Sie tragen allerdings auch nicht das Risiko, dass die Klage abgewiesen wird und Sie leer ausgehen.

Alternativ bietet Ihnen der Dienstleister über die Anmeldemaske aber auch die Möglichkeit, Sie mit einem entsprechenden Anwalt in Verbindung zu bringen, wenn Sie lieber selbst eine Klage anstreben.

Was sollte man bei der zweiten Möglichkeit bedenken?

Sie sollten am besten eine Rechtsschutzversicherung haben, sonst müssen Sie, falls Sie das Verfahren verlieren, die Gerichts- und Anwaltskosten selbst tragen. Sie sollten schauen, ob das Thema über Ihre Rechtsschutzversicherung abgedeckt ist, wie hoch dort der Selbstbehalt ist. Dann müssten Sie Kosten und Nutzen gegeneinander abwägen. Und so ein gerichtlicher Prozess, der ist nicht gleich morgen entschieden, das dauert seine Zeit.


"Der Anmeldeprozess dauert gut 15 bis 20 Minuten. Dann bekommen Sie noch ein Dokument geschickt, dass Sie gegenzeichnen müssen."

Guido Belger, BGL


Wenn eine Privatperson, ein Lkw-Fahrer überlegt, diese 40 Euro mitzunehmen und seine Ansprüche aufzugeben. Was müsste er tun, wie hoch ist der Aufwand?

Der BGL bietet Zugang über einen Link sowie via QR-Code. (Anmerkung der Redaktion: Link und QR-Code, auch zu einem Erklärvideo des BGL, stehen am Ende des Interviews). Sie müssen den Anmeldeprozess durchführen. Dafür brauchen Sie unter anderem Ihre Mail-Adresse und die IMEI-Nummer Ihres Handys. Diese finden Sie in den Einstellungen Ihres Handys oder auf der Rückseite des Geräts.

Über eine separate App, die Nect-App, wird Ihr Personalausweis abfotografiert. Das dient dem Nachweis vor Gericht, der Identifikation, dass Sie auch wirklich die Person sind, der die möglichen Ansprüche zustehen.

Dieser Anmeldeprozess dauert gut 15 bis 20 Minuten. Dann bekommen Sie noch ein Dokument geschickt, dass Sie gegenzeichnen müssen. Und nach unseren Erfahrungen ist dann zwei Tage später das Geld auf das von Ihnen angegebene Konto überwiesen.

Was passiert mit den Daten, die der Nutzer übermittelt?

Privacy ReClaim arbeitet nach höchsten Datenschutzstandards. Die App zu Identifikationszwecken ist zum Beispiel die Nect App. Die nutzen Sie beispielsweise auch, wenn Sie sich zum Einreichen Ihrer Einkommenssteuerunterlagen bei Elster registrieren.

Nehmen wir mal an, die Klage gegen Google kommt zustande. Kann man da gegebenenfalls Ärger kriegen von Google? Also könnte sich das nachteilig auswirken?

Nein, davon ist nicht auszugehen.

Warum sind Sie denn zu diesem Thema eine Kooperation eingegangen?

Wir haben in unserer Branche einen Fachkräftemangel. Die dem BGL angeschlossenen Mitgliedsunternehmen sind weit überwiegend Familienbetriebe, bei denen der Kontakt zu den Mitarbeitern traditionell besonders eng ist. Wir tragen dem Rechnung und bieten mit diesem Projekt unseren angeschlossenen Mitgliedsunternehmen für ihre Mitarbeiter einen Mehrwert an. Die Unternehmen können ihren Mitarbeitern hier ein nach unserer Meinung niedrigschwelliges Angebot vermitteln, zusätzliche 40 Euro zu bekommen. Außerdem unterstützt der BGL das Projekt von Privay ReClaim zum Schutz der Privatsphäre im Zeichen des Datenschutzes.

Wie lange läuft die Aktion noch?

Eine Anmeldung ist planmäßig noch bis Ende des Jahres möglich


Abtretung der Ansprüche bei möglichen Datenschutzverstößen von Google auf Android-Handys, wie funktioniert es?

