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Reportage: Die Reise der Super Connie

15.06.2020 15:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Reportage: Die Reise der Super Connie
© Foto: Dario Fontana, Marco Moriggl, Tobias Reize

Es war ein Sondertransport der Extraklasse: Der Rumpf eines seltenen, sehr wertvollen Oldtimer-Verkehrsflugzeugs vom Typ Lockheed Super Constellation wurde vom Airport Zürich nach Südbaden verfrachtet.

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Die Anspannung ist den Beteiligten in der dunklen Novembernacht am Schweizer Flughafen Zürich anzumerken. Denn dieser Transport ist etwas ganz Besonderes. Es gibt weltweit nur noch zwei flugfähige Oldtimer des Propeller-Verkehrsflugzeugs Lockheed Super Constellation aus den 1950er-Jahren. Die Viermotorige gilt als eines der schönsten Flugzeuge der Welt. Und eine dieser zwei Maschinen wird nun nach monatelanger Vorplanung vom Flughafen Zürich an den Flugplatz Eschbach-Bremgarten bei Freiburg in Baden-Württemberg transportiert. Dort soll das seltene Flugzeug mit Baujahr 1955 – Flugfans nennen sie Super Connie – repariert und wieder flugfähig gemacht werden.

Das Heikle an der Mission: Verzieht sich der mehr als 30 Meter lange Rumpf auf dieser Fahrt auch nur um wenige Zentimeter, hat die Maschine nur noch Schrottwert. Das Gleiche gilt auch, wenn der Rumpf unter einer Brücke eine Beschädigung seiner empfindlichen Struktur davontragen würde. Dementsprechend vorsichtig gehen alle Beteiligten mit der wertvollen und einzigartigen Fracht um.

Zahlreiche Helfer sind notwendig, um die teure Fracht zu sichern
© Foto: Dario Fontana, Marco Moriggl, Tobias Reize

Millimeterarbeit: Eine eigene Unterkonstruktion muss her

Ein Mitarbeiter steht deshalb auch auf einer Leiter hinter dem Fahrerhaus des Schwertransporters, um immer genau beobachten zu können, ob die verbleibende Höhe unter den zahlreichen Brücken auch tatsächlich ausreichend ist. Der 42 Meter lange und 5,4 Meter breite Schwertransport mit etwa 15 Tonnen Gewicht und einem zusätzlichen Überhang von rund acht Metern verlässt das Flughafengelände Zürich am 27. November gegen 22 Uhr im Schritttempo. Gleich mehrere Firmen und deren leitende Mitarbeiter sind daran beteiligt. So ist Maik Stange von Stange Transport aus Hamburg als Transporteur mit dabei, von der Firma Heavy Transport Service GmbH als Transportverantwortlicher nimmt Daniel Hirt teil.

Das Schweizer Unternehmen MAMO Verkehrsdienst GmbH und seine Mitarbeiter unter Leitung von Marco Moriggl sind verantwortlich für Wegfreiheit, Sicherheit und Transportbegleitung. Schweizer Polizeifahrzeuge eskortieren den Transport oder sperren Kreuzungen im Großraum Zürich für den Konvoi. Allerdings findet der Transport später statt als ursprünglich geplant. Denn das schweizerische Bundesamt für Zivilluftfahrt hat einige Auflagen für die Beförderung des Flugzeugrumpfs auf der Straße erlassen. So muss eigens eine spezielle Unterkonstruktion aus Metall für den gut 30 Meter langen Rumpf gebaut werden, damit er sich während der Fahrt auf dem Tieflader nicht verziehen kann.

Prekäre Stelle: Millimeterarbeit unter der Brücke
© Foto: Dario Fontana, Marco Moriggl, Tobias Reize

Das Flugzeug soll nach der Reparatur wieder abheben

Ein Verwinden des Rumpfs wäre absolut fatal und hätte einen wirtschaftlichen Totalschaden des Flugzeugs zur Folge, weil es dann nie mehr flugfähig restauriert werden könnte. Wäre es um ein reines Museumsflugzeug gegangen, hätte das womöglich noch toleriert werden können. Nicht aber bei einem historischen Passagierflugzeug, das nach der Reparatur wieder mit 35 Passagieren und einer mindestens vierköpfigen Besatzung in die Luft gehen soll – Details zur Maschine im Kasten unten. Die Fahrt des Spezialtransporters führt über mehrere Schweizer Autobahnabschnitte zunächst bis an die deutsche Grenze nach Rheinfelden, wo am 28. November die vorbereitete Zollabfertigung gegen 4 Uhr morgens stattfindet.

