Dass Google Daten von unseren Android-Smartphones abgreift, ist an sich nichts neues oder überraschend. Privacy ReClaim, ein Kooperationspartner von Ihnen, hat ein internes Expertengutachten dazu erstellen lassen. Welche Erkenntnisse konnte das Unternehmen denn dabei gewinnen, also gab es da überraschendes?
Die Experten haben geprüft, welche Daten Android-Handys jeden Tag an Google-Server übermitteln und in welchem Umfang das passiert. Dabei haben sie festgestellt, dass Google sehr viele Daten dabei sammelt – also nach Ansicht unseres Kooperationspartners mehr als die Datenschutzbestimmungen umfassen, in die Sie einwilligen. Das ist der eine Punkt. Der andere: Für eine wirksame Einwilligung dürften die Schaltflächen nicht vorausgewählt sein. Das sagt zum Beispiel der Europäische Gerichtshof, der EuGH. Das ist aber beim Einrichten eines Android-Handys bei zahlreichen Datenschutzeinstellungen der Fall.
Nochmal kurz zurück: Google sammelt also zu viele Daten, wenn ich die Apps nutze….
Je nach Ihren Datenschutzeinstellungen auf dem Handy kann Google nachvollziehen, welche Apps sie nutzen oder ihre Standortdaten. Ein Großteil dieser Daten ist dabei über das Handy, unter anderem der Identifikationsnummer Ihres Handys, die sogenannte IMEI, mit Ihnen verknüpft. Denken Sie etwa an Dating-Apps, Mobilitäts-Apps oder Gesundheits-Apps. Das ermöglicht Rückschlüsse auf ihre persönlichen Daten, ihre Vorlieben. Ganz unabhängig von Ihren Datenschutzeinstellungen kann Google zudem nachvollziehen, welche Apps Sie sich im Playstore angeschaut oder heruntergeladen haben.
Aber weist Google nicht in seinen Datenschutzbestimmungen darauf hin, dass es Daten sammelt?
Nach Auffassung unseres Kooperationspartners geschieht dies nicht ausreichend und transparent genug. Bei berechtigtem Interesse dürfen Unternehmen Daten in begrenztem Umfang sammeln, etwa um Apps weiterzuentwickeln. Aber eine derart umfassende Datensammlung sehen unsere Partner nicht von diesem berechtigten Interesse gedeckt.
Warum hat Privacy ReClaim das Gutachten in Auftrag gegeben?
Damit will es eine Schadensersatzklage gegen den Konzern vorbereiten. Laut Artikel 82 der Datenschutzgrundverordnung können Sie als Privatperson bei Datenschutzverstößen einen immateriellen oder materiellen Schaden geltend machen. Für einen immateriellen Schaden kann es ausreichen, wenn Sie einen Kontrollverlust über ihre eigenen Daten erleiden, oder wenn Sie Angst vor einem Missbrauch haben – so der EuGH 2023.
Ganz uneigennützig ist das sicher nicht, schließlich ist das Unternehmen, das dahintersteht, die CAG aus Baiersbronn, ein Rechtsdienstleister und nicht zum Beispiel eine Organisation wie die Verbraucherzentrale…
Natürlich steckt ein Geschäftsmodell dahinter: Um Schadensersatz geltend zu machen, benötigen Sie Ansprüche, die Android-Nutzern möglicherweise zustehen. Privacy ReClaim kauft diese Ansprüche – und das schon über einen längeren Zeitraum, bevor der BGL im Mai 2025 Kooperationspartner wurde.
"Der Dienstleister bietet über die Anmeldemaske aber auch die Möglichkeit, Sie mit einem entsprechenden Anwalt in Verbindung zu bringen, wenn Sie lieber selbst eine Klage anstreben."
Guido Belger, BGL
Das Unternehmen bietet Ihnen als Privatperson 40 Euro als pauschale Sofortentschädigung und kauft Ihnen damit Ihre möglichen Ansprüche auf Schadensersatz ab. Es will dann mit den gesammelten Ansprüchen vor Gericht gehen. Das Unternehmen möchte sich damit auch für den Datenschutz einsetzen. Letztinstanzlich entscheidet das Gericht, ob ein Datenschutzverstoß vorlag oder nicht. Meistens ist es so, dass man sich auf dem Vergleichsweg trifft, allerdings oft erst, wenn schon eine Klage eingereicht ist.