Über folgenden Link bietet der BGL Zugang zur Teilnahmemaske des Kooperationspartners Privacy Reclaim:

https://form.privacyreclaim.com/?ref=bgl.

Außerdem bietet er über QR-Codes Zugang zur Anmeldung und einen Erklärfilm zum Verfahren (untenstehend). 



QR-Code zum Erklärvideo des BGL zur Datenschutzklage von Privacy ReClaim gegen Google wegen Datensammeln von Android-Handys
QR-Code zum Erkärfilm
© Foto: BGL
QR-Code des BGL Zum Anmelden für 40 Euro Entschädigung/Abtretung der Ansprüche an Privacy RecCaim für deren Datenschutzklage gegen Google wegen Datensammeln von Android-Handys
QR Code zur Anmeldung bei Privacy ReClaim
© Foto: BGL

Weitere Hintergrundinfos

Was sprechen die Gerichte Personen bei unbefugter Datenverarbeitung an Schadenersatz zu?

Das ist sehr unterschiedlich und kann 0 Euro im Fall einer Klageabweisung sein oder im Erfolgsfall zum Beispiel im dreistelligen oder vierstelligen Bereich liegen. Ein Autorenduo beim Rechtsportal Beck hat in einem Beitrag Klagen zu immateriellem Schadenersatz zwischen 2018 und 2023 untersucht. Demnach wurden 75 Prozent der Klagen abgewiesen. Die Summen, die die Gerichte den Geschädigten zusprachen, lagen demnach durchschnittlich bei 3.300 Euro, es gab aber auch nur 25 Euro.

Die Autoren verweisen zudem noch auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte nach einer Datenpanne bei Facebook mindestens 100 Euro als angemessene Summe angesehen. Die Autoren gehen davon aus, dass die Höhe der Schadenersatzsumme von der Schwere des Datenschutzverstoßes und den Beeinträchtigungen abhängig ist – hohe Summen seien wohl nur in Einzelfällen möglich.

Stiftung Warentest hat sich zudem in einem Beitrag auf ihrem Portal einmal Klagen der BK Baumeister & Kollegen Verbraucherkanzlei gegen Datenschutzverstöße von Meta angeschaut. In rund 500 Fällen konnten in Ausnahmefällen bis zu 10.000 Euro Schadenersatz erstritten werden. 1000 Klagen sind in erster Instanz gescheitert, aber zum Teil derzeit in Berufungsverfahren.

Rechtschutzversicherung übernimmt Kosten im Falle einer eigenen Klage

Eine Sammelklage eines Verbraucherschutzverbands gibt es für den Meta-Fall laut Stiftung Warentest bisher nicht. Ohne Rechtschutzversicherung biete es sich hier an, abzuwarten, ob Verbraucherschützer eine Sammelklage anstreben. Denn sonst müsse man zumindest einen Teil der Anwalts- und Prozess-Kosten zahlen, wenn man die geforderte Summe nicht oder nur zum Teil zugesprochen bekommt. Die Kosten seien abhängig von der geforderten Summe an Schadenersatz.

Eine Rechtschutzversicherung übernehme dagegen die Kosten. Der Versicherer könne den Vertrag im Anschluss aber möglicherweise kündigen. Dann fehle der Schutz für womöglich wichtigere Schadenersatz-Fälle.



-- Anzeige --
HASHTAG

#Datenschutz

-- Anzeige --
WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


TRUCKER – Das Magazin für Lkw-Fahrer im Nah- und Fernverkehr: Der TRUCKER ist eine der führenden Zeitschriften für Lkw-Fahrer und Truck-Fans im deutschsprachigen Raum. Die umfangreichen TRUCKER Testberichte zu LKWs und Nutzfahrzeugen gehören zu den Schwerpunkten der Zeitschrift und gelten als Referenz in der Branche. Der TRUCKER berichtet monatlich über die Themen Test und Technik, Show-Truck, Arbeitsrecht, Service, Unterhaltung.