Dann geht es auf deutscher Seite weiter über die Autobahnen A 98 und ab Weil am Rhein die A 5 an den Flugplatz Eschbach-Bremgarten. Dort muss der Spezialtransport an der Autobahnausfahrt Hartheim aber mehrmals hin und her rangieren, um die enge Kurve nehmen zu können. Nach etwa acht Stunden Fahrtzeit trifft der Transport noch am frühen Morgen zur Erleichterung aller Beteiligten wohlbehalten am Flugplatz Eschbach ein. Auch der Verkäufer des Oldtimers, der Schweizer Verein Super Constellation Flyers Association (SCFA) und dessen Verantwortliche, sind erleichtert. Er hat mit den deutschen Käufern Stillschweigen über deren Identität vereinbart. Die rund 4000 Mitglieder der SCFA sowie Luftfahrtfans in der Schweiz und Deutschland mutmaßen deshalb, wer bereits im Juli 2019 die derzeit nicht flugtüchtige Viermotorige gekauft hat.

Eine zum Glück große Verkehrsinsel und mehrere Kreuzungen sind zu passieren
© Foto: Dario Fontana, Marco Moriggl, Tobias Reize

Ihr Erwerb ist mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden. Der Flugzeugklassiker stand seit 2017 wegen Korrosionsproblemen flugunfähig am Flughafen Zürich in einer Halle. Die Behebung der Schäden hätte eine mehrjährige Reparatur erfordert und womöglich bis zu 17 Millionen Euro gekostet. Das war zu viel für den Verein SCFA, der den Flugbetrieb der Super Constellation in den vergangenen 15 Jahren verantwortet hatte und Eigentümer der Maschine war. Der Verein befindet sich zurzeit in Liquidation, durch den Verkauf der Super Connie soll die Auflösung bis Mitte 2020 schuldenfrei gelingen. Vor zwei Jahren ging die Maschine zuletzt in die Luft: Korrosionsschäden an den Tragflächen und ein Fahrwerksbrand nach einem Bremsentest sorgten für massive Probleme.

Zumindest eine temporäre Rückkehr nach Südbaden ist mit dem Transport auf der Straße jetzt geglückt, denn das Flugzeug war einige Jahre lang über den Winter am nahe gelegenen baden-württembergischen Flughafen Lahr stationiert. Die Reparatur in Eschbach-Bremgarten dürfte allerdings eine komplexe Aufgabe werden. Etwa drei Jahre Dauer wurde von einer Fachfirma für die Beseitigung von Korrosionsschäden an den Tragflächen veranschlagt. Dann soll die Super Connie nicht mehr auf der Straße, sondern wieder auf dem Luftweg in ihrem eigentlichen Element unterwegs sein.


Dass sich der immense Transportaufwand lohnt, wird klar, wenn man die Historie des Flugzeugs betrachtet. Die Lockheed L-1049 Super Constellation, von Luftfahrtfans kurz Super Connie genannt, ist ein Superstar in der Luftfahrt. Sie hat eine schlanke Silhouette, ein hochbeiniges Fahrwerk und ein ganz besonderes Heck. Während bei anderen Propeller-Airlinern der 50er-Jahre ein wuchtiges Seitenleitwerk den Abschluss bildet, sind es bei der Super Connie drei filigran erscheinende Seitenruder, die sie unverwechselbar machen.

Mit etwa 480 Stundenkilometern Reisegeschwindigkeit und mehr als 6000 Kilometern Reichweite konnten bis zu 100 Passagiere einen für die 50er-Jahre nicht gekannten Reisekomfort genießen. Die Super Constellation hat zudem als eines der ersten Flugzeuge eine Druckkabine, um über dem Wettergeschehen zu fliegen. Außerdem flog die Maschine mit 37 Metern Spannweite regelmäßig über den Atlantik.

Angetrieben wird sie von vier jeweils 3250 PS starken Sternmotoren. Die 1950 zum Erstflug gestartete Super Connie entwickelte sich zum Erfolgsmodell: Mehr als 850 Exemplare der Super Connie, ihres kleineren Vorgängermodells Constellation und der größten Variante „Starliner” wurden während einer 15-jährigen Bauzeit ausgeliefert. Weltweit fliegt heute außer der Connie in Eschbach-Bremgarten nur noch eine weitere Maschine gleichen Typs in Australien. Diese darf aber keine Passagiere mitnehmen.



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