Nehmen Sie das Angebot an, müssen sich danach um nichts mehr kümmern, können aber auch nicht nachträglich noch eine eigene Klage anstreben. Sie tragen allerdings auch nicht das Risiko, dass die Klage abgewiesen wird und Sie leer ausgehen.
Alternativ bietet Ihnen der Dienstleister über die Anmeldemaske aber auch die Möglichkeit, Sie mit einem entsprechenden Anwalt in Verbindung zu bringen, wenn Sie lieber selbst eine Klage anstreben.
Was sollte man bei der zweiten Möglichkeit bedenken?
Sie sollten am besten eine Rechtsschutzversicherung haben, sonst müssen Sie, falls Sie das Verfahren verlieren, die Gerichts- und Anwaltskosten selbst tragen. Sie sollten schauen, ob das Thema über Ihre Rechtsschutzversicherung abgedeckt ist, wie hoch dort der Selbstbehalt ist. Dann müssten Sie Kosten und Nutzen gegeneinander abwägen. Und so ein gerichtlicher Prozess, der ist nicht gleich morgen entschieden, das dauert seine Zeit.
"Der Anmeldeprozess dauert gut 15 bis 20 Minuten. Dann bekommen Sie noch ein Dokument geschickt, dass Sie gegenzeichnen müssen."
Guido Belger, BGL
Wenn eine Privatperson, ein Lkw-Fahrer überlegt, diese 40 Euro mitzunehmen und seine Ansprüche aufzugeben. Was müsste er tun, wie hoch ist der Aufwand?
Der BGL bietet Zugang über einen Link sowie via QR-Code. (Anmerkung der Redaktion: Link und QR-Code, auch zu einem Erklärvideo des BGL, stehen am Ende des Interviews). Sie müssen den Anmeldeprozess durchführen. Dafür brauchen Sie unter anderem Ihre Mail-Adresse und die IMEI-Nummer Ihres Handys. Diese finden Sie in den Einstellungen Ihres Handys oder auf der Rückseite des Geräts.
Über eine separate App, die Nect-App, wird Ihr Personalausweis abfotografiert. Das dient dem Nachweis vor Gericht, der Identifikation, dass Sie auch wirklich die Person sind, der die möglichen Ansprüche zustehen.
Dieser Anmeldeprozess dauert gut 15 bis 20 Minuten. Dann bekommen Sie noch ein Dokument geschickt, dass Sie gegenzeichnen müssen. Und nach unseren Erfahrungen ist dann zwei Tage später das Geld auf das von Ihnen angegebene Konto überwiesen.
Was passiert mit den Daten, die der Nutzer übermittelt?
Privacy ReClaim arbeitet nach höchsten Datenschutzstandards. Die App zu Identifikationszwecken ist zum Beispiel die Nect App. Die nutzen Sie beispielsweise auch, wenn Sie sich zum Einreichen Ihrer Einkommenssteuerunterlagen bei Elster registrieren.
Nehmen wir mal an, die Klage gegen Google kommt zustande. Kann man da gegebenenfalls Ärger kriegen von Google? Also könnte sich das nachteilig auswirken?
Nein, davon ist nicht auszugehen.
Warum sind Sie denn zu diesem Thema eine Kooperation eingegangen?
Wir haben in unserer Branche einen Fachkräftemangel. Die dem BGL angeschlossenen Mitgliedsunternehmen sind weit überwiegend Familienbetriebe, bei denen der Kontakt zu den Mitarbeitern traditionell besonders eng ist. Wir tragen dem Rechnung und bieten mit diesem Projekt unseren angeschlossenen Mitgliedsunternehmen für ihre Mitarbeiter einen Mehrwert an. Die Unternehmen können ihren Mitarbeitern hier ein nach unserer Meinung niedrigschwelliges Angebot vermitteln, zusätzliche 40 Euro zu bekommen. Außerdem unterstützt der BGL das Projekt von Privay ReClaim zum Schutz der Privatsphäre im Zeichen des Datenschutzes.
Wie lange läuft die Aktion noch?
Eine Anmeldung ist planmäßig noch bis Ende des Jahres möglich